Der Gesetzgeber hat in § 55a GmbHG nur die Anforderungen an die Ermächtigungsgrundlage geregelt, nicht jedoch die Ausnutzung des genehmigten Kapitals.
Orientierung an aktienrechtlichem Vorbild der §§ 202 ff. AktG: Die Regelung des § 55a GmbHG orientiert sich an dem aktienrechtlichen Vorbild der §§ 202 ff. AktG, so dass die Grundsätze des Aktienrechts bei Zweifelsfragen herangezogen werden können (OLG München v. 23.1.2012 – 31 Wx 457/11, GmbHR 2012, 329; zum genehmigten Kapital im Aktienrecht: Heckschen im Beck’schen Notarhandbuch, 7. Aufl. 2019, § 23 Rz. 464 ff.). Beachten Sie: Allerdings dürfen aktienrechtliche Besonderheiten der Übertragung auf das GmbH-Recht nicht entgegenstehen (so ist z.B. das Erfordernis der Volleinzahlung des bisherigen Stammkapitals nicht auf die GmbH zu übertragen, hierzu Terbrack, DNotZ 2012, 917 [926]; sofern die GmbH einen Aufsichtsrat hat, findet auch § 202 Abs. 3 S. 2 AktG keine Anwendung, so dass weder eine Berichtserstattung an den Aufsichtsrat notwendig ist noch dessen Zustimmung eingeholt werden muss, hierzu Bayer in Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 20. Aufl. 2020, § 55a Rz. 17).
Die einzelnen Schritte: Die Ausnutzung des genehmigten Kapitals erfolgt in folgenden Schritten:
- Vorabbericht gegenüber den Gesellschaftern: Das Erfordernis der vorherigen Berichterstattung der GF an die Gesellschafter ist umstritten (s.o.), aus Vorsichtsgründen jedoch zu empfehlen. Allerdings können die Gesellschafter im Ermächtigungsbeschluss auf eine Berichterstattung verzichten (Bayer in Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 20. Aufl. 2020, § 55a Rz. 17).
- Beschluss der Geschäftsführung über die Ausnutzung des genehmigten Kapitals: In den Grenzen des Ermächtigungsbeschlusses und vorbehaltlich späterer Weisungen der Gesellschafter können die GF nach eigenem Ermessen über die Modalitäten der Kapitalerhöhung entscheiden. Allerdings ist das Bezugsrecht der Gesellschafter (analog § 203 Abs. 1 S. 1 i.V.m. § 186 Abs. 1 AktG) zu beachten, sofern der Ermächtigungsbeschluss nicht vorsieht, dass das Bezugsrecht ausgeschlossen ist oder die Entscheidung des Bezugsrechtsausschlusses den GF überlassen wird (zur Zulässigkeit einer solchen Ermächtigung: OLG München v. 23.1.2012 – 31 Wx 457/11, GmbHR 2012, 329). Unabhängig hiervon müssen die GF gegenüber den Gesellschaftern den Gleichbehandlungsgrundsatz wahren (hierzu: Wicke, GmbHG, 4. Aufl. 2020, § 55a Rz. 13 und § 13 Rz. 24).
- Abschluss von Übernahmeverträgen: Für die Übernahmeerklärungen der Gesellschafter und die Annahmeerklärungen der GmbH gelten die allgemeinen Anforderungen (hierzu Langenfeld/Miras, GmbH Vertragspraxis, 8. Aufl. 2019, Rz. 1442 mit einem Muster unter Rz. 1436).
- Leistungen der Einlagen: Auch diesbezüglich gelten keine Besonderheiten (zu den Einzelheiten der Einlagenleistung bei der Kapitalerhöhung: Heckschen/Löffler in Wachter, Praxis des Handels- und Gesellschaftsrechts, 5. Aufl. 2021, § 10 Rz. 344 ff.).
- Registeranmeldung: Abschließend ist die Durchführung der Kapitalerhöhung zum Handelsregister anzumelden (hierzu das nachfolgende Muster mit Anmerkungen).
- Einreichung der Gesellschafterliste: Nach Eintragung der Kapitalerhöhung ist die neue Gesellschafterliste gem. § 40 Abs. 1 GmbHG einzureichen, die durch den GF zu unterzeichnen ist. Hat hingegen der Notar die Registeranmeldung entworfen, ist er nach § 40 Abs. 2 GmbHG zuständig (str., wie hier Heckschen/Löffler in Wachter, Praxis des Handels- und Gesellschaftsrechts, 5. Aufl. 2021, § 10 Rz. 381; a.A. – generelle Zuständigkeit des Notars nach § 40 Abs. 2 GmbHG – Wicke, GmbHG, 4. Aufl. 2020, § 55a Rz. 15; Herrler, DNotZ 2008, 903 [910]). Bis zu einer Klärung durch die Rechtsprechung sollten Notar und GF vorsorglich die Liste unterzeichnen (zur Zulässigkeit dieses Vorgehens: OLG Hamm v. 16.2.2010 – I/15 W 322/09, GmbHR 2010, 430).