Prof. Dr. Alexander Kratzsch
Rz. 29
Durch das StEntlG 1999/2000/2002 v. 24.3.1999 wurde § 7g Abs. 2 Nr. 3 EStG für nach dem 31.12.2000 angeschaffte oder hergestellte Wirtschaftsgüter eingeführt, wonach die Sonderabschreibung gem. § 7g Abs. 1, 2 EStG auf Wirtschaftsgüter beschränkt ist, für die zuvor eine Rücklage i. S. v. Abs. 3-7 gebildet worden ist (§ 7g Abs. 2 Nr. 3 EStG a. F.). Diese Einschränkung gilt allerdings nicht – wie durch das KleinUntFG v. 31.7.2003 für Wirtschaftsjahre, die nach dem 31.12.2002 begannen, geregelt wurde – für Existenzgründer im Jahr der Existenzgründung (§ 7g Abs. 2 Nr. 3 S. 2 EStG a. F.). § 7g Abs. 2 Nr. 3 EStG a. F. wird wegen seines die Entscheidungsfreiheit beschränkenden Charakters kritisiert.
Voraussetzung für eine Sonderabschreibung ist lediglich die vorherige Bildung einer Rücklage von (mindestens) einem EUR für ein art- und funktionsgleiches Wirtschaftsgut. Die spätere Sonderabschreibung ist also nicht auf den Betrag der Rücklage begrenzt. Vielmehr sind beide Abschreibungen unabhängig voneinander.
Die einmal gebildete Rücklage muss nicht bis zum Wirtschaftsjahr der Anschaffung oder Herstellung fortgeführt werden; eine vorherige Auflösung ist unschädlich.
Nur bei Existenzgründern verzichtet § 7g Abs. 2 Nr. 3 S. 2 EStG a. F. nach seinem Wortlaut auf das Erfordernis der vorherigen Rücklagenbildung für das Wirtschaftsjahr der Betriebseröffnung: Für Wirtschaftsgüter, die im zweiten Wirtschaftsjahr angeschafft oder hergestellt werden, muss zum Ende des ersten Wirtschaftsjahrs eine Rücklage von für ein funktionsgleiches Wirtschaftsgut gebildet werden. § 7g Abs. 2 Nr. 3 EStG a. F. ist aber verfassungskonform so auszulegen, dass die Vorschrift nur klarstellend wirkt, da Nicht-Existenzgründer anderenfalls im Jahr der Betriebseröffnung keine Rücklage bilden könnten. Es wäre aber nicht einsehbar, dass gerade im ersten Jahr – dem Jahr der Betriebseröffnung – die Bildung einer Rücklage gem. § 7g EStG a. F. ausgeschlossen sein soll, wenn alle übrigen Voraussetzungen vorliegen. Hieran ändert auch die ablehnende Haltung der Bundesregierung im Hinblick auf den Vorschlag bei den Beratungen zum JStG 2007, die Einschränkung in § 7g Abs. 2 Nr. 3 EStG a. F. aufzuheben, nichts. Allerdings ist fraglich, ob eine vorherige Rücklagenbildung auch dann verzichtbar ist, wenn die Möglichkeit hierzu im Vorjahr bestand (da schon eine verbindliche Bestellung vorgenommen wurde) und hiervon kein Gebrauch gemacht wurde. Dies ist zu verneinen, da insoweit kein zwingendes Bedürfnis nach einer verfassungskonformen Auslegung besteht. Diesem Ergebnis steht § 7g Abs. 2 Nr. 3 EStG i. d. F. des StEntlG 1999/2000/2002, der bei Existenzgründern ab dem VZ 2003 auf das Erfordernis der vorherigen Rücklagenbildung verzichtet, nicht entgegen. Nicht nur, – wie vom BFH entschieden –, für Zeiträume bis zum VZ 2003, sondern auch danach setzt die Einschränkung in § 7g Abs. 2 Nr. 3 EStG (mit dem Erfordernis der vorherigen Rücklagenbildung) in verfassungskonformer Auslegung voraus, dass hierzu überhaupt die theoretische Möglichkeit bestanden hat. Der BFH musste diese zuletzt genannte Frage – da der Sachverhalt Zeiträume vor dem VZ 2003 betraf – nicht entscheiden. Eine andere Auslegung würde Nicht-Existenzgründern ohne sachliche Rechtfertigung die Inanspruchnahme der Sonder-AfA im Gründungsjahr unmöglich machen.