Leitsatz
1. Die Hinzurechnung verausgabter Leasingraten nach § 8 Nr. 1 Buchst. d GewStG findet auch bei der Refinanzierung von Leasinggeschäften statt (sog. Doppelstockmodell).
2. § 19 Abs. 4 GewStDV findet auf den in den Leasingraten enthaltenen Zinsanteil keine Anwendung. Bei der Hinzurechnung der Leasingraten nach § 8 Nr. 1 Buchst. d GewStG handelt es sich weder um Entgelte für Schulden noch ihnen gleichgestellte Beträge nach § 8 Nr. 1 Buchst. a GewStG.
3. Der festgesetzte (negative) Gewerbeertrag im Gewerbesteuermessbescheid hat gemäß § 35b Abs. 2 Satz 2 GewStG i.d.F. des JStG 2010 Bindungswirkung für den Bescheid über die gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes.
Normenkette
§ 8 Nr. 1 Buchst. d und a, § 35b Abs. 2 Satz 2 GewStG, § 19 Abs. 4 GewStDV
Sachverhalt
Die Klägerin, eine im Leasinggeschäft mit Endkunden tätige GmbH, ist ein Finanzdienstleistungsinstitut i.S.d. § 1 Abs. 1a KWG. Zur Refinanzierung veräußert sie die Leasinggüter an eine weitere Leasinggesellschaft und least diese dann zurück, um sie an die Endkunden weiter zu verleasen (sog. Doppelstockmodell).
Nach einer Betriebsprüfung erließ das FA geänderte Bescheide über die gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den 31.12.2009, 31.12.2010 und 31.12.2011, in denen in den Leasingraten enthaltenen Zinsanteile gemäß § 8 Nr. 1 Buchst. d GewStG i.H.v. jeweils 20 % hinzugerechnet wurden; der Gewerbesteuermessbetrag für 2009, 2010 und 2011 wurde dementsprechend jeweils auf 0 EUR festgesetzt.
Einsprüche und Klage blieben ohne Erfolg (FG Baden-Württemberg, Urteil vom 12.4.2016, 6 K 3007/15, Haufe-Index 9598500, EFG 2016, 1533).
Entscheidung
Die Revision wurde vom BFH als unbegründet zurückgewiesen.
Hinweis
1. Nach § 8 Nr. 1 Buchst. d GewStG wird dem Gewinn aus Gewerbebetrieb hinzugerechnet ein Viertel der Summe aus einem Fünftel der Miet‐ und Pachtzinsen (einschließlich der Leasingraten) für die Benutzung von beweglichen Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens, die im Eigentum eines anderen stehen, soweit sie bei der Ermittlung des Gewinns abgesetzt worden sind und soweit die Summe den Betrag von 100.000 EUR übersteigt.
2. Eine Benutzung der geleasten Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens ist auch dann gegeben, wenn die Wirtschaftsgüter zur Erzielung von Einkünften an eine weitere Person verleast oder vermietet werden. Beim Leasing im sog. Doppelstockmodell kommt es also ebenso zu gewerbesteuerlichen Kaskadeneffekten wie bei der Zwischenvermietung von Immobilien (dazu BFH, Urteil vom 8.12.2016, IV R 55/10, BFH/NV 2017, 982, BFH/PR 2017, 265). Eine Ausnahme von der Hinzurechnung für "durchgeleitete" Leasinggüter hätte einer entsprechenden Regelung bedurft, wie sie z.B. § 8 Nr. 1 Buchst. f Satz 1 GewStG für Lizenzen enthält, die ausschließlich dazu berechtigen, daraus abgeleitete Rechte Dritten zu überlassen.
3. Bei Finanzdienstleistungsinstituten i.S.d. § 1 Abs. 1a KWGunterbleibt gemäß § 19 Abs. 4 GewStDVeine Hinzurechnung von Entgelten für Schulden und gleichgestellten Beträgen nach § 8 Nr. 1 Buchst. a GewStG. Das half der Klägerin aber nicht, denn sie war zwar ein Finanzdienstleistungsunternehmen, hatte im Rahmen ihres Refinanzierungsmodells aber ihrerseits Leasingraten und nicht Entgelte für Schulden gezahlt.
4.§ 19 Abs. 4 GewStDV kann auch nicht dahin gehend erweiternd ausgelegt werden, dass das darin enthaltene Gewerbesteuerprivileg alle Finanzierungsbestandteile der in § 8 Nr. 1 GewStG geregelten Hinzurechnungsvorschriften umfasst. Dem steht bereits der klare Wortlaut der Bestimmung entgegen, der auch nicht zu einem sinnwidrigen Ergebnis führt.
Da es sich bei § 19 Abs. 4 GewStDV nicht um ein formelles Gesetz, sondern um eine Rechtsverordnung handelt, sind bei der Auslegung der Inhalt, der Zweck und der Umfang der gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage zu berücksichtigen. § 35c Nr. 2 Buchst. f GewStG ermächtigt die Bundesregierung nur, eine Vorschrift über die Beschränkung der "Hinzurechnung von Entgelten für Schulden und ihnen gleichgestellte Beträge (§ 8 Nr. 1 Buchst. a)" bei bestimmten Finanzdienstleistungsinstituten zu erlassen. Der Verordnungsgeber ist an die ihm durch Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG gezogenen Grenzen gebunden.
Das Besprechungsurteil begründet weiter ausführlich anhand der Gesetzes- und Verordnungshistorie, dass und warum die gewerbesteuerliche Erleichterung sich auf Entgelte für Schulden beschränkte, sodass das Gewerbesteuerprivileg bei Leasing im Doppelstockmodell nur für die (Besitz‐) Leasinggesellschaft gilt und nicht auch für die von der (Betriebs‐)Leasinggesellschaft gezahlten Leasingraten.
5. Nach § 35b Abs. 2 Satz 2 GewStG i.d.F. des JStG 2010 sind bei der Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes die Besteuerungsgrundlagen so zu berücksichtigen, wie sie der Festsetzung des Steuermessbetrags für den Erhebungszeitraum, auf dessen Schluss der vortragsfähige Gewerbeverlust festgestellt wird, zugrunde gelegt worden sind; § 171 Abs. 10, § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und § 351 Abs. 2 AO sowie § 42 FGO ge...