BFH schafft mehr Klarheit zu deren Nachweis
[Ohne Titel]
Dipl.-Finw. (FH) Matthias Ulbrich
Der Anteil von Gebäuden mit einem Baujahr 2011 oder jünger macht trotz konstanter Anzahl an Baugenehmigungen in den vergangenen zwei Jahrzehnten zumindest bei Wohnungen nur ca. 3 % aus; es überwiegt der Anteil der Altbauten. So war im Erhebungszeitraum 2018 ein Viertel der Wohnungen in Deutschland vor 1948 errichtet worden. Weitere 42,4 % wurden in den Nachkriegsjahren bis einschließlich 1978 gebaut. Somit waren im Erhebungszeitraum etwa zwei Drittel der Wohnungen in der Bundesrepublik Deutschland älter als 40 Jahre. § 7 Abs. 4 S. 2 EStG ermöglicht, bei Gebäuden höhere Absetzungen für Abnutzung (AfA) als die typisierten Prozentsätze zu berücksichtigen, falls die tatsächliche Nutzungsdauer (ND) kürzer ist, als die sich aus den fixen AfA-Sätzen rechnerisch ergebende. Strittig war seit jeher, in welcher Form der Nachweis einer kürzeren ND zu erbringen ist, da das Gesetz hierzu keine Angaben enthält. Nunmehr hat der BFH entschieden (BFH v. 28.7.2021 – IX R 25/19, BFH/NV 2022, 108), dass ein vom FA gefordertes Bausubstanzgutachten keine Voraussetzung ist.
A. Grundsätzliche (typisierte) Gebäude-AfA (§ 7 Abs. 4 S. 1 EStG)
Abweichend von der AfA in gleichen Jahresbeträgen i.S.d. § 7 Abs. 1 EStG, bei der die Anschaffungs- oder Herstellungskosten (AK/HK) auf die betriebsgewöhnliche ND verteilt werden, sind bei Gebäuden gem. Abs. 4 als AfA folgende typisierte Prozentsätze abzuziehen.
§ 7 Abs. 4 S. 1 Nr. 1 EStG: Bei Gebäuden,
- soweit sie zu einem Betriebsvermögen gehören und
- nicht Wohnzwecken dienen und
- für die der Bauantrag nach dem 31.3.1985 gestellt worden ist,
jährlich 3 %.
§ 7 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 EStG: In den übrigen Fällen ist der Zeitpunkt der Fertigstellung des Gebäudes maßgeblich:
- bei Fertigstellung vor dem 1.1.1925 sind als AfA jährlich 2,5 %,
- bei späterer Fertigstellung 2,0 %
der AK/HK abzuziehen.
Anmerkung: In dem Kontext erscheint fraglich, ob die bereits 1965 eingeführte gesetzliche Regelung nicht verjüngt werden und eine Anpassung hinsichtlich des Fertigstellungsdatums erfolgen sollte, um den Zweck der Unterscheidung (die Aufteilung in Altgebäude und neuere Gebäude) fortzuführen. Aus umwelt- und wirtschaftspolitischer Sicht dürfte eine solche Änderung vermutlich nicht gewünscht sein.
Unter § 7 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 EStG fallen somit Gebäude,
- die zu einem Privatvermögen gehören, unabhängig von ihrer Nutzung;
- die zu einem Betriebsvermögen gehören, aber Wohnzwecken dienen;
- für die der Bauantrag vor dem 1.4.1985 gestellt worden ist.
Beraterhinweis Auf betrieblich genutzte Gebäude, die sich im Privatvermögen befinden, kann angesichts der gesetzlichen Differenzierung die kürzere ND von 33 Jahren nicht ohne weiteres angenommen werden. Auch in der Gesetzesbegründung wurde dieser Ausschluss explizit bedacht und beabsichtigt.
B. AfA bei tatsächlich kürzerer ND (§ 7 Abs. 4 S. 2 EStG)
Der Gesetzgeber hat in § 7 Abs. 4 S. 2 EStG ausdrücklich die AfA nach der tatsächlichen ND zugelassen, falls sie kürzer als die sich rechnerisch ergebenden 33, 40 bzw. 50 Jahre ist.
Begründet hat er dies, weil es bei Betriebs- und ("in Ausnahmefällen") auch bei Wohngebäuden vorkomme, dass die tatsächliche ND nachweislich kürzer sei und es "in diesen Fällen zu unzureichenden Absetzungen (...) und (...