Strittig war seit jeher, in welcher Form der Nachweis einer kürzeren ND zu erbringen ist, da das Gesetz hierzu keine Angaben enthält. Das FG Köln vertrat die Auffassung, dass schärfere Anforderungen als bei der Schätzung der ND anderer Wirtschaftsgüter einer gesetzlichen Grundlage entbehren, da sich eine erhöhte Nachweispflicht aus dem Gesetz nicht ableiten lasse.
Voraussetzung ist nach der Gesetzesbegründung, dass "der Steuerpflichtige glaubhaft macht, dass die tatsächliche ND" kürzer sei. Nähere Anforderungen an diesen Nachweis legte die Legislative jedoch nicht fest, was in der Praxis regelmäßig zu Streitigkeiten zwischen Steuerpflichtigen und Finanzverwaltung führte.
Nach den damaligen EStR seien an den Nachweis "strenge Anforderungen" gestellt worden, dem der BFH nicht beipflichtete. In den meisten Fällen sei eine Schätzung unumgänglich, weil zumindest auch ungewisse künftige Ergebnisse zu beurteilen seien. "Demzufolge kann nicht Gewissheit über die kürzere ND, vielmehr nur größtmögliche Wahrscheinlichkeit verlangt werden."
Die ND bestimmende Faktoren: Die zu schätzende ND wird bestimmt durch
- den technischen Verschleiß,
- die wirtschaftliche Entwertung
- sowie rechtliche Gegebenheiten, welche die ND eines Gegenstands begrenzen können.
Feststellungslast: Der Steuerpflichtige hat für eine kürzere tatsächliche als die gesetzlich typisierte ND alle dafür sprechenden Umstände darzulegen. Er trägt die objektive Beweislast (Feststellungslast).
Bei der Schätzung haben alle – vom Steuerpflichtigen darzulegenden – technischen und wirtschaftlichen Umstände des betreffenden Objekts Berücksichtigung zu finden. Schätzungen des Steuerpflichtigen sind zu berücksichtigen, sofern diesen Erwägungen zugrunde liegen, wie sie ein vorsichtig überlegender und vernünftig wirtschaftender Steuerpflichtiger anstellt.Zu verwerfen seien sie nur, wenn sie eindeutig außerhalb des angemessenen Schätzungsrahmens liegen. Dies ist eine Frage der tatsächlichen Würdigung im Einzelfall, deren Beurteilung dem FG als Tatsacheninstanz obliegt.
Möglichkeit einer tatsächlichen Verständigung: Auf die ND eines Wirtschaftsguts – insbesondere eines Gebäudes – kann sich auch eine tatsächliche Verständigung beziehen, welche die Beteiligten auch für spätere Zeiträume, in denen sich der festgelegte Sachverhalt steuerlich auswirkt, bindet.
Beraterhinweis Ist eine wirksame Zusage bzw. tatsächliche Verständigung hierüber nicht erfolgt, ist das FA an einen akzeptierten zu hohen Abschreibungssatz nach dem Grundsatz der Abschnittsbesteuerung in späteren Jahren nicht gebunden, selbst wenn es über viele Jahre hinweg den falschen AfA-Satz angewandt hätte.
1. AfA-Tabelle
Die vom BMF herausgegebenen AfA-Tabellen berücksichtigen sowohl die technische als auch die wirtschaftliche ND eines Wirtschaftsguts und haben die Vermutung der Richtigkeit für sich, ohne dass sie für die Gerichte bindend wären. Sie eignen sich auch i.R.d. § 7 Abs. 4 S. 2 EStG und sind anzuwenden, soweit sie nach der Einschätzung des FG den Einzelfall vertretbar abbilden.
a) Grundsätzliches
Sie hätten
- für das FA den Charakter einer Dienstanweisung,
- während es sich für den Steuerpflichtigen um das Angebot der Verwaltung für eine tatsächliche Verständigung im Rahmen einer Schätzung handele, das er annehmen kann, aber nicht muss.
Solange die AfA-Tabelle die ND eines Wirtschaftsgutes im Einzelfall vertretbar abbildet, ist die Finanzverwaltung an die Erfahrungswerte der Tabelle im Rahmen einer tatsächli...