Prof. Dr. iur. Swen O. Bäuml
Rz. 22
§ 50i EStG soll auch keine Vertrauensschutztatbestände verletzen, denn die Stpfl. seien – so die Gesetzesbegründung zur zeitlichen Anwendungsregelung des § 52 Abs. 48 EStG (vorher: § 52 Abs. 59d EStG) – bisher selbst davon ausgegangen, dass sie die Besteuerung der stillen Reserven im Zeitpunkt des Wegzugs, der Umstrukturierung oder des Ausschlusses des Besteuerungsrechts zunächst vermeiden könnten und dafür die deutsche Besteuerung der laufenden Einkünfte hinzunehmen hätten. Im Übrigen wird an dieser Stelle auf die Ausführungen in Rz. 81f ff. verwiesen.
Rz. 23
An dieser Beurteilung müssten sich die Stpfl. nach Treu und Glauben weiterhin festhalten lassen. Deshalb sei es jedenfalls in den Altfällen gerechtfertigt, die Besteuerung ungeachtet entgegenstehender Vorschriften der DBA durchzuführen. Zumindest im Hinblick auf die, die laufenden Einkünfte i. S. d. § 50i Abs. 1 S. 3 EStG (vorher: § 50i S. 2 EStG) betreffende Anwendungsregelung des § 52 Abs. 48 EStG (vorher: § 52 Abs. 59d S. 2 EStG), wird im Schrifttum eine verfassungswidrige echte Rückwirkung angenommen. Im Übrigen wird an dieser Stelle auf die Ausführungen in Rz. 81f ff. verwiesen.
Rz. 24
Die Gefahr einer Doppelbesteuerung für den Fall, dass der ausl. Staat ungeachtet der inländischen Gesetzeslage im tatsächlichen Veräußerungsfall sein Besteuerungsrecht geltend macht, dürfte – so Mitschke aus Sicht der Finanzverwaltung – bei den Altfällen eher gering sein. Sie bestehe jedenfalls dann nicht, wenn – wie in der Vergangenheit häufig geschehen – der ausl. Staat das spätere deutsche Besteuerungsrecht ausdrücklich anerkannt hat.
Rz. 25
Nach anderen im Schrifttum vertretenen Auffassungen drohen Doppelbesteuerungen, da die Vorschrift auch stille Reserven erfasst, die nach einem Wegzug entstehen. Bei einer späteren tatsächlichen gewinnrealisierenden Anteilsveräußerung (oder Entnahme) erfolgt die inländische Besteuerung nach Maßgabe der allgemeinen Regeln (Teileinkünfteverfahren, ggf. inklusive GewSt) und nicht nach § 6 AStG. Stpfl. ist der gesamte Gewinn, also auch jene stillen Reserven, die erst nach einem Wegzug entstehen, und zwar ungeachtet etwaiger DBA-Bestimmungen.
Rz. 26
Besteuert auch der ausl. Staat den Veräußerungs- bzw. Entnahmegewinn bzw. die laufenden Einkünfte, besteht nur die Möglichkeit, die Durchführung eines Verständigungsverfahrens zu beantragen (Art. 25 Abs. 1 OECD-MA). Flankierende Ergänzungen in § 34c EStG zur Milderung einer drohenden Doppelbesteuerung sind nicht vorgesehen. Zu europarechtlichen Auswirkungen insbesondere des neuen § 50i Abs. 2 EStG u. a. in Bezug auf die DMC-Entscheidung des EuGH v. 23.1.2014 vgl. die Ausführungen in Rz. 88 ff.