Beschäftigte in Unternehmen und Behörden nehmen Missstände oftmals als erste wahr und können durch ihre Hinweise dafür sorgen, dass Rechtsverstöße:
- aufgedeckt,
- untersucht,
- verfolgt und
- unterbunden
werden. Sie übernehmen Verantwortung für die Gesellschaft und verdienen daher Schutz vor Benachteiligungen, die ihnen wegen ihrer Meldung drohen oder sie davon abschrecken können.
Hinweisgeberschutzgesetz (HinSchG-E): Das daher vom Bundestagskabinett durch den Regierungsentwurf (RegE) eingebrachte Hinweisgeberschutzgesetz (HinSchG-E) soll für sie daher zukünftig ein kohärentes Schutzsystem bieten. Es soll aber letztlich auch Unternehmen und Behörden selbst schützen. Durch frühzeitiges Einschreiten lassen sich Haftungsansprüche und Reputationsschäden nämlich bereits präventiv vermeiden, die mit einer späteren externen Aufdeckung möglicherweise verbunden wären.
Beraterhinweis Ein effektiver Hinweisgeberschutz kann so auch ein wesentlicher Baustein für ein gutes Compliance-System sein, das eine positive Fehlerkultur stärkt.
Menschen, die sich dafür einsetzen, Informationen der Öffentlichkeit zugänglich zu machen, die dem öffentlichen Interesse und dem Allgemeinwohl dienen,
- müssen dabei unterstützt und
- vor Strafverfolgung und dienst- oder arbeitsrechtlichen Konsequenzen (wie Kündigung) geschützt
werden. Das sog. "Whistleblowing" als Beitrag zur Rechtsdurchsetzung bedarf hierbei wirksamer gesetzlicher Regulierung sowie wirksamen Schutzes von Hinweisgeber/-innen, die auf rechtswidrige Vorgänge und Missstände in privaten und öffentlichen Einrichtungen, Unternehmen wie Behörden aufmerksam machen.
(Wirtschafts-)Skandale der letzten Jahre: Skandale – wie der Cum/Ex-Steuerbetrug und die massenweise Abgasmanipulation bei Diesel-Pkw – wären längst aufgeklärt oder hätte es vermutlich so nicht gegeben, wenn Mitarbeiter/-innen ohne Angst vor Jobverlust, ohne Angst vor existenzvernichtender Schadensersatzfolge oder gar Strafverfolgung zunächst betriebs- oder behördenintern (bei tatsächlich funktionierendem Compliance-System) gegenüber zuständigen (anderen) Behörden und notfalls öffentlich über einen entsprechenden Betrug hätten informieren können. Auch der Gammelfleisch-Skandal oder Missstände im Pflegebereich, abenteuerliche Steuervermeidungskonstruktionen in Luxemburg & Co. oder der NSA-Überwachungs- und Geheimdienstskandal wären ohne Hinweise letztlich nicht aufgedeckt worden.
Es geht letztlich:
- nicht nur darum, die Gesellschaft zu schützen,
- sondern es geht zugleich darum, Unternehmen und Behörden zu schützen. Auch diese können kein Interesse daran haben, dass Missstände, rechtswidrige Zustände oder möglicherweise sogar die Begehung strafbarer Handlungen in ihren Unternehmen oder Behörden andauern.
Deshalb ist ein solches Hinweisgeberschutzgesetz dringend erforderlich. Die bestehenden punktuellen und inkonsistenten gesetzlichen Regelungen und ein Schutz allein durch die Rechtsprechung reichen vielmehr nicht aus – wie die einzelnen Fälle belegen. Die Justizministerkonferenz hatte somit hierzu bereits Mitte 2016 beschlossen. Demnach beschränkt sich der deutsche Whistleblower-Schutz:
- auf vereinzelte Vorschriften und
- Einzelfallentscheidungen von Gerichten.
Angesichts der gesellschaftlichen Bedeutung von frühzeitigen Hinweisen auf Missstände in Unternehmen, Behörden und Organisationen und im Hinblick auf internationale Vorhaben baten die Justizminister/-innen die Bundesregierung um Prüfung, ob der Schutz von Hinweisgeber/-innen einer gesetzlichen Regelung bedarf. Das ist auch international – wie in der EU – anerkannt und gefordert. Gleichwohl enthielt der Vertrag der die damaligen Bundesregierung tragenden CDU/CSU-SPD-Koalition noch für die 19. Wahlperiode des Deutschen Bundestages nicht einmal mehr einen Prüfauftrag zum Hinweisgeberschutz. Dabei mangelt es nicht an Ideen sowie an Regulierungsentwürfen; es fehlte bisher allein am nötigen Handlungswillen von Bundesregierung und sie tragender Koalitionen.