Betriebsausgabenabzug bei Besteuerungsinkongruenzen (§ 4k EStG)

Die Finanzverwaltung hat das lange erwartete Schreiben zum Betriebsausgabenabzug bei sog. Besteuerungsinkongruenzen nach § 4k EStG veröffentlicht. Nachfolgend werden die Grundsätze der Regelung erläutert und die wesentlichen Ausführungen des BMF für die Praxis dargestellt.

Regelungsinhalt und Ziel des § 4k EStG

Die Regelungen des § 4k EStG sind in der Praxis oftmals nicht im Detail geläufig, obwohl diese bereits für Aufwendungen gelten können, die nach dem 31.12.2019 anfallen (ATAD-Umsetzungsgesetz v. 25.6.2021, BGBl 2021 I S. 2035 mit welchem die Anti-Steuerver­meidungsrichtlinie des Rates (EU) 2016/1164 v. 12.7.2016 in nationales Recht umgesetzt wurde, vgl. News).

Ziel ist es insbesondere Besteuerungsinkongruenzen in Zusammenhang mit hybriden Gestaltungen zu neutralisieren. Konkret geht es darum, dass Betriebsausgaben nicht mehrfach berücksichtigt werden bzw. dass Betriebsausgaben zwar berücksichtigt werden, die entsprechenden Einnahmen jedoch nicht oder nur niedrig zu versteuern sind.

Inhalt des BMF-Schreibens

Das Schreiben des BMF ist mit 53 Seiten sehr umfangreich; einen Entwurf gab es bereits vor 1,5 Jahren. Es werden die folgenden Punkte angesprochen:

  • Wie ist die Umsetzung der Artikel 9 und 9b ATAD erfolgt?
  • Wie ist die zeitliche Anwendung?
  • Und welcher persönliche Anwendungsbereich besteht?
  • Was sind Besteuerungsinkongruenzen?
  • Und was regelt § 4k EStG dazu konkret?
  • Wie sind die Beweislastverteilung bzw. die Nachweispflichten?
  • Welches Verhältnis besteht zu anderen Regelungen?

Nachfolgend kann der Inhalt nur auszugsweise dargestellt werden, primär die für die Praxis wohl am häufigsten relevanten Regelungen. Treten solche oder ähnliche Konstellationen auf, wird es unumgänglich sein, die Ausführungen des BMF-Schreibens in Gänze mit einzubeziehen.

Zeitliche Anwendung

Erstmals ist § 4k EStG für Aufwendungen anzuwenden, die nach dem 31.12.2019 entstanden sind. Das gilt auch bei einem vom Kalenderjahr abweichenden Wirtschaftsjahr.

Soweit die Aufwendungen jedoch rechtlich bereits vor dem 1.1.2020 verursacht sind und kein Dauerschuldverhältnis zugrunde liegt, ist § 4k EStG nicht anzuwenden.

Resultieren die Aufwendungen aus einem Dauerschuldverhältnis und hätten diese jedoch ohne wesentliche Nachteile vermieden werden können (z. B. durch Vertragskündigung) kann das Abzugsverbot eingreifen (§ 52 Abs. 8d EStG). Gleiches gilt, wenn das Dauerschuldverhältnis wesentlich geändert wird.

Persönlicher Anwendungsbereich

Unerheblich ist, ob Gewinneinkünfte oder Überschusseinkünfte erzielt werden. Erfasst werden Sachverhalte, die

  • zwischen nahe stehenden Personen erfolgen,
  • zwischen einem Unternehmen und seiner im anderen Staat belegenen Betriebsstätte,
  • sowie Sachverhalte bei strukturierten Gestaltungen.

Besteuerungsinkongruenzen

Die auftretenden Inkongruenzen lassen sich in folgende Fallgruppen einteilen:

  • Ein steuerlicher Ausgabenabzug in einem Staat, ohne dass im anderen Staat die korrespondierenden Erträge besteuert werden – sog. Deduction-/Non-Inclusion-Inkongruenz (D/NI).
  • Der systemwidrige steuerliche Abzug derselben Ausgaben in mehreren Staaten – sog. Double-Deduction-Inkongruenz (DD) bei hybriden Gestaltungen.
  • Den inländischen abzugsfähigen Aufwendungen und den korrespondierenden ausländischen Erträgen steht Aufwand gegenüber, für welchen (sofern der Fall in Deutschland aufträte) ein Abzug nach § 4k EStG zu versagen wäre. Dies wird bezeichnet als sog. importierte Inkongruenz – Imported Mismatches (IM) – bei mehrstufigen Strukturen.

Hybride Elemente können bestehen durch

  1. hybride Rechtsträger,
  2. umgekehrt hybride Rechtsträger,
  3. hybride Finanzinstrumente bzw.
  4. hybride Übertragungen.

Maßnahmen gegen Inkongruenzen

Durch § 4k Abs. 1 bis 5 EStG werden geeignete Maßnahmen für die deutsche Besteuerung getroffen, welche sonst eintretende Inkongruenzen verhindern.

