Zinsvorträge sollen nicht allein deshalb in künftigen WJ abzugsfähig sein, weil dann eine der Ausnahmen der Zinsschranke nach § 4h Abs. 2 EStG (Freigrenze, Stand-alone, Eigenkapitalvergleich) erfüllt ist und der Zinsvortrag nur deshalb abzugsfähig wäre. Daher wurde folgender Satz in das Gesetz eingefügt (§ 4h Abs. 1 S. 7 EStG-neu): "[§ 4h] Abs. 2 [EStG] findet keine Anwendung, soweit Zinsaufwendungen aufgrund eines Zinsvortrags erhöht wurden." Zinsvorträge sollen also nur i.R.d. Anwendung der Zinsschranke abziehbar sein.
Konkrete Rechenmethode nach Gesetzeswortlaut unklar: Dem Wortlaut des Gesetzes ist jedoch nicht die konkrete Rechenmethode zu entnehmen. So ist z.B. die gesetzliche Lösung unklar, wenn die laufenden Zinsaufwendungen die Freigrenze nach § 4h Abs. 2 S. 1 Buchst. a EStG nicht übersteigen, aber durch die Addition des Zinsvortrags die Freigrenze überschritten wird.
Es ist denkbar, dass in diesem Fall das verrechenbare EBITDA vorrangig mit dem Zinsvortrag verrechnet werden kann und die Zinsaufwendungen des laufenden WJ wegen der Freigrenze des § 4h Abs. 2 S. 1 Buchst. a EStG zusätzlich abzuziehen sind, sofern diese weniger als 3 Mio. EUR betragen.
Nach hier vertretener Auffassung ist der Zinsvortrag nur insoweit abzugsfähig, als dieser unter Einbeziehung aller Faktoren (laufende Zinsen, Zinsvortrag, verrechenbares EBITDA) abzugsfähig ist. Dabei ist der laufende Zinsaufwand des aktuellen WJ immer komplett abzugsfähig, wenn eine der Ausnahmen des § 4h Abs. 2 EStG erfüllt ist (Mindestabzug).
Beispiel
zum Zinsvortrag
Für das WJ 2024 (WJ = KJ) ergeben sich folgende Besteuerungsgrundlagen:
- Nettozinsaufwand: 1.500.000 EUR
- verrechenbares EBITDA: 1.800.000 EUR
- Zinsvortrag zum 31.12.2023: 1.000.000 EUR
Lösung: Der Zinsvortrag aus dem Vorjahr (1.000.000 EUR) erhöht im WJ 2024 den laufenden Nettozinsaufwand (1.500.000 EUR) auf ein gesamtes Zinsaufwandsvolumen von 2.500.000 EUR (§ 4h Abs. 1 S. 6 EStG). Dieser gesamte Zinsaufwand wäre nach § 4h Abs. 1 S. 1 EStG voll abzugsfähig, da er unter der Freigrenze von 3.000.000 EUR (§ 4h Abs. 2 S. 1 Buchstb. a EStG) liegt. Nach § 4h Abs. 1 S. 7 EStG n.F. findet jedoch § 4h Abs. 2 EStG (also auch die Freigrenze) keine Anwendung, soweit das Zinsabzugsvolumen aufgrund des Zinsvortrags erhöht wurde.
Damit ist zunächst der laufende Nettozinsaufwand des WJ 2024 (1.500.000 EUR) voll abzugsfähig. Insoweit kommt es auch nicht auf das verrechenbaren EBITDA an.
Nur das aus dem Zinsvortrag entstandene (alte) Zinsabzugsvolumen (1.000.000 EUR) unterliegt der Zinsschranke nach § 4h Abs. 1 EStG, da insoweit § 4h Abs. 2 EStG wegen § 4h Abs. 1 S. 7 EStG n.F. nicht greift. Daher sind nach hier vertretener Auffassung für die Berechnung des insoweit abzugsfähigen Nettozinsaufwand alle Besteuerungsgrundlagen in die Zinsschrankenprüfung (nur) für den Abzug des Zinsvortrags einzubeziehen. Der Zinsvortrag (1.000.000 EUR) ist demnach nur insoweit abzuziehen, als nach der Anrechnung des laufenden Nettozinsaufwands (1.500.000 EUR) noch verrechenbares EBITDA "übrig" ist:
Gesamtes verrechenbares EBITDA: |
1.800.000 EUR |
laufender Nettozinsaufwand: |
./. 1.500.000 EUR |
Saldo: |
300.000 EUR |
Dies bedeutet, dass der Zinsvortrag i.H.v. 300.000 EUR im WJ 2024 abzugsfähig ist.
Im Ergebnis können also im WJ 2024 insgesamt 1.800.000 EUR Zinsaufwendungen (= laufender Zinsaufwand 1.500.000 EUR + 300.000 EUR Zinsvortrag) abgezogen werden, so dass zum 31.12.2024 noch 700.000 EUR Zinsvortrag verbleiben.