Rz. 7
Zur allgemeinen Regelung der Bewertung von Wirtschaftsgütern nach § 6 EStG verhält sich § 6e EStG als eine Spezialbestimmung, da sie einzelne, vom Handelsrecht abweichende Regelungen hinsichtlich der Qualifizierung bestimmter Aufwendungen in einem bestimmten Zusammenhang, nämlich im Rahmen eines Fonds, als Anschaffungskosten trifft und damit zugleich den Bereich der Anschaffungskosten erweitert. Nach § 248 Abs. 1 Nr. 1 und 2 HGB besteht ein handelsrechtliches Aktivierungsverbot bzgl. solcher Aufwendungen, die im Zusammenhang mit der Gründung eines Unternehmens und für die Beschaffung des Eigenkapitals stehen. Dieses Verbot wird mit § 6e EStG durchbrochen.
Die Regelung betrifft aufgrund seiner systematischen Stellung grundsätzlich nur Stpfl., die die Fondsanteile im Betriebsvermögen halten. Mit der in § 9 Abs. 5 S. 2 EStG geregelten entsprechenden Anwendung erstrecken sich die Rechtsfolgen letztlich vollumfänglich auch auf das Privatvermögen und die Ermittlung von Erträgen im Bereich der Überschusseinkünfte.
Das Gesetz selbst sieht in § 6e Abs. 5 EStG ein Nebeneinander zur sonst speziellen Missbrauchsregelung des § 15b EStG vor, indem es diese unberührt lässt. Mit der Regelung des § 6e EStG wird aber ein Hauptanwendungsfall der in § 15b EStG geregelten Steuerstundungen erfasst, nämlich indem der sofortige Abzug von Aufwendungen versagt wird. Dennoch bleibt weiterhin einerseits Raum für eine Anwendung des § 15b EStG, weil etwa trotz der Umqualifizierung bestimmter Aufwendungen, dennoch ein Verlust generiert werden kann. Andererseits muss § 6e EStG als die speziellere Vorschrift angesehen werden, weil nicht alle Sachverhalte (etwa vermögensverwaltende Private Equity Fonds; fehlende Überschreitung der Schwellenwerte) in den Anwendungsbereich des § 15b EStG fallen.
Ein Gleichlauf besteht allerdings in dem, in § 6e Abs. 3 EStG geregelten Fall eines sog. Einzelinvestments, da beide Vorschriften tatbestandlich auch eine Anknüpfung an ein Einzelinvestment oder nur einen Anleger zulassen.
Rz. 8
Zwar gilt die Vorschrift über die jeweiligen Verweisungen grundsätzlich auch für das KStG und GewStG. Allerdings kann sie keine Wirkung auf körperschaftlich organisierte Gesellschaftsformen entfalten, da die Regelung des § 6e EStG tatbestandlich auf der Ebene der Gesellschafter ansetzt und aufgrund der Abschirmwirkung dieser Gesellschaftsformen stets diese und gerade nicht die Gesellschafter in ihrer Verbundenheit ein Wirtschaftsgut erwerben.
Rz. 9
§ 6e EStG stellt wie § 15b EStG eine spezielle Missbrauchsvermeidungsregelung dar, sodass durch Rückgriff auf § 42 AO nicht weitergehend der Abzug von Aufwendungen versagt werden kann.
Das folgt auch daraus, dass der Gesetzgeber selbst die Regelung als eine Kodifizierung der auf § 42 AO gestützten Rechtsauffassung der Finanzverwaltung und FG darstellt.