Prof. Dr. Gerrit Frotscher
Rz. 71
Durch G. v. 19.7.2006 ist die Regelung auf Unternehmen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und in der Schweizerischen Eidgenossenschaft gelegene Betriebsstätte eines in einem Mitgliedstaat der EU ansässigen Unternehmens ausgedehnt worden. Damit gilt die Regelung auch bei Zins- und Lizenzzahlungen, wenn eines der beiden beteiligten Unternehmen in der Schweiz ansässig ist, das andere in der EU, wenn ein in der Schweiz ansässiges Unternehmen eine Betriebsstätte in einem EU-Staat unterhält, oder wenn ein in der EU ansässiges Unternehmen eine Betriebsstätte in der Schweiz unterhält. Unternehmen der Schweizerischen Eidgenossenschaft (§ 50g Abs. 3 Nr. 5 EStG) sind danach Gesellschaften, die die Rechtsform der AG, der GmbH und der KGaA, jeweils nach Schweizerischem Recht, aufweisen. Weitere Voraussetzung ist, dass die Gesellschaft nach dem Steuerrecht der Schweiz dort ansässig ist und dass die Gesellschaft nicht nach einem von der Schweiz abgeschlossenen DBA als außerhalb der EU oder der Schweiz ansässig gilt. Außerdem muss die Gesellschaft der Schweizerischen KSt unterliegen, ohne hiervon befreit zu sein. Vgl. zu diesen Voraussetzungen Rz. 50.
Rz. 72
Durch die Technik der Verweisung wird erreicht, dass für in der Schweiz ansässige Unternehmen oder in der Schweiz belegene Betriebsstätten die gleiche Regelung gilt wie in EU-Staaten. Das bedeutet auch, dass gewinnabhängige Vergütungen (Rz. 33) von der Steuerbefreiung ausgenommen sind und dass die Regelungen über Steuerumgehung (Rz. 63ff.) gelten.
Rz. 73
Die Einbeziehung der Schweizerischen Eidgenossenschaft in die Regelung gilt erstmals für Zahlungen, die nach dem 30.6.2005 erfolgen. Die Regelung tritt damit rückwirkend in Kraft, was unbedenklich sein dürfte, da sie für den Stpfl. nur günstig ist. Im Übrigen war im Verwaltungsweg für die Übergangszeit bis zum Inkrafttreten der gesetzlichen Regelung eine entsprechende Regelung geschaffen worden.
Rz. 74
Durch § 50g Abs. 6 EStG wird Art. 15 Abs. 2 des Abkommens zwischen der EU und der Schweiz über Regelungen, die den in der Richtlinie 2003/48/EG des Rates im Bereich der Besteuerung von Zinserträgen festgelegten Regelungen gleichwertig sind, in nationales Recht umgesetzt.
Die Regelung hat nur für Sonderfälle Bedeutung, da die entsprechenden Befreiungen bereits in dem DBA Deutschland-Schweiz enthalten sind. § 50g Abs. 6 EStG ist daher nur anzuwenden, wenn dies für den Stpfl. günstiger ist als die Anwendung der Regelungen des DBA. Das kann in folgenden Fällen eintreten:
- Ein verbundenes Unternehmen mit Ansässigkeit in Deutschland zahlt Lizenzgebühren an die Schweizerische Betriebsstätte eines Unternehmens, das in einem anderen EU-Staat ansässig ist, wenn das DBA zwischen diesem anderen EU-Staat und der Schweiz eine Quellensteuer auf Lizenzzahlungen vorsieht. Da die Schweizerische Betriebsstätte für das DBA Deutschland-Schweiz nicht abkommensberechtigt ist, ist insoweit die Quellensteuerbefreiung unter diesem DBA nicht anwendbar. Dann erfolgt die Befreiung von der Quellensteuer nach § 50g Abs. 6 EStG.
- Ein in der Schweiz ansässiges Unternehmen ist unter den Voraussetzungen des § 50g Abs. 3 Nr. 5 Buchst. b EStG an einem Unternehmen in der Bundesrepublik Deutschland und an einem Unternehmen in einem anderen EU-Staat beteiligt (Schwestergesellschaften), und zwischen diesen Schwestergesellschaften werden Lizenzgebühren bezahlt. Hinzukommen muss, dass das DBA zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem anderen EU-Staat eine Quellensteuer auf Lizenzgebühren zulässt. In diesem Fall ist § 50g Abs. 1 EStG direkt nicht anwendbar, da nach § 50g Abs. 3 Nr. 5 Buchst. b S. 2 EStG alle 3 Unternehmen, also auch das Mutterunternehmen, in der EU ansässig sein müssen. Für diesen Fall erweitert § 50g Abs. 6 EStG den Anwendungsbereich des § 50g Abs. 1 EStG, da die Ansässigkeit des Mutterunternehmens in der Schweiz genügt.