Rz. 46
Nach § 4j Abs. 1 S. 1 EStG müssen Schuldner und Gläubiger der Lizenzzahlungen nahestehende Personen i. S. d. § 1 Abs. 2 AStG sein. § 4j Abs. 1 S. 3 EStG regelt zudem, dass als Schuldner und Gläubiger der Lizenzzahlungen auch Betriebsstätten gelten, die ertragsteuerlich als Nutzungsberechtigter oder Nutzungsverpflichteter der Rechte für die Überlassung der Nutzung oder des Rechts auf Nutzung von Rechten behandelt werden. Damit werden folgende Konstellationen von der Regelung erfasst:
- Lizenzzahlungen eines in Deutschland unbeschränkt Stpfl. A an eine im Ausland belegende Betriebstätte einer nahestehenden Person B;
- Lizenzzahlungen einer deutschen Betriebsstätte eines in Deutschland beschränkt Stpfl. A an eine im Ausland ansässige nahestehende Person B;
- Lizenzzahlungen einer deutschen Betriebsstätte eines in Deutschland beschränkt Stpfl. A an eine im Ausland belegende Betriebsstätte einer nahestehenden Person B.
Insofern sich die Anwendung von § 4j Abs. 1 S. 3 EStG auf Lizenzzahlungen zwischen nahestehenden Personen unter Berücksichtigung derer in- und ausländischen Betriebsstätten bezieht, hat die Regelung lediglich klarstellenden Charakter, da Betriebsstätten allgemein als unselbstständiger Teil eines Unternehmens gelten und die dargestellten Konstellationen somit bereits von § 4j Abs. 1 S. 1 EStG erfasst werden sollten.
Rz. 47
Fraglich erscheint, ob auch Zahlungen zwischen (in verschiedenen Staaten gelegenen) Betriebsstätten desselben Steuersubjekts (etwa Zahlungen zwischen Stammhaus und Betriebsstätte) von § 4j Abs. 1 S. 3 EStG erfasst werden. Zwar gibt auch die Gesetzesbegründung diesbezüglich keinerlei Aufschluss, vermutlich schließt die gesetzgeberische Intention aber auch Zahlungen zwischen Betriebsstätten derselben Person mit ein. Anderenfalls könnte das (Teil-)Abzugsverbot nach § 4j EStG z. B. durch Einschaltung einer inländischen Betriebsstätte umgangen werden. Allerdings können etwa Stammhaus und Betriebsstätte keine nahestehenden Personen zueinander sein, da es sich um ein und dieselbe Person handelt. Eine Anwendung von § 4j Abs. 1 S. 1 i. V. m. Abs. 1 S. 3 EStG sollte daher ausscheiden. § 4j Abs. 1 S. 3 EStG gibt lediglich vor, dass Betriebsstätten auch als Schuldner bzw. Gläubiger der Lizenzzahlungen anzusehen sind. Die Fiktion, dass Betriebsstätten auch einander nahestehende Personen i. S. d. § 1 Abs. 2 AStG sein können, ist dem Wortlaut der Regelung hingegen nicht zu entnehmen. Gemessen an der (mutmaßlichen) gesetzgeberischen Intention, ebenfalls Zahlungen zwischen Betriebsstätten desselben Steuersubjekts unter das (Teil-)Abzugsverbot nach § 4j EStG fallen zu lassen, greift die Fiktion in § 4j Abs. 1 S. 3 EStG insoweit zu kurz.
Rz. 48
Gegen eine Erweiterung auf Zahlungen zwischen Stammhaus und Betriebsstätte spricht auch, dass schuldrechtliche Beziehungen, auf denen die Zahlung von Lizenzgebühren basiert, zwischen Stammhaus und Betriebsstätte grundsätzlich nicht möglich sind, da es sich um dieselbe Person handelt. Insofern würde § 4j Abs. 1 S. 3 EStG den Anwendungsbereich der Norm in sachlicher Hinsicht auch auf sog. fiktive Lizenzgebühren ausdehnen. Nach der in § 1 Abs. 5 S. 2 AStG verorteten uneingeschränkten Selbstständigkeitsfiktion (sog. Authorized OECD Approach, AOA) ist eine rechtlich unselbstständige Betriebsstätte wie ein eigenständiges und unabhängiges Unternehmen zu behandeln. Als Folge werden fiktive schuldrechtliche Beziehungen zwischen Stammhaus und Betriebsstätte anerkannt. Zwischen einer Betriebsstätte und dem übrigen Unternehmen kann dabei eine anzunehmende schuldrechtliche Beziehung i. S. d. § 1 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 AStG vorliegen, wenn wirtschaftliche Vorgänge festgestellt werden, die, – wären die Betriebsstätte und das übrige Unternehmen voneinander unabhängige Unternehmen – durch schuldrechtliche Vereinbarungen geregelt würden (§ 16 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a) BsGaV). Allerdings ist die Fiktion der uneingeschränkten Selbstständigkeit von Betriebsstätten lediglich für Anwendung des Fremdvergleichsgrundsatzes anzuwenden und gilt daher ausschließlich im Rahmen einer Einkünftekorrektur nach § 1 AStG, nicht jedoch bei der Gewinnermittlung nach §§ 4ff. EStG. Folglich sollte § 4j EStG nicht auf Zahlungen zwischen Betriebsstätte und Stammhaus anwendbar sein.
Rz. 49
Voraussetzung ist, dass die Betriebsstätten aus ertragsteuerlicher Sicht als Nutzungsberechtigter oder als Nutzungsverpflichteter der lizenzierten Rechte behandelt werden. Weder Gesetzestext noch Gesetzesbegründung geben Auskunft darüber, wann eine Betriebsstätte aus ertragsteuerlicher Sicht Nutzungsberechtigter oder als Nutzungsverpflichteter anzusehen ist. Vielmehr ist eine diesbezügliche Einschätzung unter Zugrundelegung anderer Vorschriften vorzunehmen.
Rz. 50
Die ertragsteuerliche Einordnung der Betriebsstätte als Nutzungsberechtigter oder als Nutzungsverpflichteter sollte grundsätzlich nach nationalem Steuerrecht erfolgen. Das deutsche Steuerrecht verwendet den Begriff des Nutzungsberechtigten in § 50g EStG