Prof. Dr. Stefan Müller, Laura Peters
Rz. 1
Bei der Fragestellung, inwieweit Vermögensgegenstände im Jahresabschluss anzusetzen, zu bewerten und auszuweisen sind, bieten die Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung durch § 243 Abs. 1 HGB eine Leitlinie. So ist bei der Aufstellung des Jahresabschlusses trotz des in § 246 Abs. 1 HGB grundsätzlich geltenden Vollständigkeitsgebots (was den Ansatz aller Vermögensgegenstände verlangt) unter anderem auch der Aspekt der Wirtschaftlichkeit und der damit eng verbundene Grundsatz der Wesentlichkeit zu berücksichtigen.
Nach dem Grundsatz der Wirtschaftlichkeit, darf der Aufwand für die Informationsbereitstellung des Jahresabschlusses den damit verbundenen Informationsnutzen für die Adressaten nicht übersteigen. Die Aufstellung hat demnach unter einer Verhältnismäßigkeitsprüfung von Kosten und Nutzen zu erfolgen. Verbunden ist der Grundsatz der Wirtschaftlichkeit eng mit dem der Wesentlichkeit. Auf die Darstellung von Informationen darf aus wirtschaftlichen Gründen nicht verzichtet werden, wenn diese von wesentlicher Bedeutung sind. Der Jahresabschluss beinhaltet daher nur wesentliche Tatbestände. Als wesentlich wird ein Tatbestand definiert, wenn dieser von Relevanz ist, also die Entscheidungen des Adressaten beeinflussen könnte. Im Hinblick auf die Wirtschaftlichkeit und Wesentlichkeit ist bei der Aufstellung qualitativ zu bewerten, ob und inwieweit andere Grundsätze und Rechnungslegungsvorschriften zu berücksichtigen sind. Obwohl der Grundsatz der Wesentlichkeit nicht gesetzlich normiert ist, ergibt sich dieser als Teil der GoB und gilt damit für Ansatz, Bewertung und Ausweis gleichermaßen. Ein Beispiel für die Anwendung des Grundsatzes der Wirtschaftlichkeit und dem der Wesentlichkeit ist der Anwendungsbereich der sogenannten geringwertigen Wirtschaftsgüter (kurz GWG), für welche im Handelsrecht keine eigene Regelung besteht. Daher muss bei der Aufstellung für jedes Unternehmen eine Mindestgröße für abnutzbare Vermögensgegenstände im Zusammenhang mit dem Umgang mit der Wirtschaftlichkeit und Wesentlichkeit gefunden werden. In aller Regel – und auch um einen Gleichlauf zwischen der handelsrechtlichen und steuerlichen Bilanzierung zu erreichen – werden in der Praxis die Regelungen aus § 6 Abs 2 und Abs. 2a EStG zu geringfügigen Wirtschaftsgütern übernommen, was als GoB.
angesehen werden kann. Davon ging zumindest der Gesetzgeber auch bei der Anwendung eines Sammelpostens beim BilMoG aus,
und dies betrifft auch die zwischenzeitliche Erhöhung der Schwellenwerte.
Rz. 2
Demnach dürfen abnutzbare bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens im Jahr der Anschaffung, Herstellung oder Einlage in voller Höhe als Betriebsausgabe abgezogen werden, sofern sie
- zu einer selbstständigen Nutzung fähig sind und
- die Anschaffungs- oder Herstellungskosten die Grenze von 800 EUR (netto; der Gesetzgeber plant eine Erhöhung; Rz. 28) nicht übersteigen.
Abweichend davon kann nach § 6 Abs. 2a EStG für abnutzbare bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens, deren Anschaffungs- oder Herstellungskosten 250 EUR (netto) aber nicht 1000 EUR (netto) übersteigen ein Sammelposten gebildet werden (sogenannte Poolbildung), welcher über 5 Jahre erfolgswirksam aufzulösen ist. Dementsprechend wird der Sammelposten im Jahr der Bildung und den 4 folgenden Jahren zu je einem Fünftel und somit unabhängig von der individuellen Nutzungsdauer der Wirtschaftsgüter aufgelöst.
Mit der Vorschrift des § 6 Abs. 2 EStG erzielt der Gesetzgeber eine Vereinfachung der betrieblichen Rechnungslegung, eine Entlastung der Buchführung und Bilanz sowie einen positiven Liquiditätseffekt für die Unternehmen.
Für § 6 Abs. 2a EStG trifft zwar die Vereinfachung zu, häufig aber nicht der positive Liquiditätseffekt, da die Nutzungsdauer der im Pool gesammelten Wirtschaftsgüter kürzer als die 5 Jahre sind. Daher plant der Gesetzgeber hier eine Anpassung (Rz. 28).