Leitsatz
Die Beteiligung eines inländischen Unternehmens an einer ausländischen Kapitalgesellschaft gemäß § 9 Nr. 7 Satz 1 und § 12 Abs. 2 Nr. 4 Satz 1 GewStG muss keine unmittelbare sein.
Normenkette
GewStG § 9 Nr. 7 Satz 1 , § 12 Abs. 2 Nr. 4 Satz 1
Sachverhalt
Die Rechtsvorgängerin der Klägerin war im Streitjahr 1986 über eine rein vermögensverwaltend tätige Beteiligungs-KG, die das FA als GbR behandelte, an einer Ltd. schottischen Rechts beteiligt.
Es bestand Streit darüber, ob die Gewinnausschüttungen der Ltd. dennoch – trotz dieser nur mittelbaren Beteiligung – entweder gemäß Art. XVIII Abs. 2 Buchst. a Satz 3 DBA-Großbritannien i.V.m. § 9 Nr. 8 und § 12 Abs. 3 Nr. 5 GewStG (sog. abkommensrechtliches Schachtelprivileg) oder gemäß § 9 Nr. 7 Satz 1, § 12 Abs. 3 Nr. 4 Satz 1 GewStG (sog. internationales Schachtelprivileg) als gewerbesteuerfrei behandelt werden konnten.
Das FA verneinte dies; das FG hatte dies aus Gründen des abkommensrechtlichen Schachtelprivilegs bejaht.
Entscheidung
Der BFH schloss sich dem FG im Ergebnis an, stützte seine Entscheidung stattdessen aber auf das sog. internationale Schachtelprivileg: Im Gegensatz zu § 26 Abs. 2 Satz 1 KStG und zu § 102 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1 BewG a.F. verlangten weder § 9 Nr. 7 Satz 1 noch § 12 Abs. 3 Nr. 4 Satz 1 GewStG für das internationale Schachtelprivileg, aber auch nicht § 9 Nr. 2a und § 12 Abs. 3 Nr. 2a GewStG für das sog. nationales Schachtelprivileg ein Unmittelbarkeitserfordernis. Das Gesetz sei beim Wort zu nehmen. Sinn und Zweck des Gesetzes stehen dem nicht entgegen.
Hinweis
Es ist seit langem kontrovers, ob das gewerbe-steuerrechtliche Schachtelprivileg auch greift, wenn die Muttergesellschaft sich nur mittelbar – wie im Urteilsfall über eine Schein-KG, also eine vermögensverwaltende GbR – an einer anderen Kapitalgesellschaft beteiligt.
Der I. Senat des BFH ist seiner Linie treu geblieben, Gesetze möglichst wortlautgerecht auszulegen. Es schadet folglich hier abweichend vom Körperschaftsteuer- und vom Bewertungsrecht (vgl. unten: Die Entscheidung) nicht, wenn eine nur mittelbare Beteiligung besteht. Das gilt allgemein, also sowohl beim nationalen als auch beim internationalen gewerbesteuerlichen Schachtelprivileg.
Der BFH hatte seine Erkenntnis zunächst in einen Gerichtsbescheid gekleidet, woraufhin das FA mündliche Verhandlung beantragte. Der Antrag wurde zurückgenommen. Es kann deshalb wohl vermutet werden, dass die Finanzverwaltung das Urteil auch anwenden (oder aber dass sie eine Gesetzesänderung veranlassen) will.
Allerdings darf nicht übersehen werden, dass sämtlichen gewerbesteuerrechtlichen Schachtelprivilegien – in Nr. 2a gleichermaßen wie in Nrn. 7 und 8 des § 9 GewStG – künftig nur noch verhältnismäßig geringe Bedeutung zukommen wird, nachdem entsprechende Dividendenerträge und Anteilsveräußerungsgewinne durch § 8b Abs. 1 KStG flächendeckend steuerbefreit werden, was – über § 7 GewStG – auf die Gewerbesteuer durchschlägt.
Insoweit bleibt jedoch noch einiges zu beachten: Zwar lässt auch § 8b Abs. 6 KStG eine nur mittelbare Beteiligung an der betreffenden Gesellschaft über eine Personengesellschaft genügen; damit besteht ein gewisser Einklang mit dem Besprechungsfall. Es besteht derzeit indes beträchtlicher Streit darüber, ob die in der Personengesellschaft vereinnahmten Dividenden und Veräußerungsgewinne auch für Zwecke der Gewerbesteuer freigestellt werden. Für die laufenden Dividendenerträge wäre dies wegen § 9 Nr. 2a GewStG nicht weiter tragisch, wegen der Veräußerungsgewinne hingegen schon, verlangt § 9 Nr. 7 GewStG doch eine Mindestbeteiligung von 10 %.
Andererseits bestimmt § 8b Abs. 5 KStG bei ausländischen Beteiligungen eine partielle Steuerpflicht, indem 5% der vereinnahmten Beträge als nicht abzugsfähige Betriebsausgaben fingiert werden. Es ist keineswegs gesichert, dass sich dies auf die gewerbesteuerliche Kürzung auswirkt; dem GewStG ist eine vergleichbare Vorschrift fremd.
Bemerkenswert ist, dass der BFH es erkennbar meidet, sich mit der Frage danach auseinanderzusetzen, ob sich eine vergleichbare Lösung über das abkommensrechtliche Schachtelprivileg erreichen lässt. Im Urteilsfall bestand auf Grund der tatsächlichen Gegebenheiten Anlass zu einer solchen Überlegung. Zur abkommensrechtlichen Privilegierung ist es indes erforderlich, dass die betreffenden Anteile der Muttergesellschaft"gehören".
Wie dieser Ausdruck zu verstehen ist, wird ebenfalls kontrovers beurteilt. Richtig ist es wohl, den Begriff als eigenständig abkommensrechtlich auszulegen. "Gehören" setzt hiernach ein tatsächliches Verhältnis voraus, eine bloß rechtliche Zuordnung (z.B. gem. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG) reicht nicht aus (vgl. insoweit auch für Lizenzen und Zinsen BFH, Urt. vom 30.8.1995, I R 112/94, BStBl II 1996, 563). Geht es darum, ob ein Vermögenswert abkommensrechtlich einer Gesamthand oder deren Gesellschaftern"gehört", dann bedeutet Ersteres, dass die Gesamthand eigenständig gewerblich tätig ist (§ 15 Abs. 2 EStG).
Für den Urteilsfall wäre...