Leitsatz
1. Durchgehandelte und erschlossene Objekte sind gleichermaßen Zählobjekte für die Bestimmung des gewerblichen Grundstückshandels; hinsichtlich der sog. Drei-Objekt-Grenze sind sie zu addieren.
2. Gewerblicher Grundstückshandel kann auch vorliegen, wenn auf die Veräußerung des ersten Objekts eine mehr als zweijährige inaktive Phase folgt, in der die späteren Grundstücksgeschäfte noch nicht konkret absehbar sind und während der keine Grundstücke im Umlaufvermögen gehalten werden.
3. Eine Erklärung über den GewSt-Messbetrag ist – bis zum Ablauf der Festsetzungsfrist – auch dann abzugeben, wenn sich die Gewerblichkeit der ersten Veräußerung erst rückblickend aus dem Zusammenhang mit Grundstücksgeschäften in späteren Jahren ergibt.
Normenkette
§ 15 Abs. 2 EStG, § 2 Abs. 1 GewStG
Sachverhalt
Der Kläger erwarb im November 1991 einen Grundstücksanteil und veräußerte ihn wieder im Dezember 1993. Im Oktober 1994 wurde ihm in vorweggenommener Erbfolge Ackerland übertragen, das er 1996 in drei Bauplätze aufteilte und erschloss. Er veräußerte die Parzellen in der Zeit von April 1996 bis Januar 1997.
Das FA erließ einen erstmaligen GewSt-Messbescheid sowie einen ESt-Änderungsbescheid für 1993 und unterwarf den Gewinn aus der Veräußerung des Grundstücksanteils in 1993 der Besteuerung.
Entscheidung
Der BFH beurteilte ebenfalls bereits die Veräußerung in 1993 als gewerblich. Denn der Kläger hat vier Objekte verwertet, bei denen zwischen Erwerb bzw. Erschließung und Veräußerung nur ein bis zwei Jahre und zwischen der ersten Veräußerung 1993 und der vierten in 1997 nur wenig mehr als drei Jahre lagen.
Den konkreten Anlass für die Veräußerung in 1993 (u.a. Ehescheidung des Miteigentümers) sah der BFH als unerheblich an, da sich damit der Erwerb zumindest in bedingter Veräußerungsabsicht nicht widerlegen lässt.
Hinweis
Die Entscheidung bringt nichts grundlegend Neues, ist jedoch insofern von Bedeutung, als sie die Rechtsprechungsgrundsätze zur Abgrenzung der privaten Vermögensverwaltung vom gewerblichen Grundstückshandel "lehrbuchartig" zusammenfasst.
1. Der BFH hält an der Drei-Objekt-Grenze fest. Danach ist regelmäßig von einem gewerblichen Grundstückshandel auszugehen, wenn vor Ablauf von fünf Jahren seit Anschaffung/Errichtung mindestens vier Objekte veräußert werden und wenn zwischen den einzelnen Verwertungsmaßnahmen ebenfalls nicht mehr als fünf Jahre liegen. Die maximale zeitliche Distanz zwischen der Anschaffung/Errichtung des Erstobjekts und dem Verkauf des vierten Objekts beträgt danach zweimal fünf Jahre, also zehn Jahre.
2. Der Zeitraum von fünf bzw. zehn Jahren stellt keine starre Begrenzung dar. Geringfügige zeitliche Überschreitungen sind für die Gewerblichkeit daher unbeachtlich.
3. Die Drei-Objekt-Grenze hat nur indizielle Bedeutung. Auch bei Überschreiten der Grenze kann private Vermögensverwaltung vorliegen, wenn eindeutige Anhaltspunkte gegen eine von Anfang an bestehende Veräußerungsabsicht vorliegen. Umgekehrt kann die Veräußerung von weniger als vier Objekten gewerblich sein, wenn objektiv feststeht, dass das Objekt mit unbedingter Veräußerungsabsicht erworben oder bebaut wurde.
4. Zählobjekte i.S.d. Drei-Objekt-Grenze sind nicht nur Grundstücke im Alleineigentum der Steuerpflichtigen, sondern auch Miteigentumsanteile oder Beteiligungen an Grundstückspersonengesellschaften.
5. Die Veräußerung unentgeltlich oder durch Erbschaft erworbener Objekte bleibt unberücksichtigt. Sie wird jedoch gewerblich, wenn über die Veräußerung hinaus Aktivitäten zur Verbesserung der Verwertungsmöglichkeiten wie Erschließung, Baureifmachung oder Modernisierung entfaltet werden.
6. "Durchhandeln" (darunter versteht man die Weiterveräußerung ohne besondere Aktivitäten) sowie Erschließung und Bebauung sind für die Einhaltung der Drei-Objekt-Grenze gleichwertig und daher zu addieren.
7. Die vierte Veräußerung bewirkt die Gewerblichkeit der ersten Veräußerung, da sich die Überschreitung der Drei-Objekt-Grenze erst mit der vierten Veräußerung feststellen lässt.
Hat der Steuerpflichtige – wie häufig – für das Jahr der ersten Veräußerung keine Gewerbesteuererklärung abgegeben, bedeutet dies, dass die Festsetzungsfrist für den GewSt-Messbetrag erst mit Ablauf des dritten Jahrs nach dem Veräußerungsjahr beginnt.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 20.4.2006, III R 1/05