Dipl.-Finanzwirt Rüdiger Happe
Rz. 15a
Bis zum 31.12.2019 galten für die einzelnen Einkunftsarten unterschiedliche Betriebsgrößenmerkmale, die nicht überschritten werden durften:
- bei bilanzierenden Stpfl. ein Betriebsvermögen von höchstens 235.000 EUR,
- bei land- und forstwirtschaftlichen Betrieben ein Wirtschaftswert von höchstens 125.000 EUR und
- bei Betrieben mit einer Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG (Einnahmenüberschussrechnung) ein Gewinn von höchstens 100.000 EUR.
Nach der Begründung zum JStG 2020 waren die bisherigen Größenmerkmale zur Abgrenzung begünstigter Betriebe insbesondere im Bereich der Land- und Forstwirtschaft teilweise ungeeignet, um kleine und mittlere Unternehmen zu fördern. Ursächlich hierfür war die Methodik zur Ermittlung der Wirtschaftswerte. Dieser umfasst lediglich die im Eigentum des Betriebes stehenden Wirtschaftsgebäude, Grundstücke und sonstigen betrieblichen Wirtschaftsgüter, nicht jedoch die dazu gepachteten Flächen, die aber auch Umsatz und Gewinn erhöhen und damit die Betriebsgrößen beeinflussen. Dies konnte dazu führen, dass auch land- und forstwirtschaftliche Großbetriebe die Steuervergünstigungen nach § 7g EStG in Anspruch nehmen konnten. Nach der Neuregelung sollen die Investitionsabzugsbeträge nach § 7g EStG zielgerichteter ausschließlich kleine und mittlere Unternehmen in Anspruch nehmen können. Darüber hinaus soll die neue einheitliche Gewinngrenze unabhängig von der Einkunftsart zu einer Rechts- und Verwaltungsvereinfachung führen. Der Gewinn sei Bestandteil der Steuererklärung und als Bezugsgröße für § 7g EStG in der Praxis ohne besonderen Verwaltungsaufwand erkennbar sowie maschinell prüfbar. Speziell bei bilanzierenden Unternehmen führe die Regelung zu einer erheblich einfacheren Überprüfung der Gewinngrenze.
Rz. 15b
So gilt für alle Einkunftsarten eine einheitliche Gewinngrenze von 200.000 EUR als Voraussetzung für die Inanspruchnahme von Investitionsabzugsbeträgen.
Rz. 15c
Die Gewinngrenze ist für jeden Betrieb getrennt zu ermitteln. Da diese betriebsbezogen ist, gilt der Betrag auch für Personengesellschaften, unabhängig von der Anzahl der Beteiligten.
Rz. 15d
Ein eigenständiger Begriff "Gewinn" findet sich in § 7g Abs. 1 S. 2 Nr. 1 EStG nicht. Es ist zwar bestimmt, dass der Gewinn nach § 4 oder § 5 EStG zu ermitteln und damit grundsätzlich an den nach steuerrechtlichen Vorschriften ermittelten Gewinn und nicht – bei Gewerbetreibenden – an den handelsbilanziellen Jahresüberschuss anzuknüpfen ist. Nicht geregelt ist jedoch, ob der Gewinn um nicht abziehbare Betriebsausgaben zu erhöhen bzw. um steuerfreie Betriebsvermögensmehrungen zu mindern ist, d. h. der steuerliche Gewinn i. S. von § 2 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 EStG für die Bestimmung der Gewinngrenze ausschlaggebend sein soll.
Rz. 15e
Zu korrigieren ist der maßgebliche Gewinn nach § 7g Abs. 1 S. 2 Nr. 1b EStG jedenfalls um die Abzüge und Hinzurechnungen gem. § 7g Abs. 1 und Abs. 2 S. 1 EStG. Die Regelung schließt aus, dass die Inanspruchnahme eines Investitionsabzugsbetrags dazu führt, dass die Gewinngrenze unterschritten wird. Andererseits führt auch ein Hinzurechnungsbetrag nach § 7 Abs. 2 S. 1 EStG nicht dazu, dass die Grenze überschritten wird, sodass eine erneute Inanspruchnahme des Investitionsabzugsbetrags nicht ausgeschlossen wird.
Rz. 15f
Ob außerbilanzielle Korrekturen der Steuerbilanz sowie Hinzu- und Abrechnungen bei der Einnahmenüberschussrechnung zu berücksichtigen sind, ist strittig. Nach Auslegung des BMF sollen außerbilanzielle Korrekturen ausdrücklich berücksichtigt werden. Nach den Ausführungen des Niedersächsischen FG ist die Frage, wie der nach § 7g Abs. 1 S. 2 Nr. 1 Buchst. b) EStG entscheidungserhebliche Gewinn zu ermitteln ist, höchstrichterlich bislang nicht geklärt. In der Literatur und von der Finanzverwaltung werden unterschiedliche Meinungen vertreten. Die Finanzverwaltung vertritt die Auffassung, dass Gewinn i. S. v. § 7g Abs. 1 S. 2 Nr. 1 Buchst. b) EStG der Betrag sei, der ohne Berücksichtigung von Abzügen und Hinzurechnungen gem. § 7g Abs. 1 und Abs. 2 S. 1 EStG der Besteuerung zugrunde zu legen sei (§ 2 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 i. V. m. §§ 4 bis 5 sowie 6 bis 7i EStG); außerbilanzielle Korrekturen der Steuerbilanz sowie Hinzu- und Abrechnungen bei der Einnahmenüberschussrechnung seien zu berücksichtigen. Diese Meinung findet auch im Fachschrifttum Zustimmung. Dafür spreche schon die gesetzliche Anordnung, dass Investitionsabzugsbeträge bei der Gewinngrenze unberücksichtigt blieben. Bei dem Investitionsabzugsbetrag handele es sich um eine außerbilanzielle Korrektur, sodass die gesetzliche Anordnung überflüssig wäre, wenn allein auf den steuerbilanziellen Gewinn abzustellen wäre. Dagegen wird von Teilen des Fachschrifttums die Auffassung vertreten, dass allein auf den steuerbilanziellen Gewinn abzustellen sei, sodass außerbilanzielle Hinzurechnungen und Kürzungen unberücksichtigt bleiben müssten. Schon der Wortlaut spreche dafür, auf den Steuerbilanzgewinn abzustellen, weil die Vorschrift auf d...