Dipl.-Finanzwirt Christian Ollick
Leitsatz
Undurchsichtige Auslandsgeschäfte, eine gelöschte Limited, die weiterhin Ausgangsrechnungen schreibt und ein Geschäftsführer, der von der Löschung zunächst nichts erfahren haben will - in diesem brisanten Fall hat nun das Finanzgericht Berlin-Brandenburg entschieden, dass die umsatzsteuerlichen Folgen nicht auf die Limited abgewälzt werden können. Als Steuerschuldner muss sich der Geschäftsführer verantworten.
Sachverhalt
Der klagende Unternehmer war Geschäftsführer einer englischen Limited mit Londoner Geschäftsadresse, die am 16.08.2005 im englischen Handelsregister (sog. Companies House) gelöscht worden war. Durch eine Kontrollmitteilung fiel dem Finanzamt auf, dass die Limited nach ihrer Löschung noch erhebliche Umsätze aus dem Verkauf von Glücksspielgeräten erzielt hatte; die zugrunde liegenden Ausgangsrechnungen der Limited datierten aus Ende 2005. Im Zuge einer Steuerfahndungsprüfung wurden beim Geschäftsführer weitere im Nachgang der Liquidation ausgestellte Ausgangsrechnungen (datiert bis Mitte 2007) aufgefunden. Das Finanzamt rechnete dem Geschäftsführer die nach der Liquidation erwirtschafteten Umsätze als Einzelunternehmer zu und setzte Umsatzsteuer von 22.600 EUR fest. Im Einspruchsverfahren erklärte dieser, dass er erst in 2006 von der Löschung der Limited erfahren habe. Er vertrat den Standpunkt, die Umsätze müssten noch der Limited zugerechnet werden.
Entscheidung
Das Finanzgericht entschied, dass das Finanzamt zu Recht den Geschäftsführer als Steuerschuldner herangezogen hatte. Zwar kann eine englische Limited auch nach ihrer Löschung noch umsatzsteuerlicher Unternehmer sei, soweit sie Umsätze im Rahmen ihrer (Nachtrags-) Liquidation bewirkt. Im Urteilsfall haben sich die nachträglichen Umsätze nach Gerichtsmeinung aber gerade nicht im Rahmen einer solchen Liquidation bewegt. Denn folgt man dem Vortrag des Geschäftsführers, wonach er tatsächlich erst im Jahre 2006 von der Liquidation erfahren hat, so musste es ihm beim Tätigen der nachträglichen Umsätze Ende 2005 an dem Willen gefehlt haben, im Rahmen einer Liquidation tätig zu sein. Selbst wenn man unterstellt, dass er rechtzeitig von der Liquidation gewusst hatte, handelte er in 2005 ebenfalls ohne Abwicklungswillen, weil die Limited noch bis in das Jahr 2007 hinein Rechnungen gestellt hat.
Hinweis
Das Finanzgericht ließ die Revision zu, ein Aktenzeichen des BFH ist noch nicht bekannt.
Für die vergleichbare Situation einer GmbH, die wegen Vermögenslosigkeit im Handelsregister gelöscht wurde, ist höchstrichterlich geklärt, dass diese für Zwecke einer (Nachtrags-)Liquidation umsatzsteuerlich rechtsfähig bleibt. Das nach der Löschung verbleibende Wirtschaftsgebilde ist nach dem BFH-Urteil vom 09.12.1993 (Az.: V R 108/91) umsatzsteuerlich als Unternehmer anzusehen, bis die Gegenstände der GmbH das Unternehmen verlassen haben.
Link zur Entscheidung
FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 24.11.2015, 7 K 7108/13