Ausgestaltung der Nachhaltigkeitsberichterstattung


Ausgestaltung der Nachhaltigkeitsberichterstattung

Inhaltlich sind erhebliche Angaben zu Chancen und Risiken im Kontext der Nachhaltigkeit notwendig. Besondere Herausforderung ist die Erweiterung der Berichtsperspektive auch auf die Lieferkette sowie die Wirkung des Unternehmenshandelns auf die gesamte Umwelt (Inside-Out-Perspektive).

Die inhaltliche Fortentwicklung der nichtfinanziellen Berichterstattung durch die Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) wird alleine dadurch deutlich, dass nun von einer Nachhaltigkeitsberichterstattung ("Sustainability Reporting") gesprochen wird. Nach Meinung der EU-Kommission soll die Verfügbarkeit und Verbindung der finanziellen und nichtfinanziellen Aspekte die Relevanz und Entscheidungsnützlichkeit der nichtfinanziellen Informationen stärken. Nach dem Vorschlag der EU Kommission sollen die Nachhaltigkeitsberichte insbesondere folgende Informationen beinhalten (Art. 19a Abs. 2 Bilanz-Richtlinie i.d.F. CSRD):

(a) eine kurze Beschreibung des Geschäftsmodells und der Strategie des Unternehmens, einschließlich Angaben:

  • zur Widerstandsfähigkeit von Geschäftsmodell und Strategie des Unternehmens gegenüber Risiken im Zusammenhang mit Nachhaltigkeitsaspekten;
  • zu den Chancen des Unternehmens im Zusammenhang mit Nachhaltigkeitsaspekten;
  • zur Art und Weise, einschließlich Durchführungsmaßnahmen und zugehörigen Finanz- und Investitionsplänen, wie das Unternehmen beabsichtigt sicherzustellen, dass sein Geschäftsmodell und seine Strategie mit dem Übergang zu einer nachhaltigen Wirtschaft und der Begrenzung der Erderwärmung auf 1,5 °C im Einklang mit dem am 12.12.2015 angenommenen Übereinkommen von Paris im Rahmen des Rahmenübereinkommens der Vereinten Nationen über Klimaänderungen (im Folgenden "Übereinkommen von Paris") und dem in der Verordnung (EU) 2021/1119 des Europäischen Parlaments und des Rates verankerten Ziel der Verwirklichung der Klimaneutralität bis 2050 vereinbar sind, und ggf. die Exposition des Unternehmens gegenüber Aktivitäten mit Bezug zu Kohle, Öl und Gas;
  • zur Art und Weise, wie das Unternehmen den Belangen seiner Interessenträger und den Auswirkungen seiner Tätigkeiten auf Nachhaltigkeitsaspekte in seinem Geschäftsmodell und seiner Strategie Rechnung trägt;
  • zur Art und Weise, wie die Strategie des Unternehmens im Hinblick auf Nachhaltigkeitsaspekte umgesetzt wird;

(b) eine Beschreibung der zeitgebundenen Nachhaltigkeitsziele, die sich das Unternehmen gesetzt hat, ggf. einschließlich der absoluten Ziele für die Verringerung der Treibhausgasemissionen mindestens für 2030 und 2050, eine Beschreibung der Fortschritte, die das Unternehmen im Hinblick auf die Erreichung dieser Ziele erzielt hat und eine Erklärung, ob die auf Umweltfaktoren bezogenen Ziele des Unternehmens auf schlüssigen wissenschaftlichen Beweisen beruhen;

(c) eine Beschreibung der Rolle der Verwaltungs-, Leitungs- und Aufsichtsorgane im Zusammenhang mit Nachhaltigkeitsaspekten sowie ihres Fachwissens und ihrer Fähigkeiten zur Wahrnehmung dieser Rolle oder ihres Zugangs zu solchem Fachwissen und solchen Fähigkeiten;

(d) einer Beschreibung der Unternehmenspolitik hinsichtlich Nachhaltigkeit;

(e) Angaben über das Vorhandensein von mit Nachhaltigkeitsaspekten verknüpften Anreizsystemen, die Mitgliedern der Verwaltungs-, Leitungs- und Aufsichtsorgane angeboten werden;

