Leitsatz
Zahlt eine Gemeinde dem Eigentümer eines bebauten Grundstücks in einem Sanierungsgebiet für den Abbruch des Gebäudes eine Gebäude-Restwertentschädigung, so ist diese Zahlung kein Entgelt für eine steuerbare und steuerpflichtige Leistung des Grundstückseigentümers an die Gemeinde (Abgrenzung gegenüber Abschn. 1 Abs. 11 Satz 1 UStR).
Normenkette
UStG 1980 § 1 Abs. 1 Nr. 1 , Richtlinie 77/388/EWG Art. 2 Nr. 1, Art. 6 Abs. 1 , BauGB a.F. § 147 Abs. 2 (BauGB n.F. § 146 Abs. 3)
Sachverhalt
Die Klägerin ist eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts; ihre Gesellschafter waren der Architekt A und die B Bau GmbH (B-GmbH).
Zweck der Gesellschaft sollte der Erwerb, die Aufteilung und Veräußerung von verschiedenen Grundstücken in einem Areal in T sein, auf dem ein Wohn- und Geschäftshaus mit Tiefgarage erstellt wurde.
Die Klägerin kaufte von der Stadt Grundstücke, die im Sanierungsgebiet Kernstadt 1 der Stadt T lagen.
Mit Bescheid vom 11.6.1980 legte das Regierungspräsidium für die Sanierungsmaßnahmen förderungsfähige Gesamtkosten von max. 3,2 Mio. DM fest. Die vom Land an die Stadt T geleisteten Zuwendungen wurden u.a. für die Freilegung von Grundstücken gewährt, wobei die durch die Beseitigung baulicher Anlagen Dritter ausgelösten und von der Gemeinde zu tragenden Entschädigungen zuwendungsfähig waren. Die Stadt T leistete in Anwendung dieser Förderrichtlinien aus diesem Fördertopf u.a. so genannte Gebäude-Restwertentschädigungen, die zuvor durch ein amtliches Verkehrswertgutachten festgelegt wurden. Hierfür war Voraussetzung, dass das Gebäude nach der internen Rahmenplanung zur städtebaulichen Erneuerung nicht erhaltenswert war und die geplante Neubebauung im Einklang mit den Zielsetzungen der Stadt stand.
Die Klägerin schloss mit der Stadt T gem. § 147 BauGB a.F. Verträge über die Durchführung von Ordnungsmaßnahmen im Sanierungsgebiet; danach trug der "Eigentümer" die Kosten des Abbruchs und die Abbruchfolgekosten; die Stadt T verpflichtete sich zur Zahlung einer Gebäude-Restwertentschädigung; der "Eigentümer" verpflichtete sich, "die Gebäude-Restwertentschädigung in Baumaßnahmen auf dem betreffenden Grundstück zu verwenden".
Entsprechend diesen Verträgen wurde auch verfahren.
Im Anschluss an eine Außenprüfung sah das Finanzamt in den vorgenannten Gebäude-Restwertentschädigungen Entgelte für steuerpflichtige Leistungen der Klägerin und unterwarf sie der Umsatzsteuer; steuermindernd berücksichtigte das FA Vorsteuerbeträge aus den Abbruchkosten.
Das Finanzgericht gab der nach erfolglosem Einspruch erhobenen Klage statt. Es verneinte einen Leistungsaustausch.
Mit der Revision rügt das FA Verletzung materiellen Rechts; es meint, gem. § 147 Abs. 1 Nr. 3 BauGB a.F. (§ 147 Nr. 3 BauGB n.F.) sei die Freilegung der Grundstücke originäre Aufgabe der Gemeinde gewesen; daneben habe sie auch die Neubebauung sicherzustellen gehabt; die Stadt T habe die Durchführung dieser Pflichtaufgaben der Klägerin vertraglich überlassen. Für die Entlastung von diesen Pflichtaufgaben habe sie der Klägerin ein Entgelt gezahlt.
Entscheidung
Der BFH hat, wie das FG, eine steuerpflichtige entgeltliche Leistung der Klägerin an die Stadt T verneint.
Die Besteuerung einer Lieferung oder sonstigen Leistung nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG setze einen Leistungsaustausch voraus. Der Leistende müsse seine Leistung erkennbar um der Gegenleistung willen erbringen und die Leistung müsse auf die Erlangung der Gegenleistung gerichtet sein. Zahlungen, durch die lediglich eine aus strukturpolitischen, volkswirtschaftlichen oder allgemeinpolitischen Gründen erwünschte Tätigkeit des Zahlungsempfängers gefördert werden soll, sind kein Entgelt für eine steuerbare Leistung.
Auch der EuGH gehe von diesen Grundsätzen bei seiner Rechtsprechung zu Art. 2 Nr. 1, Art. 6 Abs. 1 der 6. EG-Richtlinie aus. Nach Art. 2 Nr. 1 der 6. EG-Richtlinie unterliegen Lieferungen von Gegenständen und Dienstleistungen, die ein Steuerpflichtiger als solcher im Inland gegen Entgelt ausführt, der Mehrwertsteuer. Nach der Rechtsprechung des EuGH liegt eine derartige Dienstleistung vor, wenn sie an einen identifizierbaren Verbraucher erbracht wird oder einem anderen Beteiligten am Wirtschaftsleben einen Vorteil verschafft, der einen Kostenfaktor in dessen Tätigkeit bildet.
Nach diesen Grundsätzen bewertete der BFH auch die Zahlungen der Stadt an die Klägerin in Form sog. Gebäude-Restwertentschädigungen nicht als Entgelt für eine steuerpflichtige Leistung der Klägerin.
Wie sich aus den Verträgen ergebe, sollte mit den Beträgen der Wert der abgerissenen Gebäude ersetzt werden, so dass man mit dem FA von "Gebäude-Restwertentschädigungen" sprechen könne.
Die Zahlungen erfolgten – ähnlich wie die Vergütungen für die Aufgabe der Milcherzeugung oder die Apfelbaumrodungsprämien – im allgemeinen Interesse aus strukturpolitischen Gründen. Städtebauliche Sanierungsmaßnahmen lägen im öffentlichen Interesse; sie dienten der Behebung städtebaulicher Missstände (§ 136 BauGB).
Zwar könnten Zahlungen der öffentlichen Hand Entgel...