Leitsatz
1. Die Anwendung von § 42 AO neben der Hinzurechnungsbesteuerung gem. §§ 7 ff. AStG setzt voraus, dass die gewählte Gestaltung auch bei einer Bewertung am Gesetzeszweck der §§ 7ff. AStG sich noch als Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten des Rechts darstellt (Bestätigung der Senatsurteile vom 20.6.1992, I R 105/89, BStBl II 1992, 1029; vom 23.10.1992, I R 40/89, BStBl II 1992, 1026; vom 19.1.2000, I R 94/97, BStBl II 2001, 222). Diese Einschränkung gilt auch dann, wenn die Zwischenschaltung der Basisgesellschaft nur deswegen nicht der Hinzurechnungsbesteuerung gem. §§ 7 ff. AStG zu unterwerfen ist, weil die Zwischeneinkünfte keiner Niedrigbesteuerung nach § 8 Abs. 3 AStG unterliegen.
2. Sind die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 42 Satz 1 AO (§ 42 Abs. 1 Satz 1 AO n.F.) nicht erfüllt, bleibt die Vorschrift unbeschadet des § 42 Abs. 2 AO n.F. unanwendbar.
3. Liegt die Unangemessenheit der Gestaltung allein in Tatumständen, die die Hinzurechnungsbesteuerung nach §§ 7 ff. AStG auslösen, liegt regelmäßig kein Missbrauch i.S.v. § 42 AO vor. So verhält es sich auch bei der Einschaltung einer Gesellschaft zur Finanzierung eines konzerneigenen Bauprojekts.
4. Es ist nicht missbräuchlich, wenn eine Tochtergesellschaft ihr Ausschüttungsverhalten gegenüber der Muttergesellschaft danach ausrichtet, dass die Muttergesellschaft einerseits für die Ausschüttungen in den Genuss des abkommensrechtlichen Schachtelprivilegs kommt und ihr andererseits die Möglichkeit erhalten bleibt, die mit der Beteiligung in unmittelbarem wirtschaftlichem Zusammenhang stehenden Kosten als Betriebsausgaben abzuziehen.
Normenkette
§ 42 Satz 1 AO , § 42 Abs. 1 Satz 1 AO n.F. , § 42 Abs. 2 AO n.F. , §§ 7 ff. AStG , § 3c EStG
Sachverhalt
Die Klägerin ist Rechtsnachfolgerin einer (inländischen) GmbH, der R. Sie gehörte im Streitjahr 1989 zum US-amerikanischen R-Konzern, zu dem auch eine US-Corporation, die X, gehörte. Die X erwarb im Streitjahr Grundstücke in den USA, um darauf ein neues Forschungs-, Entwicklungs- sowie ein Verwaltungszentrum zu errichten. Zur Finanzierung des Vorhabens wurde am 23.8.1989 eine weitere US-Corporation, die A, Delaware, gegründet. Sämtliche Anteile wurden von der R übernommen. Die Beteiligung wurde z. T. durch Gesellschaftereinlagen in die R finanziert. Im Übrigen nahm die R bei einem Bankenkonsortium ein Darlehen auf. Die Darlehensaufnahme führte bei der R im Streitjahr zu Finanzierungskosten, die als Betriebsausgaben geltend gemacht wurden.
Die A sagte der X ein Hypothekendarlehen mit einer Laufzeit von 13 Jahren zu, das entsprechend dem Baufortschritt ausgezahlt werden sollte. Die insoweit noch nicht benötigten Kapitalanteile legte die A zwischenzeitlich in Schuldverschreibungen und festverzinslichen Wertpapieren an. Die dabei anfallenden Erträge sollten zur Aufstockung der Kapitaleinlage auf den voraussichtlichen Darlehensbetrag dienen.
Ende 1991 verkaufte die X den gesamten Komplex an eine Bank und tilgte mit den erhaltenen Mitteln das von der A gewährte Hypothekendarlehen. Durch Beschluss des Verwaltungsrats wurde die A daraufhin liquidiert. Diese zahlte an die R den Liquidationserlös, aus dem die R das aufgenommene Darlehen zurückzahlte. Die Liquidation führte bei der R in 1991 zu einem steuerpflichtigen Liquidationsgewinn, der auch versteuert wurde. Dividenden waren von der A während der ganzen Zeit ihres Bestehens nicht gezahlt worden.
Das FA versagte der Klägerin zunächst unter Hinweis auf § 8 Abs. 1 KStG i.V.m. § 3c EStG den Abzug der Refinanzierungskosten für das Darlehen als Betriebsausgaben, sah aber während des dagegen geführten Klageverfahrens hiervon ab und behandelte stattdessen die Zwischenschaltung der A als rechtsmissbräuchlich i.S.v. § 42 AO i.d.F. vor In-Kraft-Treten des StÄndG 2001 (AO n.F.). Das FA besteuerte die R deshalb so, als hätte diese die von ihr als Darlehen aufgenommenen Gelder der X unmittelbar gegen Zinsen zur Verfügung gestellt. Die Aufwendungen der A für ihre Gründung und Zwischenschaltung sowie die Finanzierungskosten wurden nicht als Betriebsausgaben anerkannt, da sie bei einer den wirtschaftlichen Vorgängen angemessenen rechtlichen Gestaltung nicht entstanden wären. Zugleich wurde eine vGA angenommen: Einem fremden Dritten wären Zinsen nicht nur in Höhe der eigenen Refinanzierungskosten, sondern mit einem entsprechenden Aufschlag in Rechnung gestellt worden; das Währungsrisiko wäre nicht übernommen worden. Dementsprechend wurde die Körperschaftsteuer festgesetzt.
Die weitergeführte Klage blieb überwiegend erfolglos. Das FG folgte dem FA sowohl in der Frage des Gestaltungsmissbrauchs als auch – dem Grund nach – in der Frage der vGA, ermittelte die Letztere allerdings anders.
Entscheidung
Der BFH entsprach der Revision der Klägerin, derjenigen des FA hingegen nicht.
Die Einschaltung einer ausländischen Konzern-Finanzierungsgesellschaft sei prinzipiell nicht missbräuchlich, auch dann nicht, wenn es um die Finanzierung nur eines Objekts gehe, die Gesellschaft also eine Finanz...