Dr. Gerlind Wendt, Michael Wendt
Leitsatz
Von einem in der Rechtsform einer gewerblich geprägten KG geführten Immobilienfonds gezahlte Eigenkapitalvermittlungsprovisionen sind in der Steuerbilanz der KG in voller Höhe als Anschaffungs- oder Herstellungskosten der Fondsimmobilie zu behandeln, wenn sich die Kommanditisten aufgrund eines vom Projektanbieter vorformulierten Vertragswerks an dem Fonds beteiligen (Abweichung von Tz. 7.1 i.V.m. Tz. 7.8 des BMF-Schreibens vom 31.8.1990, BStBl I 1990, 366; sog. 4. Bauherren-Erlass).
Normenkette
§ 4 Abs. 4 AO , § 5 Abs. 1 Satz 1 AO , § 42 AO
Sachverhalt
Ein geschlossener Immobilienfonds war in der Rechtsform einer GmbH & Co. KG gegründet worden. Die KG beauftragte zwei Vermittler, die zugleich Gründungskommanditisten waren, mit der Einwerbung des benötigten Kommanditkapitals von ca. 11 Mio. DM. Die Vermittler sollten eine Provision von 24 % des vermittelten Kommanditkapitals erhalten. Diese Provisionen behandelte die KG als Betriebsausgabe und zugleich als Sonderbetriebseinnahme der Vermittler. Das FA wendete den sog. 4. Bauherrenerlass des BMF an und ließ zum Abzug als Betriebsausgabe nur 6 % des vermittelten Kapitals zuzüglich Agio zu. Den Restbetrag behandelte das FA als Herstellungskosten des vom Fonds errichteten Gebäudes.
Nachdem das FG der Klage stattgegeben und die gesamte Provision als Betriebsausgabe anerkannt hatte, war die dagegen erhobene Revision des FA erfolgreich.
Entscheidung
Der zur Entscheidung berufene IV. Senat des BFH hatte zunächst den Großen Senat angerufen, weil er ebenso wie das FG entscheiden wollte. Damit wäre er nach seiner Auffassung von der Rechtsprechung des IX. Senats abgewichen, der Eigenkapitalvermittlungsprovisionen in ähnlichen Fällen rein vermögensverwaltender Fondsgesellschaften nicht zum sofortigen Abzug zugelassen hat. Bevor der Große Senat entscheiden konnte, zog der IV. Senat jedoch seine Vorlage zurück und schloss sich der Rechtsprechung des IX. Senats an. Er hob dementsprechend das FG-Urteil auf und wies die Klage ab.
Zur Begründung führte er aus, bei Anlagemodellen dieser Art seien alle Aufwendungen aus der Sicht des Anlegers als Anschaffungs- und Herstellungskosten der Fondsimmobilie zu beurteilen. Die Eigenkapitalvermittlungsprovision müsse von der Gesellschaft in der Steuerbilanz aktiviert werden. Eine Teilwertabschreibung komme nicht in Betracht.
Hinweis
Die Anlage in geschlossene Immobilienfonds hat heute stark an Bedeutung verloren. Deshalb ist das Interesse an der steuerlichen Behandlung dieser Fonds ebenfalls zurückgegangen. Das Besprechungsurteil wird aber in mehrfacher Hinsicht Aufmerksamkeit auch über die Branche der Immobilenfonds hinaus erregen:
1. Erstmals in dieser Entscheidung und dem damit in Zusammenhang stehenden BFH-Urteil vom 8.5.2001, IX R 10/96 (in diesem Heft, Seite 329) stützt sich der BFH für die Behandlung der verschiedenen bei Anlagemodellen konstruierten "Gebühren" auf § 42 AO. Als wirtschaftlich angemessen beurteilt er stattdessen die Vereinbarung eines einheitlichen Kaufpreises für die Beteiligung. Sofort abziehbare Werbungskosten oder Betriebsausgaben fallen danach nicht mehr an; die gesamten Aufwendungen sind Anschaffungs- oder Herstellungskosten.
2. Zum wiederholten Mal widerspricht der BFH dem 4. Bauherrenerlass des BMF. Dort werden Eigenkapitalvermittlungsprovisionen anteilig als Betriebsausgabe oder Werbungskosten anerkannt, nämlich in Höhe von 6 % des vermittelten Eigenkapitals zuzüglich Agio. Als Anleger kann man sich zwar weiter auf diesen Erlass berufen, so lange er noch in dieser Form existiert. Es muss aber damit gerechnet werden, dass sich die Finanzverwaltung nun der Rechtsprechung des BFH nicht mehr widersetzt und den Erlass für die Zukunft entsprechend abändern wird.
3. Der IV. Senat des BFH macht ebenso wie der IX. Senat deutlich, dass es eine unterschiedliche Behandlung von Fonds je nachdem, ob sie wegen gewerblicher Prägung Einkünfte aus Gewerbebetrieb erzielen oder aber nicht gewerblich geprägt sind, weitgehend vermieden werden soll. Ein Unterschied besteht aber weiterhin insoweit, als beim gewerblichen Fonds die stillen Reserven steuerverhaftet sind, während bei reiner Vermögensverwaltung außerhalb der Fristen des § 23 EStG keine Besteuerung der stillen Reserven stattfindet. Diese steuerliche Frage wird neben zivilrechtlichen Haftungsfragen weiter für die Wahl der Rechtsform von Bedeutung sein.
4. Aus der Behandlung von Immobilienfondsgesellschaften sollten keine weitergehenden Schlüsse bilanzsteuerrechtlicher Art gezogen werden. Das Besprechungsurteil enthält weder eine Abkehr von dem bisherigen Begriff der Anschaffungskosten noch von der Behandlung von Eigenkapitalvermittlungsprovisionen einer gewerblichen KG.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 28.6.2001, IV R 40/97