5.13.1 Vorbemerkung
Rz. 225
In Deutschland existieren rd. 26.000 rechtsfähige Stiftungen bürgerlichen Rechts, wobei davon rd. 600 im Jahr 2023 neu errichtet wurden. Stifter/innen stiften dabei aus den unterschiedlichsten Gründen. In der Mehrzahl der Fälle sind es gemeinwohlorientierte Motive, die sie veranlassen, ihr Vermögen auf eine Stiftung zu übertragen. Entsprechend haben Stiftungen in Deutschland i. d. R. einen gemeinnützigen Status, mit dem weitreichende Steuervergünstigungen einhergehen, da sie selbstlos, ausschließlich und unmittelbare steuerbegünstige Zwecke (i. S. d. §§ 52–54 AO) fördern. So sind über 90 % der rechtsfähigen Stiftungen gemeinnützig strukturiert. Aber auch privatnützige Stiftungen, wie z. B. die Familienstiftungen, die sich hoher Beliebtheit bei der Unternehmensnachfolge erfreuen, sind von Bedeutung.
Rz. 226
Anlässlich der Stiftungsrechtsreform, die am 1.7.2023 in Kraft getreten ist, ist die Stiftung wieder verstärkt in den Fokus der Öffentlichkeit und Beratungspraxis geraten. Es handelt sich um die umfassendste Reform seit Kodifizierung der rechtsfähigen Stiftung bürgerlichen Rechts. Durch die Reform wurde das Stiftungszivilrecht erstmals bundesrechtlich vereinheitlicht und in den §§ 80ff. BGB abschließend geregelt. Der Normenbestand hat sich insgesamt vervierfacht (statt 9 gelten nun 36 Paragrafen). Auf Bundesebene werden nun die Entstehung und Organisation der Stiftung, die Haftung der Organe, das Stiftungsvermögen sowie Strukturmaßnahmen abschließend geregelt. Die Landesstiftungsgesetze bleiben weiterhin, ihr Regelungsbereich ist aber auf die öffentlich-rechtliche Aufsicht beschränkt. Erstmalig eingeführt wurde mit der Reform darüber hinaus mit Stichtag 1.1.2026 ein bundesweites Stiftungsregister, das – anders als die bisher von den Ländern geführten Stiftungsverzeichnisse – Publizitätswirkung entfaltet.
Rz. 227
Gem. § 80 Abs. 1 S. 1 BGB ist die Stiftung eine mit einem Vermögen zur dauernden und nachhaltigen Erfüllung eines vom Stifter vorgegebenen Zwecks ausgestattete, mitgliederlose juristische Person. Die Stiftung wird gem. § 80 Abs. 1 S. 2 BGB i. d. R. auf unbestimmte Zeit errichtet; sie kann aber auch auf bestimmte Zeit errichtet werden, innerhalb derer ihr gesamtes Vermögen zur Erfüllung ihres Zwecks zu verbrauchen ist (Verbrauchsstiftung). Zur Entstehung der Stiftung sind gem. § 80 Abs. 2 S. 1 BGB das Stiftungsgeschäft sowie die Anerkennung der Stiftung durch die zuständige Stiftungsbehörde des Landes erforderlich, in dem die Stiftung ihren Sitz haben soll. Im Stiftungsgeschäft muss der Stifter der Stiftung nach § 81 Abs. 1 BGB eine Satzung geben (mindestens mit Angaben über den Zweck, Namen, Sitz und Vorstand der Stiftung) und zur Erfüllung des von ihm vorgegebenen Stiftungszwecks ein Vermögen widmen (gewidmetes Vermögen), das der Stiftung zu deren eigener Verfügung zu überlassen ist. Die Stiftung ist anzuerkennen, wenn das Stiftungsgeschäft diesen Anforderungen genügt und die dauernde und nachhaltige Erfüllung des Stiftungszwecks gesichert erscheint, es sei denn, die Stiftung würde das Gemeinwohl gefährden (§ 82 BGB).
5.13.2 Familienstiftungen
5.13.2.1 Begriff
Rz. 228
Die Familienstiftung als besondere Ausprägungsform der Stiftung eignet sich aus zivil- und steuerrechtlichen Gründen ganz besonders als Instrument zur Regelung der Unternehmensnachfolge. Die Familienstiftung kann dazu beitragen, das Unternehmen vor Zerschlagung oder Zersplitterung zu schützen und einen dauerhaften Einfluss gemäß den Werten und Wünschen des Stifters sicherzustellen. Zur Regelung der Unternehmensnachfolge wird die Familienstiftung i. d. R. als Beteiligungsträgerstiftung eingesetzt (Stiftungsholding, Stiftung & Co. KG, Doppelstiftung).
Rz. 229
Der Begriff der Familienstiftung ist gesetzlich nicht einheitlich definiert (§ 1 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG, § 15 Abs. 2 AStG; s. aber auch § 2 Abs. 3 Hessisches Stiftungsgesetz). Die Finanzverwaltung qualifiziert eine Stiftung als Familienstiftung, wenn nach der Stiftungssatzung der Stifter, seine Angehörigen und deren Abkömmlinge (Destinatäre) zu mehr als 50 % bezugs- oder anfallsberechtigt sind (§ 15 Abs. 2 AStG). Treten zusätzliche Merkmale hinzu (z. B. ein wesentlicher Einfluss der Familie auf die Geschäftsführung der Stiftung), kann eine Familienstiftung bereits bei einem Bezugs- und Anfallsrecht von nur 25 % zu bejahen sein. Handelt es sich bei der Stiftung um eine Familienstiftung, so unterliegt sie alle 30 Jahre der Erbersatzsteuer, ohne dass es zu einem Rechtsträgerwechsel kommt (§ 1 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG).
Rz. 230
Die zentralen Motive für die Errichtung einer Familienstiftung zur Regel...