(f) eine Beschreibung

  • des vom Unternehmen mit Blick auf Nachhaltigkeitsaspekte und ggf. im Einklang mit den Anforderungen der Union für Unternehmen zur Durchführung eines Due-Diligence-Prozesses durchgeführten Due-Diligence-Prozesses;
  • der wichtigsten tatsächlichen oder potenziellen negativen Auswirkungen, die mit der eigenen Geschäftstätigkeit des Unternehmens und mit seiner Wertschöpfungskette, einschließlich seiner Produkte und Dienstleistungen, seiner Geschäftsbeziehungen und seiner Lieferkette, verknüpft sind, der Maßnahmen zur Ermittlung und Überwachung dieser Auswirkungen, und anderer negativer Auswirkungen, die das Unternehmen gem. anderen Anforderungen der Union für Unternehmen zur Durchführung eines Due-Diligence-Prozesses ermitteln muss;
  • jeglicher Maßnahmen des Unternehmens zur Verhinderung, Minderung, Behebung oder Beendigung tatsächlicher oder potenzieller negativer Auswirkungen und des Erfolgs dieser Maßnahmen;

(g) eine Beschreibung der wichtigsten Risiken, denen das Unternehmen im Zusammenhang mit Nachhaltigkeitsaspekten ausgesetzt ist, einschließlich einer Beschreibung der wichtigsten Abhängigkeiten in diesem Bereich, und der Handhabung dieser Risiken durch das Unternehmen;

(h) Indikatoren, die für die in den Buchstaben (a) bis (g) genannten Offenlegungen relevant sind.

Des Weiteren sieht die CSRD vor, dass die Unternehmen ihre qualitativen und quantitativen Informationen mit einem stärkeren Zukunftsbezug zu versehen haben, wobei die Aussagen auch deutlicher getrennt werden sollen auf einen kurz-, mittel- und langfristige Zeithorizont.

Berichtspflicht über die gesamte Wertschöpfungskette 

Es wird deutlich und für dann neu berichtspflichtige Unternehmen auch eine besondere Herausforderung, dass nicht nur das Unternehmen selber, sondern die gesamte Wertschöpfungskette des Unternehmens, einschließlich seiner eigenen Tätigkeiten, seiner Produkte und Dienstleistungen, seiner Geschäftsbeziehungen und seiner Lieferkette im Fokus der Berichterstattung stehen.

Dies ist auch bereits bekannt aus dem seit dem 1.1.2023 geltenden Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG). Während das deutsche Gesetz mit § 10 Abs. 2 LkSG einen gesonderten Sorgfaltspflichtenbericht verlangt, wird auf europäischer Ebene mit einem Richtlinienentwurf der Europäischen Kommission bereits eine Ausweitung der Sorgfaltspflichten im Rahmen der Lieferkette diskutiert (Corporate Sustainability Due Diligence Directive, sog. "EU-Lieferkettenrichtlinie"). Allerdings soll der Richtlinienentwurf als Ergänzung bereits bestehender EU-Vorschriften angesehen werden: Soweit andere EU-Vorschriften umfangreichere oder spezifischere Vorschriften enthalten, sind die Vorschriften der EU-Lieferkettenrichtlinie als nachrangig anzusehen. Daher werden die Anforderungen dieser Richtlinie dann auch künftig in die Nachhaltigkeitsberichterstattungsstandards integriert und es ist kein gesonderter Bericht nötig.

Bereits jetzt dürften von der erweiterten Berichtspflicht der Nachhaltigkeitsberichterstattung auch viele kleine und mittelgroße bzw. auch große Unternehmen jeder Rechtsform zumindest indirekt betroffen sein, wenn sie nur Teil der Lieferkette sind und dann an ein berichtspflichtiges Unternehmen auch bestehende Risiken etc. melden müssen, sodass diese entsprechend Bericht erstatten können.

Immerhin ist vorgesehen, dass berichtspflichtige Unternehmen von der Pflicht entbunden werden, im Rahmen ihrer übrigen Lageberichterstattung ebenfalls über nichtfinanzielle Leistungsindikatoren gem. § 289 Abs. 3 HGB (bzw. Art. 19 Abs. 1 der Bilanz-Richtlinie) zu berichten.

Wesentlichkeit: "Outside-In-Perspektive" und "Inside-Out-Perspektive"

Eine der größten Herausforderungen der bisherigen CSR-Richtlinie stellt die Auslegung des im Richtlinientext enthaltenen Wesentlichkeitsgrundsatzes dar.

