Rz. 258
Im Rahmen der Vorbereitung der Unternehmensnachfolge sollte auch die Rechtsform des Unternehmens überprüft und ggf. optimiert werden. Im Fokus stehen hierbei nicht nur haftungsrechtliche Gesichtspunkte, sondern insb. auch erbrechtliche und gesellschaftsrechtliche Themen. Wenn sich eine Umstrukturierung vor diesem Hintergrund als sinnvoll oder erforderlich darstellt, stellt sich die Frage, wie die ausgewählte Zielstruktur zivilrechtlich erreicht werden kann. Hierbei stehen insb. die Techniken des UmwG zur Verfügung, wobei im Kontext der Unternehmensnachfolge vor allem die Verschmelzung (§§ 2ff. UmwG), die Spaltung (Aufspaltung, Abspaltung und Ausgliederung; §§ 123ff. UmwG) und der Formwechsel (§§ 190ff. UmwG) relevant sind. Aber auch außerhalb des UmwG kann eine Umstrukturierung durch Einzelrechtsnachfolge erfolgen, z. B. durch Einbringung von Betriebsvermögen in eine Kapital- oder Personengesellschaft oder auch durch einen Anteilstausch.
Rz. 258a
Ertragsteuerlich ist sicherzustellen, dass die Umstrukturierung unter Berücksichtigung des UmwStG möglichst neutral vollzogen wird (Buchwertfortführung, ggf. mit Rückwirkung). Soll z. B. das Einzelunternehmen oder die Personengesellschaft (Mitunternehmerschaft) künftig die Rechtsform einer Kapitalgesellschaft haben, so lässt sich dies nach § 20 UmwStG (ggf. i. V. m. § 25 UmwStG) auf Antrag (unter den entsprechenden Voraussetzungen) zum Buchwert umsetzen. Soll eine Holdingstruktur errichtet werden, indem sämtliche Anteile an der Kapitalgesellschaft in eine Kapitalgesellschaft gegen Anteilsgewährung eingebracht werden, besteht gem. § 21 UmwStG grundsätzlich ebenfalls ein Wahlrecht zur Fortführung der Buchwerte (bzw. der Anschaffungskosten); § 21 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 UmwStG, sog. qualifizierter Anteilstausch. Im Gegenzug für die Steuerneutralität ist nach § 22 UmwStG aber ggf. eine siebenjährige Sperrfrist zu beachten. Werden die erhaltenen Anteile bei einer Sacheinlage gem. § 20 UmwStG oder die eingebrachten Anteile bei einem Anteilstausch nach § 21 UmwStG innerhalb der Sperrfrist veräußert (oder ist ein Ersatzrealisationstatbestand erfüllt; § 22 Abs. 1 S. 6, ggf. i. V. m. § 22 Abs. 2 S. 6 UmwStG), gilt die Sacheinlage bzw. der Anteilstausch gem. § 22 Abs. 1 bzw. Abs. 2 UmwStG als zum gemeinen Wert durchgeführt (rückwirkende Besteuerung eines Einbringungsgewinns I bzw. II mit Abschmelzung um ein Siebtel nach jedem abgelaufenen Zeitjahr). Dass keine Sperrfristverletzung stattgefunden hat, muss der Einbringende jährlich spätestens bis zum 31. Mai gegenüber dem zuständigen FA nachweisen (§ 22 Abs. 3 S. 1 UmwStG). Unterbleiben diese Mai-Meldungen oder erfolgen sie nicht rechtzeitig, gelten die sperrfristbehafteten Anteile als veräußert mit der Folge, dass beim Einbringenden auf den Einbringungszeitpunkt eine rückwirkende Einbringungsgewinnbesteuerung durchzuführen ist (§ 22 Abs. 3 S. 2 UmwStG).
Rz. 258b
Werden die sperrfristbehafteten Anteile z. B. im Rahmen der vorweggenommenen Erbfolge unmittelbar oder mittelbar unentgeltlich auf eine natürliche Person übertragen, führt dies mangels Veräußerung nicht zu einer Sperrfristverletzung. Unschädlich wäre es auch, wenn durch den Beschenkten im Gegenzug Versorgungsleistungen zusagt würden. Das Nachversteuerungsrisiko eines Einbringungsgewinns I bzw. II trifft aber weiterhin ausschließlich den Schenker als ursprünglich Einbringenden. Der jeweilige Rechtsnachfolger tritt nur in die Sperrfrist ein und hat daher auch die Mai-Meldungen abzugeben (§ 22 Abs. 6 UmwStG). Der Schenker müsste z. B. bei einem Verkauf der Anteile durch den Beschenkten innerhalb der Sperrfrist den Einbringungsgewinn I bzw. II rückwirkend versteuern, könnte über den Kaufpreis allerdings nicht verfügen, weil dieser dem Beschenkten zufließt. Daher empfiehlt es sich, in dem Schenkungsvertrag eine Regelung aufzunehmen, wonach der Beschenkte die Mai-Meldungen rechtzeitig abzugeben hat und es ihm untersagt ist, die geschenkten Anteile innerhalb der siebenjährigen Sperrfrist zu veräußern.
Rz. 258c
Soll eine Kapitalgesellschaft in eine Personengesellschaft formwechseln, lässt sich auch dies nach §§ 9, 3ff. UmwStG (i. V. m. § 18 UmwStG) unter den entsprechenden Voraussetzungen auf Antrag ertragsteuerlich neutral zum Buchwert umsetzen. Ein Hindernis besteht jedoch insoweit, als bei einem Formwechsel in eine Personengesellschaft sämtliche offenen Rücklagen (Eigenkapital abzüglich Bestands des steuerlichen Einlagekontos) der Kapitalgesellschaft als fiktiv ausgeschüttet gelten (§ 7 UmwStG). Vollständig ertragsteuerlich neutral bliebe hingegen ein Formwechsel einer Kapitalgesellschaft in eine zur KSt-Besteuerung nach § 1a KStG optierende Personengesellschaft. Denn nach § 1 Abs. 1a S. 7 Nr. 2 KStG, der jüngst durch das Wachstumschancengesetz v. 27.3.2024 eingeführt worden ist, kann der Antrag zur KSt-BBesteuerung bei einem Formwechsel in eine Personengesellschaft bis zum Ablauf eines Monats nach Anmeldung des Formwechsels beim zuständigen Han...