Leitsatz
Negative gewerbliche Einkünfte i.S. d. Tarifbegrenzungsvorschrift des § 32c EStG a.F., die ein Kommanditist aus einer Beteiligung an einer Seeschifffahrtsgesellschaft erzielt, sind nach § 9 Nr. 3 GewStG um 80 % zu kürzen.
Normenkette
§ 32c EStG 1999, § 9 Nr. 3 GewStG
Sachverhalt
Ein Schiffs-Fonds in der Rechtsform einer GmbH & Co. KG erzielte aus dem Betrieb eines im internationalen Verkehr eingesetzten Containerschiffs im Jahr 1999 Verluste. Einigen Gesellschaftern wurden im Hinblick auf Sonderbetriebseinnahmen gleichwohl positive Anteile an den Einkünften zugewiesen. Im Rahmen der gesonderten Feststellung der nach § 32c EStG a.F. tarifbegünstigten Einkünfte setzte das FA bei den Gesellschaftern mit positiven Einkünften nur 20 % als tarifbegünstigt an und berief sich dabei auf die gewerbesteuerliche Kürzung nach § 9 Nr. 3 S. 2 GewStG. Bei den Gesellschaftern mit negativen Einkünften stellte das FA den gesamten Verlustanteil als nach § 32c EStG tarifbegünstigt fest.
Die KG begehrte auch für die Gesellschafter mit Verlustanteilen die Berücksichtigung der Kürzung von 80 %. Nach erfolglosem Einspruch gab das FG der Klage statt (FG Hamburg, Urteil vom 10.03.2006, VII 165/05, Haufe-Index 1542968, EFG 2006, 1680).
Entscheidung
Der BFH bestätigte das FG-Urteil. Die Handhabung des FA hätte zur Folge, dass bei den Gesellschaftern positive Einkünfte aus anderen Gewerbebetrieben i.H. des Fünffachen der festgestellten Verlustanteile der KG der Tarifbegünstigung entzogen würden.
Hinweis
1. Das Urteil betrifft die im VZ 2000 letztmals gewährte Tarifkappung für gewerbliche Einkünfte nach dem damaligen § 32c EStG. Für spätere VZ hat die Entscheidung keine Bedeutung mehr, denn im Rahmen der typisierten GewSt-Anrechnung nach § 35 EStG tritt eine vergleichbare Rechtsfrage nicht mehr auf.
2. Führt man sich die Wirkung des alten § 32c EStG noch einmal vor Augen, verblüfft es zunächst, dass sich Streit an der Zuordnung von Verlustanteilen zu den tarifbegünstigten Einkünften entzünden kann. Ergab sich die Tarifbegünstigung doch dadurch, dass für gewerbliche Einkünfte der Spitzensteuersatz auf damals 47 % gekappt wurde. Verluste aus Gewerbebetrieb hätten naturgemäß selbst keine Tarifvergünstigung ausgelöst, aber auch keine Tarifbegünstigung anderer Einkünfte reduziert, weil nur gewerbliche Einkünfte begünstigt waren.
Dennoch konnten Verluste aus Gewerbebetrieb für die Tarifbegünstigung Bedeutung haben, nämlich wenn sie im Rahmen des horizontalen Verlustausgleichs andere positive Einkünfte aus Gewerbebetrieb minderten. Die Bemessungsgrundlage für die Tarifbegünstigung konnten allerdings nur solche negativen Einkünfte mindern, die bei besserem Geschäftsverlauf positive tarifbegünstigte Einkünfte gewesen wären. Es musste also auch bei einem Verlust entschieden werden, ob die Einkünfte tarifbegünstigt waren. Ein Steuerpflichtiger mit mehreren Gewerbebetrieben oder mitunternehmerischen Beteiligungen an Gewerbebetrieben hatte deshalb ein Interesse daran, dass möglichst wenig Verluste der Tarifbegünstigung zugeordnet wurden.
3. In concreto ging es um eine Ausnahme von der Tarifbegünstigung im Umfang der gewerbesteuerlichen Kürzung von Gewinnen aus dem Betrieb eines Handelsschiffs im internationalen Verkehr. Im Unterschied zur ESt unterliegen der GewSt nur die inländischen Einkünfte. Bei Handelsschiffen im internationalen Verkehr unterstellt § 9 Nr. 3 GewStG, dass 80 % der Einkünfte im Ausland erzielt worden sind, sodass 80 % des Gewerbeertrags gekürzt werden. Weil einkommensteuerlich tarifbegünstigt nur Gewinne sein sollten, die der GewSt unterlagen, sah § 32c EStG a.F. vor, dass gewerbliche Einkünfte im Umfang der gewerbesteuerlichen Kürzung nach § 9 Nr. 3 GewStG nicht tarifbegünstigt sein sollten.
4. Bei Erzielung eines Gewinns aus dem Betrieb eines Handelsschiffs im internationalen Verkehr wären also nur 20 % einkommensteuerlich tarifbegünstigt gewesen. Nicht anders kann es nach Meinung des BFH im Verlustfall sein: Auch nur 20 % der Verluste mindern die aus anderen positiven gewerblichen Einkünften gebildete Bemessungsgrundlage für die Tarifbegünstigung.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 24.04.2008, IV R 31/06