Dipl.-Finanzwirt Rüdiger Happe, Prof. Dr. Axel Mutscher
Rz. 188
Bei der Beurteilung von Lieferbeziehungen zwischen einer Kapitalgesellschaft und ihrem Gesellschafter ist stets zunächst zu prüfen, ob die Preisgestaltung durch das Liefergeschäft oder durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst ist. Die Preisgestaltung ist durch das Liefergeschäft bestimmt, wenn auch ein ordentlicher Kaufmann diese gewählt hätte. Hätte dieser es hingegen nicht getan, so kommt eine Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis in Betracht.
Rz. 189
Liefert ein Gesellschafter aus Gründen des Gesellschaftsverhältnisses zu einem unangemessen niedrigen Preis, so kann hierin eine verdeckte Einlage in die Kapitalgesellschaft liegen. Sie führt beim Gesellschafter zu einem zusätzlichen Ertrag und nachträglichen Anschaffungskosten auf seine Gesellschafterbeteiligung. Bei der Gesellschaft ist eine verdeckte Einlage in Höhe des Teilwerts des Vorteils nach § 6 Abs. 1 Nr. 5 Buchst. a) EStG anzusetzen.
Rz. 190
Liefert hingegen die Gesellschaft an ihren Gesellschafter ein Wirtschaftsgut aus Gründen des Gesellschaftsverhältnisses zu einem unangemessen niedrigen Preis, so ist auf Seiten der Gesellschaft eine verdeckte Gewinnausschüttung i. S. v. § 8 Abs. 3 S. 2 KStG in Höhe der Differenz zum angemessenen Preis anzunehmen. Auch wenn es aufseiten des Gesellschafters insoweit an einem Entgelt fehlt, so sind bei ihm nicht nur ein a. o. Ertrag infolge der Gewinnrealisierung, sondern auch (fiktive) Anschaffungskosten in Höhe der vGA anzusetzen. Würde die vGA beim Gesellschafter nicht auch als Anschaffungskosten angesetzt, so würde die vGA sowohl als Ertrag versteuert werden als auch zudem beim Verbrauch oder der Veräußerung des verbilligt bezogenen Wirtschaftsguts zu einem zu hohen Gewinn führen.