Handreichung zum Biodiversitätsmanagement veröffentlicht

Der ESRS E4 Biodiversität gilt im Vergleich zu den anderen themenspezifischen ESRS als besonders herausfordernd. Daher ist die Handreichung des RNE und DRSC für Aufsichtsräte zum Biodiversitätsmanagement besonders wertvoll, da sie eine gute Einführung und viele Praxisbeispiele bietet.

Im Bereich der Biodiversität fehlen bzw. versagen viele Abbildungssysteme und ökonomische Erfahrungen. Die Auseinandersetzung mit Kipppunkten und das komplexe Zusammenwirken vieler Faktoren macht die Befassung mit der Thematik für Management und Überwachung besonders komplex. Zudem enthält der ESRS E 4 Biologische Vielfalt und Ökosysteme selbst auch kaum weiterführende Informationen und ist mit Ausnahme der Kennzahlen zur Flächenversiegelung auch sehr offen formuliert, so dass die Unternehmen hier selbst tätig werden müssen, um die Angabepflichten sinnvoll zu erfüllen. 

Daher ist es besonders wertvoll, dass der Rat für Nachhaltige Entwicklung (RNE) und das DRSC eine Handreichung speziell für Aufsichtsräte zum Biodiversitätsmanagement veröffentlicht haben, in dem eine gute Einführung sowie auch viele relevante Praxisbeispiele gegeben werden. Da sich die Handreichung an Aufsichtsräte richtet, behandelt er zentrale Fragestellungen, die zusammen mit dem Vorstand diskutiert werden sollten.

Was sind die Haupttreiber des Biodiversitätsverlusts?

Die Haupttreiber für den Biodiversitätsverlust werden vor allem durch wirtschaftliche Aktivitäten verursacht, was mit Quellen unterlegt in folgenden Bereichen gesehen wird:

  1. Landnutzungsänderungen: Die Umwandlung natürlicher Lebensräume in landwirtschaftliche Flächen, Städte oder Infrastruktur zerstört und fragmentiert Ökosysteme, was zum Verlust biologischer Vielfalt führt.
  2. Direkte Ausbeutung natürlicher Ressourcen: Die übermäßige Nutzung von Ressourcen, wie Holz, Fischbeständen und Wildtieren, erschöpft Populationen und stört ökologische Interaktionsnetzwerke.
  3. Klimawandel: Steigende Temperaturen und zunehmende Wetterextreme führen zu Verschiebungen der Klimazonen und bedrohen das Überleben von Arten, die sich nicht schnell genug anpassen können.
  4. Umweltverschmutzung: Schadstoffe, wie Pflanzenschutzmittel, Plastikmüll und andere Chemikalien verschmutzen Lebensräume, vergiften Organismen und stören natürliche Prozesse in Ökosystemen.
  5. Ausbreitung invasiver Arten: Eingeführte Arten, die in neuen Gebieten keine natürlichen Feinde haben, verdrängen einheimische Arten und verändern die Struktur sowie Funktion von Ökosystemen.

Dabei wird festgehalten, dass der Verlust der Biodiversität kein unabwendbares Schicksal ist. Solange Arten noch nicht ausgestorben sind, können sie gerettet werden und die Bestände sich wieder erholen. Beispiel dafür ist die Zunahme der Populationen von Kranichen, Weißstörchen, Bibern und Fischottern in Deutschland. Auch Lebensräume können wiederhergestellt werden. Zwar ist es einfacher und günstiger, Lebensräume gar nicht erst zu zerstören, doch kann auch eine Renaturierung sehr wirksam für die Biodiversität sein.

Unternehmen wird ein immenser Beitrag zur Förderung der Biodiversität zugestanden, etwa indem sie ihre Geschäftsmodelle ändern sowie entsprechende Maßnahmen an den Standorten oder entlang der Lieferketten treffen. Dazu gehört z. B. die Ausweitung pflanzenbasierter Produkte im Sortiment, die Förderung der Biodiversität an den Unternehmensstandorten – etwa durch Blühwiesen oder regionale, fleischarme Gerichte in der Kantine – oder die Verwendung von nachhaltig, in biodiverser Produktion erzeugten Rohstoffen entlang der Lieferketten.

Der Inhalt der Handreichung von RNE und DRSC

Die Handreichung ist unterteilt in die Themengebiete

  • Governance und Organisation,
  • Resilienz des Geschäftsmodells,
  • Biodiversität an den eigenen Standorten sowie
  • Risiko in der Lieferkette und Rohstoffzufuhr.

Den Kapiteln werden jeweils 5 Fragen für die Diskussion mit dem Vorstand den Kapiteln vorangestellt und dann Beispiele aus der Unternehmenspraxis ergänzt.

Neben den Unternehmensbeispielen werden Bezüge zum Deutschen Corporate Governance Kodex sowie zur Nachhaltigkeitsberichterstattung nach der CSRD hergestellt, womit die Anforderung der Aufsichtsräte zur Prüfung der Berichte nach § 171 Abs. 1 AktG unterstützt wird.

Insgesamt zeigt der Leitfaden jedoch, dass das Thema Biodiversität im Vergleich zum Bereich Klimawandel, wo mit dem O2-Äquivalent immerhin eine Messgröße für Management und Berichterstattung zur Verfügung steht, noch in den Kinderschuhen steckt. Die Unternehmensbeispiel sind eher anekdotische Darstellungen, die zwar das jeweilige Bemühen ausdrücken, über die Biodiversität nachzudenken, aber kaum sinnvolle Ansätze zur echten Steuerung aufweisen.

Zur 36-seitigen Handreichung: Handreichung Biodiversitätsmanagement für Aufsichtsräte: Hintergründe und Fragestellungen zum praktischen Umgang mit dem komplexen Thema Biodiversität in Unternehmen


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