Andreas Lott, Prof. Dr. Rainer von Kiparski †
Die Maschinenrichtlinie macht in Anhang I und Anhang VIII genaue Vorgaben über den Ablauf und die zu erstellende Dokumentation bei Konstruktion und Bau einer Maschine. Zunächst ist eine detaillierte Risikobeurteilung durchzuführen. Sie dient dazu, alle mit der Maschine verbundenen Gefahren zu ermitteln. Auch wenn festgestellt wird, dass von einer Maschine keine oder nur minimale Gefahren ausgehen, müssen die hier beschriebenen Mindestanforderungen für jede Maschine eingehalten werden.
2.5.1 Integration der Sicherheit (Anhang I Nr. 1.1.2)
Die für die Konzipierung relevante Lebensdauer der Maschine beginnt mit ihrem Bau und endet mit ihrer Entsorgung (Komplexbetrachtung). Der Grundsatz der Gefährdungsvermeidung ist dabei oberstes Konstruktionsprinzip. Entsprechende Anforderungen sind in der EN ISO 12100 festgelegt.
Ein wesentlicher Anspruch dabei ist, dass die Auswahl der Sicherheitsmaßnahmen keinen rein wirtschaftlichen Überlegungen untergeordnet werden darf. In Abweichung von der bisher üblichen marktwirtschaftlichen Praxis wurde folgende Reihenfolge festgelegt:
- Sicherheit
- Funktion
- Kosten
Als Arbeitsgrundlage muss zunächst eine außerordentlich umfassende und weit reichende Risikobeurteilung mit anschließender Bewertung des Verletzungsrisikos durchgeführt werden. Zusätzlich zu den technischen Aspekten müssen psychophysiologische Wirkungen und menschliches Fehlverhalten in die Betrachtungen miteinbezogen werden. Ein vernünftigerweise vorhersehbarer Fehlgebrauch und das vorhersehbare Verhalten von potenziellen Nutzern ist ebenfalls mitzubetrachten.
Zur Risikobeurteilung stehen verschiedene eingeführte Methoden der Sicherheitstechnik zur Verfügung. In der EN ISO 12100 und in der DIN EN ISO 14121 werden Elemente der Fehler-Möglichkeits- und Einfluss-Analyse (FMEA) zur Risikobeurteilung verwendet.
Bei der Lösung von sicherheitstechnischen Problemen muss in der folgenden Reihenfolge vorgegangen werden:
- Beseitigen oder Minimieren der Gefahren (unmittelbare Sicherheitstechnik)
- Schutzmaßnahmen gegen nicht zu beseitigende Gefahren (mittelbare Sicherheitstechnik)
- Unterrichtung der Benutzer über Restgefahren und den Umgang damit (hinweisende Sicherheitstechnik)
Das Grundprinzip der Integration der Sicherheit wird definiert durch eine logische Abfolge von Sicherheitsmaßnahmen. Bei allen Betrachtungen muss zunächst geprüft werden, inwieweit die Sicherheit durch konstruktive Maßnahmen verbessert werden kann.
Durch die Bauart der Maschinen muss gewährleistet sein, dass Betrieb, Rüsten und Wartung bei bestimmungsgemäßer Verwendung ohne Gefährdung von Personen erfolgen. Die Maßnahmen müssen darauf abzielen, während der voraussichtlichen Lebensdauer der Maschine, einschließlich der Zeit, in der die Maschine montiert und demontiert wird, Unfallrisiken selbst in den Fällen auszuschließen, in denen sich die Unfallrisiken aus vorhersehbaren ungewöhnlichen Situationen ergeben.
Bleiben Risiken übrig, die nicht durch konstruktive Maßnahmen abgesichert werden können, müssen dafür in einem zweiten Schritt technische Schutzmaßnahmen vorgesehen werden.
Für die nach diesen beiden Maßnahmeschritten noch verbleibenden Restgefahren muss eine Unterrichtung der Benutzer durch entsprechende Warnhinweise vorgesehen werden. Ein Hinweis auf mögliche Gefahren ohne die Prüfung der vorhergehenden Maßnahmen ist nach Maschinenrichtlinie nicht zulässig.
2.5.2 Kennzeichnung der Maschinen (Anhang I Nr. 1.7.3)
Nach der Fertigstellung der Risikobeurteilung sowie aller sonstigen erforderlichen Bewertungen stellt der Hersteller die EG-Konformitätserklärung nach den Anforderungen des Anhangs II aus und bringt das CE-Zeichen nach den Anforderungen des Anhangs III an der Maschine an. Damit erklärt und bescheinigt der Hersteller in eigener und alleiniger Verantwortung, dass die in Verkehr gebrachte Maschine den grundlegenden Anforderungen der Maschinenrichtlinie entspricht (Eigenzertifizierung).
Die Verpflichtung zur Ausstellung und Abgabe der EG-Konformitätserklärung gilt für alle Maschinen i. S. der Richtlinie. Die Verpflichtung gilt im gewerblichen Bereich darüber hinaus auch dann, wenn Maschinen im Eigenbau und für den Eigengebrauch hergestellt werden.
Eine Kennzeichnung mit dem CE-Zeichen erfolgt nicht, wenn es sich um nicht selbstständig funktionierende Maschinen handelt, die erst zusammen mit anderen Maschinen oder Bauteilen eine funktionsfähige Einheit bilden. Für solche Maschinen ist eine Herstellererklärung erforderlich.
An jeder Maschine muss außerdem ein Typenschild angebracht sein, das die folgenden Mindestangaben enthält:
- Name und Anschrift des Herstellers,
- Bezeichnung der Maschine,
- CE-Kennzeichnung, wenn erforderlich,
- Bezeichnung der Serie oder des Typs,
- ggf. Seriennummer,
- Baujahr.
Darüber hinaus müssen ggf. zusätzliche, der Sicherheit dienende Kennzeichnungen angebracht werden.
2.5.3 Technische Dokumentation
Wie bei Qualitätsmanagementsystemen ist auch bei der Maschinensicherheit das Prinzip der Rückverfolgbarkeit von großer Bedeutung. Daher muss die technische Dokumentation alle Unterlagen enthalten, die Aufschluss über die Herkunft von Zulieferteilen sowie den Prozess der Entwicklung und Konzip...