Prof. Dr. Gerrit Frotscher
8.1 Allgemeines
Rz. 188
§ 4h Abs. 5 EStG enthält eine umfassende Regelung zum Verfall des Zinsvortrags und des EBITDA-Vortrags. Nach dieser Regelung gehen der Zinsvortrag und der EBITDA-Vortrag bei der Aufgabe des Betriebs nach § 16 Abs. 3 EStG und bei der Übertragung des Betriebs unter. Nach dieser Regelung sind beide Vorträge an den Stpfl. (Betriebsinhaber) gebunden und nicht übertragbar. Außerdem enthält § 4h Abs. 5 S. 3 EStG eine Sonderregelung für die entsprechende Anwendung des § 8c KStG, wenn und soweit an der Mitunternehmerschaft eine Körperschaft als Mitunternehmer beteiligt ist. Für Kapitalgesellschaften, Genossenschaften und VVaG gilt § 4h Abs. 5 EStG nicht, da diese immer einen Betrieb unterhalten und eine Betriebsaufgabe oder Betriebsveräußerung bis zu einer Liquidation daher nicht möglich ist. Eine Teilbetriebsaufgabe oder -veräußerung, die auch bei diesen Körperschaften möglich ist, fällt nach der hier vertretenen Ansicht (Rz. 190) bis Vz 2023 nicht unter die Vorschrift. Ab Vz 2024 fällt jedoch auch bei Körperschaften die Aufgabe oder Übertragung eines Teilbetriebs unter die Vorschrift (Rz. 190a, 193a). Bei Liquidation endet die Körperschaft, sodass die Vorträge ohnehin verfallen. § 8a Abs. 1 S. 3 KStG bildet insoweit eine eigenständige und abschließende Regelung für Kapitalgesellschaften, Genossenschaften und VVaG.
§ 4h Abs. 5 EStG auch auf andere Körperschaften anwendbar, soweit sie einen Betrieb unterhalten.
Rz. 188a
Die Regelung des $ 4 Abs. 5 EStG ist jedoch insoweit nicht abschließend, als in anderen Vorschriften der Fall des Verfalls des Zins- und EBITDA-Vortrags gesetzlich geregelt ist. So gehen bei Umwandlungen die Zins- und EBITDA-Vorträge des übertragenden Rechtsträgers unter. Zu einem weiteren Untergang der Zins- und EBITDA-Vorträge kommt es bei ihrer Verrechnung mit einem Sanierungsgewinn. Nach § 3a Abs. 3 Nr. 13 EStG ist der zum Ende des Vorjahres und im Sanierungsjahr entstandene Zinsvortrag, danach der EBITDA-Vortrag mit einem noch verbliebenen Sanierungsertrag zu verrechnen. Da ein EBITDA-Vortrag nur für 5 Jahre besteht, muss eine zeitliche Reihenfolge für die Verrechnung mit dem Sanierungsertrag geregelt werden. Das Gesetz sieht eine Verrechnung in der zeitlichen Reihenfolge vor. Damit wird der ältere und damit zuerst verfallende EBITDA-Vortrag als Erstes verrechnet. Für den Zinsvortrag ist eine entsprechende Regelung nicht erforderlich, da der Zinsvortrag keiner zeitlichen Begrenzung unterliegt.
8.2 Verfall des Zins- und EBITDA-Vortrags bei einem Einzelunternehmen
Rz. 189
Für einen Einzelunternehmer sowie Körperschaften, die nicht unter § 1 Abs. 1 Nr. 1-3 KStG fallen, verfallen Zins- und EBITDA-Vorträge bei Aufgabe oder Übertragung des Betriebs. Unter "Betrieb" ist derselbe Betrieb zu verstehen wie in § 4h Abs. 1 EStG (Rz. 25). Dieser Betrieb muss übertragen oder aufgegeben werden.
Rz. 189a
Aufgabe des Betriebs bedeutet, dass die wesentlichen Betriebsgrundlagen aufgrund eines Entschlusses des Unternehmers in einem einheitlichen Vorgang innerhalb einer kurzen Zeit einzeln veräußert oder ins Privatvermögen unternimmt und der Betrieb als einheitlicher Organismus zu bestehen aufhört. Es kann die Definition aus § 16 Abs. 3 S. 1 EStG übernommen werden.
Rz. 189b
Übertragung des Betriebs bedeutet Übertragung des ganzen Betriebs, d. h. seiner wesentlichen Betriebsgrundlagen, in einem einheitlichen Vorgang. Der Erwerber wird durch die Übertragung in die Lage versetzt, den Betrieb fortzuführen, während der Übertragende die konkrete, durch den Betrieb ausgeübte wirtschaftliche Tätigkeit, aufgibt. Es ist ohne Bedeutung, ob die Übertragung unentgeltlich oder entgeltlich erfolgt. Das Gesetz verwendet nicht den Begriff der "Betriebsveräußerung", unter dem nur entgeltliche Vorgänge verstanden werden könnten, sondern den insoweit neutralen Begriff der "Betriebsübertragung". Zins- und EBITDA-Vortrag gehen daher auch bei einer unentgeltlichen vorweggenommenen Erbfolge unter. Fraglich ist, ob dies auch für den Übergang des Betriebs im Wege der Erbfolge gilt. § 4h Abs. 5 EStG enthält weder in S. 1 noch in S. 2 eine Beschränkung auf die rechtsgeschäftliche oder entgeltliche Übertragung. Eine solche Beschränkung ist m. E. auch nicht aus dem Begriff der "Übertragung" abzuleiten. Daher ist auch ein Übergang im Wege der Erbfolge schädlich.
Rz. 190
Die Übertragung nicht wesentlicher Betriebsgrundlagen ist keine Übertragung des Betriebs und führt daher nicht zum Verfall der Vorträge. Besteht ein Betrieb aus mehreren Teilbetrieben, führt die Übertragung eines Teilbetriebs bis Vz 2023 nicht zum Verfall der Vorträge. Dass der Teilbetrieb in anderen Vorschriften, wie § 6 Abs. 3 EStG, § 7 S. 2 GewStG, §§ 15 Abs. 1, 18 Abs. 3 S. 2, 20 Abs. 1 UmwStG dem Betrieb gleichgestellt wird, ändert hie...