Leitsatz
Die Ermittlung des sogenannten "Differenzkindergeldes" erfolgt anhand einer Gesamtbetrachtung aller kindergeldberechtigten Kinder, nicht anhand einer Einzelbetrachtung für jedes Kind.
Sachverhalt
Die Klägerin hat 6 Kinder: 1 (geb. 1993), 2 (geb. 1995), 3 (geb. 1998), 4 (geb. 2009), 5 (geb. 2003) und 6 (geb. 2006). Sämtliche Kinder gingen im Streitzeitraum zur Schule. Der Ehemann der Klägerin arbeitet seit 2009 in Belgien. Die Klägerin lebt mit den Kindern in Deutschland und ist nicht erwerbstätig. Die Familienkasse setzte für das älteste Kind I Differenzkindergeld i. H. v. 78,48 Euro gemäß § 165 Abs. 1 AO vorläufig fest. Bei seiner Berechnung des Differenzkindergeldes ermittelte die Familienkasse die Differenzbeträge für jedes Kind einzeln. Hierbei ergab sich nur für Kind I ein um 78,48 Euro höheres deutsches Kindergeld. Für die übrigen Kinder waren die jeweiligen belgischen Familienleistungen höher. Nachdem bei der Familienkasse eine Bescheinigung über die Höhe belgischen Familienleistungen einging, hob diese die Festsetzung des Differenzkindergeldes gemäß § 70 Abs. 2 EStG ab Mai 2010 auf und forderte das gezahlte Differenzkindergeld i. H. v. 1.883.52 Euro nach § 37 Abs. 2 der AO zurück. Dies begründete die Familienkasse mit dem Hinweis auf Art. 68 Abs. 1 der EG-VO Nr. 883/2004, wonach bei der Ermittlung des Differenzkindergeldes den belgischen Leistungen für alle Kinder i. H. v. monatlich 1.328,03 Euro die deutschen Kindergeldansprüche i. H. v. monatlich 1.203,00 Euro gegenüber zu stellen seien. Mit der hiergegen am 25.3.2013 erhobenen Klage macht die Klägerin geltend, dass es sich nach den zivilrechtlichen Vorschriften beim Kindergeld um Unterhalt des Kindes handele, wonach die Einzelbetrachtung gerechtfertigt sei.
Entscheidung
Das Finanzgericht hat die Entscheidung der Familienkasse bestätigt, da diese bei der Berechnung des Differenzkindergeldes zu Recht von einer Gesamtbetrachtung ausgegangen ist. Dies leitet das Finanzgericht aus den Erwägungsgründen zur EG-VO 883/2004 her. Nach dem Erwägungsgrund Nr. 35 will die Verordnung ungerechtfertigte Doppelleistungen vermeiden. Würde man jedoch eine Einzelbetrachtung für jedes Kind vornehmen, so könnte - wie im vorliegenden Fall - die Summe der Familienleistungen sowohl den Kindergeldanspruch im vorrangig zuständigen wie auch im nachrangig zuständigen Staat übersteigen und damit zu einer Leistungserhöhung führen.
Hinweis
Das Finanzgericht hat die Revision gemäß § 115 Abs.1 FGO zugelassen.
Link zur Entscheidung
FG Köln, Urteil vom 10.03.2016, 1 K 903/13