3.1 Überblick
Rz. 72
§ 4k Abs. 2 S. 1 EStG sieht zwei Tatbestandsalternativen vor, in denen ein Betriebsausgabenabzugsverbot beim inländischen Stpfl. versagt werden soll. Dabei werden sowohl Leistungsbeziehungen zwischen einem hybriden Rechtsträger und seinem Anteilseigner als auch Leistungsbeziehungen zwischen mehreren Betriebsstätten eines Unternehmens erfasst. Das Betriebsausgabenabzugsverbot findet dann Anwendung, soweit die korrespondierenden Erträge im Ausland aufgrund einer abweichenden steuerlichen Behandlung des Rechtsträgers oder einer abweichenden Gewinnaufteilung zwischen den Betriebsstätten keiner tatsächlichen Besteuerung unterliegen, und es dadurch zu einer sog. Deduction/No-Inclusion-Inkongruenz (D/NI-Inkongruenz) kommt.
Rz. 73
Bei dem § 4k Abs. 2 S. 1 EStG handelt es sich um die nationale Umsetzung der vorrangigen Maßnahme des Art. 9 Abs. 2 Buchst. a i. V. m. Art. 2 Abs. 9 Unterabs. 1 Buchst. e (betrifft D/NI-Inkongruenzen bei hybriden Rechtsträgern) und Buchst. f (betrifft D/NI-Inkongruenzen aufgrund sog. "deemed branch payments" bzw. fiktive Betriebsstätten-Zahlungen) ATAD.
Rz. 74
Die von § 4k Abs. 2 EStG erfassen Konstellationen betreffen typischerweise (fiktive) Zahlungen von hybriden Rechtsträgern oder von Betriebsstätten. Zahlungen an hybride Rechtsträger oder an Betriebsstätten werden dagegen in der Regel von § 4k Abs. 3 EStG erfasst.
Rz. 75
Soweit neben doppelt berücksichtigten Aufwendungen auch doppelt berücksichtigte Erträge vorliegen, wird das Betriebsausgabenabzugsverbot des § 4k Abs. 2 S. 1 EStG durch § 4k Abs. 2 S. 3 EStG, nach dem Vorbild des Art. 9 i. V. m. Art. 2 Abs. 9 Unterabs. 2 Buchst. b ATAD, auf die übersteigenden doppelt berücksichtigten Aufwendungen reduziert.
Rz. 76
§ 4k Abs. 2 S. 2 EStG enthält die nationale Umsetzung der Abwehrmaßnahme des Art. 9 Abs. 2 Buchst. b i. V. m. Art. 2 Abs. 9 Unterabs. 1 Buchst. e ATAD erfährt ihre Umsetzung in § 4k Abs. 2 S. 2 EStG.
Rz. 77 einstweilen frei
3.2 Primäre Regelung für Inbound-Fälle (Abs. 2 S. 1)
3.2.1 Tatbestandsvoraussetzungen
3.2.1.1 Aufwendungen
Rz. 78
Anders als § 4k Abs. 1 S. 1 EStG, der sich nur gegen Aufwendungen in Zusammenhang mit Kapitalvermögen richtet, erfasst § 4k Abs. 2 S. 1 EStG sämtliche Aufwendungen.
Rz. 79
Aufwendungen sind sämtliche Wertabflüsse, die nicht Entnahmen sind. Aufwendungen können entweder zahlungswirksam oder zahlungsunwirksam sein.
§ 4k Abs. 2 S. 1 EStG erfasst somit grundsätzlich Aufwendungen aller Art, wie z. B. Zinsen, Lizenz-, Miet- und Dienstleistungsentgelte, die im Inland zu abzugsfähigen Betriebsausgaben (auch im Wege der Absetzung für Abnutzung) führen, einschließlich fiktiver Aufwendungen (beispielsweise i. S. d. § 16 Abs. 2 S. 2 der Betriebsstättengewinnaufteilungsverordnung).
Auch der Aufwand aus dem Wareneinsatz ist von § 4k Abs. 2 S. 1 EStG erfasst.
Rz. 80
Ausgenommen hiervon sind jedoch Aufwendungen für die Nutzung oder im Zusammenhang mit der Übertragung von Kapitalvermögen (d. h. insbesondere Zinsaufwendungen), die bereits der Abzugsbeschränkung nach § 4k Abs. 1 EStG unterliegen. Denn § 4k Abs. 2 EStG ist gegenüber § 4k Abs. 1 EStG subsidiär.
Rz. 81
Eine Einschränkung des Anwendungsbereichs ergibt sich nach § 52 Abs. 8b EStG. § 52 Abs. 8a S. 1 EStG regelt, dass § 4k EStG erstmals für Aufwendungen anzuwenden ist, die nach dem 31.12.2019 entstehen. Folglich sind vor dem 1.1.2020 verursache Aufwendungen nicht von § 4k EStG umfasst.
Gem. § 52 Abs. 8b S. 2 EStG können jedoch ausnahmsweise auch Aufwendungen, die rechtlich bereits vor dem 1.1. 2020 verursacht wurden, insoweit dem § 4k EStG unterfallen, als ihnen ein Dauerschuldverhältnis zugrunde liegt und sie ab diesem Zeitpunkt ohne wesentliche Nachteile hätten vermieden werden können. Ein Nachteil ist insbesondere dann wesentlich, wenn sämtliche mit der Vermeidung der Aufwendungen verbundenen Kosten den steuerlichen Vorteil infolge der Besteuerungsinkongruenz übersteigen.
Für Aufwendungen, die aus Anschaffungsvorgängen resultieren, die vor dem 1.1.2020 erfolgten, bedeutet das, dass ein Betriebsausgabenabzug nach § 4k EStG u. a.nicht auf die AfA aus diesem Wirtschaftsgut anzuwenden ist.
Rz. 82
Wenn ein bestehendes Dauerschuldverhältnis nach dem 31.12.2019 wesentlich geändert wurde, ist § 4k EStG auch für diese Aufwendungen anzuwenden.
3.2.1.2 Keine tatsächliche Besteuerung korrespondierender Erträge
Rz. 83
Anders als § 4k Abs. 1 EStG sieht § 4k Abs. 2 EStG eine Korrektur der Besteuerungsinkongruenz nur im Fall einer tatsächlichen Nichtbesteuerung der korrespondierenden Erträge vor.
Rz. 84
Fälle der Niedrigerbesteuerung werden anders als im Fall § 4k Abs. 1 EStG von § 4k Abs. 2 EStG – im Einklang mit Art. 2 Abs. 9 Unterabs. 3 Buchst. e ATAD – nicht erfasst. Daraus folgt, dass § 4k Abs. 2 S. 1 EStG keine Anwendung findet, wenn die Erträge in irgendeinem Staat tatsächlich besteuert werden, unabhängig davon, wie niedrig der entsprechende Steuersatz ist.
Rz. 85
Für die Beurteilung, ob eine tatsächliche Besteuerung i. S. d. § 4k Abs. 2 S. 1 EStG vorliegt, soll sich dies u. a...