Prof. Dr. Alexander Kratzsch
Rz. 1
Eine Vielzahl von DBA sehen Ausnahmen von dem Grundsatz vor, dass die Besteuerung im jeweiligen Quellenstaat vorzunehmen ist. Dies geschieht technisch, indem die Steuer des Quellenstaates auf einen bestimmten Prozentsatz beschränkt wird. In Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) ist daher häufig die zulässige Höhe von Abzugsteuern begrenzt, z. B. die der KapESt auf 15 %. Diese Begrenzung gilt auch für den SolZ, da er eine Steuer auf das Einkommen ist und damit unter den Geltungsbereich des jeweiligen DBA fällt. Nach dem DBA darf der gesamte Steuerabzug für Steuern vom Einkommen den in dem jeweiligen DBA genannten Satz nicht überschreiten. Das bedeutet also, wenn z. B. für den Steuerabzug vom Kapitalertrag ein Höchstsatz von 15 % festgelegt ist, dass dann die Summe von KapESt und SolZ nicht höher als 15 % sein darf. Dabei wird zuerst der SolZ gemindert, dann erst die "normale" Abzugsteuer. Das bedeutet, dass die abgezogenen 15 % nicht aus 5,5 % SolZ und 9,5 % KapESt bestehen, sondern aus 15 % KapESt und 0 % SolZ. Im Effekt verhindert die Grenze für die Abzugsteuern in den DBA die Erhebung des SolZ.
Rz. 2
Der Schuldner der Vergütung muss jedoch, ungeachtet der Begrenzung des Steuerabzugs in dem DBA, den Steuerabzug in voller Höhe vornehmen, also auch den SolZ einbehalten. Nach § 50d EStG ist der Gläubiger der Zahlungen grundsätzlich auf den Weg der Erstattung verwiesen. Die Erstattung erfolgt bei den Maßstabsteuern durch das BZSt; dies gilt nach § 1 Abs. 2 SolZG auch für den SolZ. Die Erstattung des SolZ ist also beim BZSt zu beantragen.
Rz. 3
Eine anteilige Kürzung auch der KapESt würde zu einer Schmälerung des Steueraufkommens der Länder und Gemeinden führen. Das Aufkommen des SolZ steht dagegen ausschließlich dem Bund zu. Die in DBA vorgesehene Kürzung nach § 5 SolZG trifft daher den Bund, indem die Kürzung, die im Erstattungsweg nach § 50d EStG wirksam wird, vorab den Bund trifft.
Steueraufkommen für Bund/Länder und Gemeinden
Ein beschränkt Stpfl. erzielt inländische Kapitalerträge i. H. v. 100.000 EUR. KapESt 25 % = 25.000 EUR, hierauf 5,5 % SolZ = 1.375 EUR. Nach dem für den Stpfl. geltenden DBA ist die höchste Steuerbelastung auf 15 % begrenzt.
KapESt 25.000 EUR + SolZ 1.375 EUR |
= 26.375 EUR |
abzüglich 15 % von 100.000 EUR |
= 15.000 EUR |
Erstattungsbetrag |
11.375 EUR |
Der Betrag von 1.375 EUR ist gem. § 5 SolZG vorab – zulasten des Bundes – abzuziehen, nur der Restbetrag i. H. v. 10.000 EUR (11.375 EUR ./. 1.375 EUR) vermindert das gemeinsame Bund/Länder- bzw. Gemeindeaufkommen. Auf diese Weise verbleibt den Ländern und Gemeinden durch die Regelung des § 5 SolZG ein höherer Anteil am Steueraufkommen.
Rz. 4
Lediglich für KapESt nach § 43b EStG und für Vergütungen nach § 50g EStG bestimmt § 50d Abs. 2 EStG, dass ein Steuerabzug nur mit dem nach dem DBA erlaubten Satz erfolgen bzw. unterbleiben kann. Der Vergütungsschuldner kann in den in § 50d Abs. 2 EStG genannten Fällen vom Steuerabzug absehen (§ 50d EStG Rz. 49). Voraussetzung ist, dass eine Freistellungsbescheinigung des BZSt vorliegt (§ 50d EStG Rz. 50ff.). Das gilt auch für den SolZ. Kann ein Steuerabzug unterbleiben oder mit einem niedrigeren Satz vorgenommen werden, weil eine Freistellungsbescheinigung vorliegt, wirkt dies auch für den Abzug des SolZ. Da bei Vorliegen einer Freistellungsbescheinigung durch das Unterbleiben des Steuerabzugs oder durch den Steuerabzug mit einem niedrigeren Satz die Bemessungsgrundlage für den Steuerabzug entfällt oder gemindert wird, entfällt oder mindert sich auch der Abzug des SolZ. Einer eigenen Freistellungsbescheinigung für den SolZ bedarf es dafür nicht. Eine Freistellungsbescheinigung nach § 50d Abs. 2 EStG wird aber mit Ablauf des Freistellungszeitraums gegenstandslos.