Dipl.-Finanzwirt Rüdiger Happe, Prof. Dr. Axel Mutscher
Rz. 464
Die unentgeltliche Übertragung eines (Teil-)Betriebs oder Mitunternehmeranteils i. S. v. § 6 Abs. 3 EStG ist keine Entnahme – im Gegensatz zur unentgeltlichen Übertragung einzelner Wirtschaftsgüter als Entnahme beim Schenkenden und Einlage beim Schenkungsempfänger außerhalb des Anwendungsbereichs von § 6 Abs. 5 EStG. Trotz Rechtssubjektwechsels geht die Sachgesamtheit auf den unentgeltlichen Erwerber zu Buchwerten über. § 6 Abs. 3 EStG macht damit eine Ausnahme von dem einkommensteuerrechtlichen Grundsatz, dass stille Reserven nicht erfolgsneutral auf ein anderes Rechtssubjekt übertragen werden dürfen. Sobald aber nicht sämtliche Tatbestandsvoraussetzungen von § 6 Abs. 3 EStG erfüllt sind, führt die unentgeltliche Übertragung zu einer gewinn- oder verlustrealisierenden Betriebsaufgabe i. S. v. § 16 Abs. 3 EStG. Dies gilt grundsätzlich dann, wenn
- nicht alle wesentlichen Betriebsgrundlagen auf den Erwerber übertragen worden sind
- der Übertragende seine bisherige gewerbliche Tätigkeit nicht einstellt, was grundsätzlich auch dann der Fall ist, wenn sich der Übertragende eines Einzelunternehmens, anders als im Falle der Übertragung eines Mitunternehmeranteils, den Nießbrauch vorbehält.
Rz. 465
Unentgeltliche Übertragungen von (Teil-)Betrieben und Mitunternehmeranteilen nach § 6 Abs. 3 EStG kommen auch zwischen Schwesterpersonengesellschaften in Betracht. Empfänger einer betrieblichen Einheit i. S. v. § 6 Abs. 3 EStG kann nach § 8 Abs. 1 KStG auch eine Körperschaft sein. Hierdurch soll eine Vererbung von Betrieben auf Stiftungen und Vereine ermöglicht werden.
Rz. 466
Der Tatbestand des § 6 Abs. 3 EStG deckt sich grundsätzlich mit dem der Betriebsveräußerung i. S. v. § 16 Abs. 1 Nr. 1 EStG, wenn man von dem Erfordernis der Unentgeltlichkeit der Übertragung nach § 6 Abs. 3 EStG absieht. § 6 Abs. 3 EStG setzt jedoch lediglich voraus, dass nur alle funktional wesentlichen Betriebsgrundlagen auf einen Erwerber in einem einheitlichen Vorgang übertragen werden, während § 16 EStG eine funktional-quantitative Betrachtung im Hinblick auf § 34 EStG zugrunde liegt.
Rz. 466a
Die Einbringung einer betrieblichen Einheit in eine Kapitalgesellschaft gegen Gewährung von Gesellschaftsanteilen unterliegt den vorrangigen §§ 20ff. UmwStG. § 6 Abs. 3 EStG ist auf sie schon mangels Unentgeltlichkeit nicht anwendbar. Denn es handelt sich um einen tauschähnlichen und damit um einen entgeltlichen Vorgang. Eine verdeckte Einlage in eine Kapitalgesellschaft stellt eine gewinnrealisierende Betriebsaufgabe dar.
Rz. 466b
Die Einbringung einer betrieblichen Einheit in eine Personengesellschaft gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten unterliegt auch bei Buchwertfortführung vorrangig § 24 UmwStG. Dies gilt auch für einen Teil eines Mitunternehmeranteils.