Hinterlässt ein Erblasser mehrere Erben, so wird der Nachlass gemeinschaftliches Vermögen der Erben (§ 2032 Abs. 1 BGB). Die Erben bilden eine kraft Gesetzes entstandene Erbengemeinschaft (Gesamthandsgemeinschaft), die auf eine Auseinandersetzung gerichtet ist. Die Auseinandersetzung ist ein Rechtsvorgang, der der Grunderwerbsteuer unterliegt. Ob bei der Auseinandersetzung tatsächlich auch Grunderwerbsteuer entsteht, wird primär durch § 3 Nr. 3 Satz 1 GrEStG determiniert.

Gemäß § 3 Nr. 3 Satz 1 GrEStG ist der Erwerb eines zum Nachlass gehörigen Grundstücks durch Miterben zur Teilung des Nachlasses von der Besteuerung ausgenommen.

Ein Erwerb "durch Miterben" liegt auch vor, wenn das Grundstück von einem Miterben erworben wird, der bereits aus der Erbengemeinschaft ausgeschieden ist. Schließlich ist die Erbenposition mit der Person des Erben untrennbar verknüpft, so dass ein Miterbe, der seinen Erbteil im Ganzen übertragen hat, zwar hierdurch aus der Erbengemeinschaft ausscheidet, jedoch weiterhin Miterbe bleibt (Gergen in MünchKomm/BGB, 8. Aufl. 2020, § 2033 Rz. 29; Löhnig in Staudinger, BGB, Neubearb. 2020, § 2033 Rz. 10; Weidlich in Palandt, 80. Aufl. 2021, § 2033 Rz. 7). Folglich kann ein nach § 3 Nr. 3 Satz 1 GrEStG vergünstigter Erwerb auch dann vorliegen, wenn der Erwerb durch einen Miterben erfolgt, der bereits aus der Erbengemeinschaft ausgeschieden ist. Dies lässt sich auch aus § 3 Nr. 3 Satz 3 GrEStG ableiten.

Erwirbt ein Miterbe ein zum Nachlass gehöriges Grundstück und erbringt gleichzeitig eine Gegenleistung, ist darauf zu achten, dass der Erwerb trotz Gegenleistung zur Teilung des Nachlasses erfolgt. Daher sollten in der Gestaltungs- und Kautelarpraxis nach Möglichkeit Regelungen aufgenommen werden, die unterstreichen, dass dieser Rechtsvorgang der Teilung des Nachlasses dient. Hierzu könnte bspw. i.R. eines (Teil-)Auseinandersetzungsvertrages vereinbart werden, dass

  • eine etwaige Gegenleistung unmittelbar an die übrigen Miterben geleistet wird,
  • eine etwaige Gegenleistung, die an die Erbengemeinschaft geleistet wird, anschließend zur Berichtigung von Nachlassverbindlichkeiten verwendet wird oder
  • eine etwaige Gegenleistung, die an die Erbengemeinschaft geleistet wird, anschließend anteilig unter den Miterben aufgeteilt wird.

Besteht keine Möglichkeit, solche Regelungen zu integrieren, sollte dennoch ein Erwerb durch einen Miterben der Teilung des Nachlasses dienen und folglich gem. § 3 Nr. 3 Satz 1 GrEStG von der Besteuerung ausgenommen sein. Dies lässt sich aus einem Vergleich mit den gesetzlichen Grundregeln zur Auseinandersetzung einer Erbengemeinschaft sowie aus § 3 Nr. 3 Satz 3 GrEStG ableiten.

Außerdem ist bei der Auseinandersetzung einer Erbengemeinschaft zu beachten, dass der Anwendungsbereich des § 3 Nr. 3 Satz 1 GrEStG nicht nur durch § 3 Nr. 3 Sätze 2 und 3 GrEStG erweitert wird, der bestimmte Personen – teilweise unter weiteren Voraussetzungen – den Miterben gleichstellt. Auch durch eine Interpolation mit anderen Steuervergünstigungen (bspw. § 3 Nr. 6 Satz 1 GrEStG) wird der Anwendungsbereich "erweitert".

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