Leitsatz
1. Gebühren für die zweite Leichenschau sind kein Entgelt für Feuerbestattungsleistungen, wenn sie das Krematorium im Namen und für Rechnung ihrer Auftraggeber (z.B. Bestatter oder bestattungspflichtige Erben) verauslagt.
2. Durchlaufende Posten sind diese Gebühren auch dann, wenn das Krematorium die Beträge gesamtschuldnerisch mit dem Empfänger ihrer Leistung schuldet (anderer Ansicht Abschn. 10.4 Abs. 4 Satz 1 UStAE).
Normenkette
§ 1 Abs. 1, § 10 Abs. 1 UStG, Art. 79 Buchst. c MwStSystRL
Sachverhalt
Die Klägerin betrieb ein Krematorium. Gebühren, die für eine zweite Leichenschau anfielen, behandelte sie als durchlaufenden Posten. Das Finanzamt ging davon aus, dass die Gebühren für die zweite Leichenschau im Rahmen einer Feuerbestattung kein durchlaufender Posten, sondern Entgelt für steuerpflichtige Umsätze sei und änderte den Umsatzsteuerbescheid 2009 entsprechend. Das Finanzgericht (FG Münster vom 10.12.2013, 15 K 2774/12 U, Haufe-Index 6462287, EFG 2014, 385) gab der Klage statt. Die Gebühr für die zweite Leichenschau sei ein durchlaufender Posten.
Entscheidung
Die Revision des FA war unbegründet. Nach dem Urteil des BFH hat das FG zu Recht entschieden, dass die Gebühren für die zweite Leichenschau nicht in das Entgelt für die Feuerbestattungsleistungen der Klägerin einzubeziehen sind.
Hinweis
1. Durchlaufende Posten gehören nach § 10 Abs. 1 Satz 6 UStG nicht zum Entgelt. Dabei handelt es sich um Beträge, die der Unternehmer im Namen und für Rechnung eines anderen vereinnahmt und verausgabt. Unionsrechtlich beruht dies auf Art. 79 Buchst. c MwStSystRL. Danach sind Beträge, die ein Steuerpflichtiger vom Leistungsempfänger als Erstattung der in dessen Namen und für dessen Rechnung verauslagten Beträge erhält und die in der Buchführung des Steuerpflichtigen als durchlaufende Posten behandelt sind, nicht in die Steuerbemessungsgrundlage einzubeziehen.
2. Die Verauslagung in fremdem Namen und für fremde Rechnung setzt voraus, dass unmittelbare Rechtsbeziehungen zwischen zwei Beteiligten bestehen, in die der Unternehmer nur als vermittelnde Person (Zahlstelle) zwischengeschaltet ist. Zudem ist ein eindeutiger Nachweis der Betätigung des Unternehmers als Zwischenperson oder Vermittler für die Beteiligten, zwischen denen die unmittelbaren Rechtsbeziehungen bestehen, erforderlich. Daher müssen der Zahlungsverpflichtete und der Zahlungsberechtigte jeweils den Namen des anderen und die Höhe des gezahlten Betrages erfahren.
3. Unerheblich ist entgegenAbschn. 10.4 Abs. 4 Satz 1 UStAE, ob der Unternehmer die als durchlaufenden Posten zu behandelnde Gebühr als Gesamtschuldner schuldet.
4. Der Unternehmer muss die in fremdem Namen und für fremde Rechnung vereinnahmten Beträge in seiner Buchführung auch als durchlaufende Posten behandeln. Aus § 10 Abs. 1 Satz 6 UStG ergibt sich diese auf Art. 79 Buchst. c MwStSystRL beruhende Voraussetzung zwar nicht ausdrücklich. § 10 Abs. 1 Satz 6 UStG ist aber richtlinienkonform auszulegen. Dem Unternehmer steht damit ein Wahlrecht zu, ob er die im Namen und für Rechnung seiner Leistungsempfänger verauslagten Beträge als durchlaufenden Posten oder als Teil der Besteuerungsgrundlage erfasst. Erfasst er die verauslagten Beträge nicht explizit als durchlaufenden Posten, gehören sie zur Bemessungsgrundlage für seine Leistung.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 3.7.2014 – V R 1/14