AfA von Gebäuden nach einer kürzeren tatsächlichen Nutzungsdauer
Praxis-Hinweis: Wann ist einen kürzere Nutzungsdauer und damit eine höhere AfA bei Gebäuden möglich - das BMF gibt einen Überblick
Am 28.7.2021 hat der BFH in der Rechtssache IX R 25/19 entschieden, dass Steuerpflichtige, die eine kürzere Restnutzungsdauer eines Gebäudes als die gesetzliche vorgesehene Nutzungsdauer geltend machen, dies anhand jeder Darlegungsmethode beweisen können, sofern diese im Einzelfall geeignet ist. Das BMF-Schreiben (BMF, Schreiben v. 22.2.23, IV C 3 – S 2196/22/10006:005) regelt die Anwendung dieser Rechtsprechung durch die Finanzverwaltung.
Das Schreiben gibt Steuerpflichtigen und ihren Beratern somit einen recht guten Überblick, wie sie vorgehen sollten, wenn im Einzelfall eine kürzere Restnutzungsdauer für ein Gebäude besteht. Allerdings hätte man sich, wenn man sich mit dem Schreiben auseinandersetzt, auch eine etwas leichtere Nachweismöglichkeit für Steuerpflichtig vorstellen können.
Letztlich läuft es im Regelfall darauf hinaus, dass der Steuerpflichtige das Gutachten eines öffentlich bestellten Sachverständigen oder bestimmter anderer Personen vorzulegen hat, um eine kürzere Nutzungsdauer geltend machen zu können. Dieses ist aber nicht ohne einen teils erheblichen Kostenaufwand zu erlangen, so dass im Einzelfall zu prüfen ist, ob sich der Aufwand lohnt. Das Schreiben ist nach der Veröffentlichung im Bundessteuerblatt auf alle offenen Fälle anzuwenden.
Hintergrund:
Nach § 7 Abs. 4 Satz 1 i.V.m. § 52 Abs. 15 EStG gelten für die Abschreibung von Gebäuden grundsätzlich feste Prozentsätze. Diese sind in ihrer Höhe zum einen davon abhängig, ob es sich um ein Betriebsgebäude handelt oder nicht sowie welche Nutzung erfolgt. Zudem spielt auch eine Rolle, wann im Einzelfall der Bauantrag gestellt wurde. Dies deshalb, weil die Sätze, die sich an der unterstellten Restnutzungsdauer des Gebäudes ausrichten, in der Vergangenheit immer wieder geändert wurden. Allerdings kann im Einzelfall auch eine von den unterstellten Nutzungsdauern abweichende, kürzere Restnutzungsdauer gelten. Es muss dann dem Steuerpflichtigen möglich sein, diese nachzuweisen. Wie dies geschehen kann, stellt das BMF ausgehend von dem oben aufgeführten Urteil des BFH dar.
BMF-Schreiben:
Der wesentliche Inhalt des BMF-Schreibens lässt sich wie folgt zusammenfassen:
- Abschnitt 1 (Tz. 1 des BMF-Schreibens) erläutert die Rechtslage. Die gesetzlich vorgesehene Restnutzungsdauer ist unabhängig vom Alter des Gebäudes. Letztlich ist die tatsächliche Nutzungsdauer eines Gebäudes regelmäßig länger als der AfA-Zeitraum.
- Abschnitt 2 (Tz. 2 bis 5) stellt klar, dass es in den begründeten Ausnahmefällen möglich sein muss, kürzere Restnutzungsdauern bei Gebäuden anzusetzen. Dies setzt voraus, dass die Nutzungsdauer im Einzelfall kürzer ist, als gesetzlich normiert. In Tz. 4 wird hierbei dargestellt welche Nutzungsdauern das Gesetz für die verschiedenen Gebäudearten und anhängig von der Stellung des Bauantrags vorsieht. Es handelt sich bei der Geltendmachung einer kürzeren Restnutzungsdauer um Optionsrecht des Steuerpflichtigen.
- Abschnitt 3 (Tz. 6 bis 1) erörtert, dass es für die Geltendmachung einer kürzeren Restnutzungsdauer eines konkreten Grundes im Einzelfall bedarf. Dies wird regelmäßig ein höherer technischer oder wirtschaftlicher Verbrauch sein, der prognostisch mit höchst möglicher Wahrscheinlichkeit zu bestimmen ist. Für die Bestimmung der tatsächlichen Restnutzungsdauer ist der Steuerpflichtige zu einem erhöhten Maß an Mitwirkung verpflichtet. Besonderheiten sind im Fall einer Abbruchabsicht zu beachten. Hierzu äußert sich das BMF in Tz 9.
- Abschnitt 3.1. (Tz. 10 bis 14) betrifft die Abschreibung von besonderen Betriebsgebäuden und bestimmten Gebäudeteilen, die selbstständige unbewegliche Wirtschaftsgüter sind. Dies betrifft insbesondere besondere Gebäude, Betriebsvorrichtungen und Mietereibauten. Für diese gelten anderen, kürzere Nutzungsdauer als Gebäude.
- Besonderheiten gelten, wie in Abschnitt 3.2. (Tz. 15 bis 16) erörtert wird, auch für Gebäude, bei denen die objektiven Umstände eine kürzere Nutzungsdauer vermuten lassen. Als Beispiel werden Musterhäuser genannt.
- Abschnitt 4 (Tz. 17 bis 21) setzt sich sodann mit der Frage auseinander, welche Kriterien für die Schätzung einer kürzeren Restnutzungsdauer in Betracht kommen. Dies sind regelmäßig ein höherer technischer Verschleiß aufgrund der Umstände im Einzelfall, eine wirtschaftliche Entwertung oder rechtliche Gegebenheiten, die die Nutzungsdauer des Gebäudes begrenzen.
- In Abschnitt 5 (Tz. 22 bis 24) betrifft schließlich die Frage, wie eine kürzere Nutzungsdauer nachzuweisen ist. Dieser ist regelmäßig durch die Vorlage eine Gutachtens eines öffentlich bestellten Sachverständigen oder bestimmter anderer Personen mit Sachkenntnis zu erbringen (Tz. 22). Hierbei ist auf die wesentlichen Elemente des Bauwerks einzugehen. Ein Bausubstanzgutachten ist aber nicht zwingend erforderlich (Tz. 23). Nicht ausreichend für den Nachweis ist nach Ansicht des BMF die Restnutzungsdauer aus einem Verkehrswertgutachten. Gleiches gilt für Modelle bzw. Modellansätze nach der ImmobilienwertermittlungsVO (Tz. 24).
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Korrigierend sei zum letzten Punkt darauf hingewiesen, dass der Nachweis auch durch Personen, die von einer nach DIN EN ISO/IEC 17024 akkreditierten Stelle als Sachverständige oder Gutachter für die Wertermittlung von Grundstücken nach entsprechender Norm zertifiziert worden sind, erbracht werden kann. (Tz 22, zweiter Halbsatz).
Zudem ist an dieser Stelle zu konkretisieren, dass nicht die Modellansätze der ImmoWertV als solche als ungeeignet eingeschätzt werden, sondern lediglich "der alleinige Verweis auf die Modellansätze...".