Letztlich stellt sich auch beim sog. "erweiterten Gestaltungsmodell" die Rechtsfrage eines Gestaltungsmissbrauchs i.S.d. § 42 AO. Durch Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten des Rechts kann das Steuergesetz insoweit nicht umgangen werden. Ist nach § 42 Abs. 1 AO der Tatbestand einer Regelung in einem Einzelsteuergesetz erfüllt, die der Verhinderung von Steuerumgehungen dient, so bestimmen sich die Rechtsfolgen nach jener Vorschrift. Anderenfalls entsteht der Steueranspruch beim Vorliegen eines Missbrauchs so, wie er bei einer den wirtschaftlichen Vorgängen angemessenen rechtlichen Gestaltung entsteht.

Ein Missbrauch liegt vor, wenn eine unangemessene rechtliche Gestaltung gewählt wird, die beim Steuerpflichtigen oder einem Dritten im Vergleich zu einer angemessenen Gestaltung zu einem gesetzlich nicht vorgesehenen Steuervorteil führt.

Beachten Sie: Dies gilt dem Grunde nach nicht, wenn der Steuerpflichtige für die gewählte Gestaltung außersteuerliche Gründe nachweist, die nach dem Gesamtbild der Verhältnisse beachtlich sind.[45]

Entkräftung der Missbrauchsannahme durch Nachweis sog. "außersteuerlicher Gründe": Vor diesem Hintergrund eröffnet § 42 Abs. 2 S. 2 AO dem Steuerpflichtigen die Möglichkeit, die bei Vorliegen des Tatbestands des § 42 Abs. 2 S. 1 AO begründete Annahme eines Missbrauchs durch Nachweis sog. "außersteuerlicher Gründe" zu entkräften. Die vom Steuerpflichtigen nachgewiesenen außersteuerlichen Gründe müssen allerdings nach dem Gesamtbild der Verhältnisse beachtlich sein.

Folgen bei Nichtbeachtlichkeit der außersteuerlichen Gründe: Sind die nachgewiesenen außersteuerlichen Gründe nach dem Gesamtbild der Verhältnisse im Vergleich zum Ausmaß der Unangemessenheit der Gestaltung und den vom Gesetzgeber nicht vorgesehenen Steuervorteilen

  • nicht wesentlich oder
  • sogar nur von untergeordneter Bedeutung,

sind sie nicht beachtlich. In diesem Fall bleibt es bei der Annahme eines Missbrauchs nach § 42 Abs. 2 S. 1 AO.[46]

Da es sich auch bei dem sog. "erweiterten Gestaltungsmodell" um ein Modell zur Steuervermeidung handelt, fällt es ebenfalls schwer, die Annahme eines Missbrauchs im Ergebnis durch Nachweis außersteuerlicher Gründe zu entkräften.

[45] Vgl. § 42 Abs. 1 f. AO.
[46] Vgl. AEAO zu § 42 AO, Nr. 2.6, m.w.N.

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