  • Zu unterscheiden sind dabei einerseits die Wirkungen des Umfelds auf das Unternehmen ("Outside-In-Perspektive"), die im Rahmen des Risikomanagement regelmäßig von Unternehmen überwacht werden sollten.
  • Andererseits verlangt die EU nun aber eine Beachtung auch der Auswirkungen des Unternehmens auf sein Umfeld ("Inside-Out-Perspektive").

Dies ist bislang kaum im Fokus der Berichterstattung. Die EU begründet dies damit, dass diese sog. externalisierten Effekte nicht notwendiger Weise eine finanzielle Auswirkung (d.h. outside-in) auf das Unternehmen bedingen. Der bloße Wortlaut der CSR-Richtlinie legte eine Berichtspflicht aber nur für den Fall nahe, dass Informationen unter beiden Perspektiven als wesentlich zu beurteilen sind, wie es etwa auch der deutsche Gesetzgeber mit dem CSR-RUG explizit vorsah. Mit ihrem Nachtrag zu den Leitlinien für die nichtfinanzielle Berichterstattung vom Sommer 2019 versuchte die Europäische Kommission dieser Auslegung bereits entgegenzuwirken. Jetzt wird mit der CSRD klargestellt, dass Unternehmen in Zukunft beide Perspektiven im Rahmen ihrer Nachhaltigkeitsberichterstattung gleichberechtigt abdecken müssen. Dies ist auch der Stand der Entwicklung bei bestehenden Rahmenwerken zur Nachhaltigkeitsberichterstattung, wie der Global Reporting Initiative (GRI).

In eigener Sache: Seminartipp

Online-Seminar zur Wesentlichkeitsanalyse: Materialität als zentrales Element der Nachhaltigkeit und der Berichterstattung
16.2.2023 | 14:00 Uhr (90 min.)

Mit einer sog. Materialitäts- bzw. Wesentlichkeitsanalyse legen Sie den strategischen Baustein für die Umsetzung von Nachhaltigkeit in Ihrem Unternehmen. Im Materialitätsprozess identifizieren Sie die Nachhaltigkeitsthemen, welche für Ihre Organisation von besonderer Bedeutung sind. 

In diesem Online-Seminar lernen Sie die zentralen methodischen und inhaltlichen Anforderungen an die Materialitätsanalyse gem. CSRD kennen und erfahren insbesondere, wie Sie den Prozess praktisch angehen.

Zur Anmeldung

Praxis-Tipp: Inside-Out-Perspektive schon jetzt versuchen umzusetzen

In inhaltlicher Hinsicht bedeutet dies jedoch, dass der Umfang der Berichtsinhalte maßgeblich erweitert wird – und Unternehmen mit der Herausforderung konfrontiert sind, die als abstrakt und schwer quantifizierbar geltenden Auswirkungen einer "Inside-Out-Perspektive" genauer zu erfassen und in ihren Berichterstattungen abzubilden. Dies verursacht eine erhebliche Kostenbelastung, da dafür oftmals erst einmal geeignete Abbildungssysteme etabliert werden müssen. Es empfiehlt sich bereits jetzt mit den Entwürfen der ESRS oder den GRI, die einen beachtlichen und auch etwa von den DAX40-Konzernen bisher mehrheitlich angewendeten Set an Standards veröffentlicht haben, auseinanderzusetzen und bereits ganz konkret mit der Einrichtung entsprechender Abbildungssysteme für die Unternehmenssteuerung – etwa für die Verbrauchsmessung, die CO2-Belastung von Produkten etc. zu beginnen. Dabei können klassische Abbildungssysteme als Vorlage dienen, etwa die Systematik der Kosten- und Leistungsrechnung für die Zuordnung von während der Produktion entstandenem CO2 auf die einzelnen Produkte. Zum Thema "Green Controlling" gibt es zudem bereits vielfältige Ansätze. Dabei sollte von Anfang an konsequent auf die konvergente Ausgestaltung der Berichterstattung geachtete werden. Das IIRC fordert hier, dass ein integriertes Denken in die Geschäftspraxis aller Unternehmen eingebettet ist, was durch eine integrierte Berichterstattung als Unternehmensberichterstattungsnorm erleichtert wird.

Die veröffentlichten Entwürfe der zentralen ESRS bieten einen guten Einstieg in die Thematik, um den neuen Anforderungen an die Inhalte der Nachhaltigkeitsberichterstattung gewachsen zu sein.