Dazu gehört das

  • Abzugsverbot für Aufwendungen, die durch Einsatz eines hybriden Finanzinstruments ("abweichende steuerliche Qualifikation") oder bei hybriden Übertragungen ("abweichende Zurechnung") zu im Ausland nicht oder zu niedrig besteuerten Erträgen führen (D/NI-Inkongruenz). Für die Praxis sind zu nennen: Wandelanleihen, Hybriddarlehen, typisch stille Beteiligungen, Genussrechte, partiarische Darlehen, Wertpapierleihen oder Repo-Geschäfte.
  • Abzugsverbot für Aufwendungen bei abweichender steuerlicher Behandlung eines Steuerpflichtigen. Insbesondere im Inland als steuerlich intransparent anzusehende Steuerpflichtige, die im Ausland als steuerlich transparente Rechtsträger angesehen werden (hybride Rechtsträger), werden von der Vorschrift erfasst. Ferner können ausländische Wahlrechte, wie z. B. die US-amerikanische "Check-the-Box-Regelung" hierunter fallen. Das Abzugsverbot umfasst auch fiktive Aufwendungen bei abweichender steuerlicher Beurteilung von anzunehmenden schuldrechtlichen Beziehungen i. S. d. § 1 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 AStG bei Sachverhalten im Zusammenhang mit Betriebsstätten, soweit daraus D/NI-Inkongruenzen entstehen. Betroffen sein können z. B. Zins-, Lizenz-, Miet- und Dienstleistungsentgelte sowie fiktive Betriebsausgaben i. S. d. § 16 Abs. 2 Betriebsstättengewinnaufteilungsverordnung (BsGaV); doch auch Kaufpreise, Werklöhne und AfA bzw. die Ausbuchung eines Restbuchwerts.
  • Erträge eines unbeschränkt Steuerpflichtigen aus Leistungsbeziehungen zu einer ausländischen vermögensverwaltenden Personengesellschaft (intransparente Gesellschaft), an der er mittelbar oder unmittelbar beteiligt ist. Diese Erträge werden – entgegen der Grundregel in § 39 Abs, 2 Nr. 2 AO – steuerlich berücksichtigt, soweit eine D/NI-Inkongruenz auf Seiten des Schuldners der Aufwendungen nicht neutralisiert wird.
  • Abzugsverbot für Betriebsausgaben, sofern eine Besteuerungsinkongruenz durch eine vom deutschen Recht abweichende Zuordnung oder Zurechnung der den Aufwendungen entsprechenden Erträge im Ausland entsteht. Damit werden insbesondere Leistungen an umgekehrt hybride Rechtsträger und Betriebsstättensachverhalte mit abweichender Gewinnzuordnung zwischen Unternehmensteilen erfasst. Dazu gehören auch Fälle mit sog. unberücksichtigten Betriebsstätten – eine nach deutschem Recht gegebene Betriebsstätte wird nach dem Recht des ausländischen Staat nicht als solche angesehen.
  • Ergänzende Versagung des Betriebsausgabenabzugs für nicht durch § 4k Abs. 1 bis 3 EStG erfasste Fallkonstellationen, in welchen die Aufwendungen bereits (ganz oder teilweise) in einem anderen Staat Gewinn mindernd berücksichtigt werden. Dieser Auffangtatbestand erfordert kein hybrides Element.
  • Ist Deutschland nicht unmittelbar an einer Besteuerungsinkongruenz beteiligt, wird diese jedoch über eine oder mehrere Transaktionen ins Inland verlagert, kann ebenfalls ein Abzugsverbot greifen. Dies jedoch nur, soweit der durch die Inkongruenz eintretende steuerliche Vorteil nicht bereits durch Maßnahmen des ausländischen Staates neutralisiert worden ist.

Das BMF hat die einzelnen Fallgruppen zudem jeweils mit Beispielen hinterlegt, welche die teilweise etwas “sperrige“ Materie anschaulicher machen.

Beweislastverteilung und Nachweispflichten

Es gelten die allgemeinen Grundsätze: Kommt es zu einer Steuererhöhung, trägt die Finanzverwaltung die Beweislast, für Steuerminderungen liegt die Beweislast hingegen beim Steuerpflichtigen.

Da es sich in aller Regel um Vorgänge im Ausland handelt, wird auch auf die erhöhten Mitwirkungs- und Beweisvorsorgepflichten des Steuerpflichtigen hingewiesen (§ 90 Abs. 2 AO).

Verhältnis zu anderen Regelungen

Sind mehrere Regelungen mit einem Abzugsverbot einschlägig, bleiben diese grundsätzlich nebeneinander anwendbar. Im Umfang weitergehende Abzugsverbote haben Vorrang. So ist die Zinsschranke nach § 4h EStG i. V. m. § 8a KStG ein nur temporäres Abzugsverbot, weshalb das Abzugsverbot nach § 4k EStG als weitergehende Regelung Vorrang hat.

Sind Aufwendungen bereits als verdeckte Gewinnausschüttungen (vGA) zu qualifizieren, bleibt für ein Abzugsverbot nach § 4k EStG kein Raum.

Besteht mit einem an der Besteuerungsinkongruenz beteiligten ausländischen Staat ein Doppelbesteuerungsabkommen (DBA), ist § 4k EStG gleichwohl in vollem Umfang anzuwenden.

BMF, Schreiben v. 5.12.2024, IV C 2 - S 2144-i/21/10010 :014