Prof. Dr. Stefan Schneider
Leitsatz
1. Arbeitslohnrückzahlungen setzen voraus, dass Güter in Geld oder Geldeswert beim Arbeitnehmer abfließen.
2. Schüttet eine Versorgungskasse an ihren Träger, den Arbeitgeber, Gewinne aus, wird damit kein Arbeitslohn zurückgezahlt. Gewinnausschüttungen einer Versorgungskasse können daher weder pauschal besteuerbare Beitragsleistungen des Arbeitgebers mindern noch einen Anspruch auf LSt-Erstattung begründen (entgegen Abschn. 129 Abs. 14, 16 LStR 1999).
Normenkette
§ 40b Abs. 1 EStG
Sachverhalt
K erbrachte als Träger der Versorgungskasse A 1949 bis 1974 als Zukunftssicherungsleistung entsprechend § 40b EStG pauschal besteuerte Versicherungsbeiträge an A i.H.v. 71 621 631 DM. 55 319 825 DM davon entfielen auf die Jahre 1953 bis 1974. Danach wurden weder Beiträge geleistet noch neue Versicherte aufgenommen. 1990 bis 1996 schüttete A an K aus Vermögensanlagen erwirtschaftete Gewinne (51 532 111 DM) aus, die nach A's Satzung allein K zustanden. Das FA und K behandelten entsprechend der Verwaltungspraxis diese früheren Ausschüttungen als Rückzahlung von pauschal versteuertem Arbeitslohn. Das FA erstattete oder verrechnete die darauf entfallende pauschale LSt i.H.v. mehr als 9 Mio. DM.
Nachdem A 1998 weitere 29,6 Mio. DM an K ausgeschüttet und wieder die Erstattung von LSt beantragt hatte, entsprach das FA dem nur noch teilweise. Nur die ab 1953 geleisteten Einzahlungen seien Arbeitslohn; Obergrenze der Rückzahlung sei der zuvor als Zukunftssicherungsleistung erbrachte Arbeitslohn. Die auf eine weitere Erstattung gerichtete Klage wies das FG ab (FG Düsseldorf, Urteil vom 22.02.2007, 8 K 5231/03 L, Haufe-Index 1748421, EFG 2007, 1244).
Entscheidung
Der BFH bestätigte aus den unter Praxishinweisen dargestellten Gründen die Vorentscheidung.
Hinweis
Die Bedeutung der Entscheidung liegt darin, dass der BFH einer langjährig zugunsten der Steuerpflichtigen geübten Verwaltungspraxis attestiert, hierfür keine Rechtsgrundlage gehabt zu haben: Abschn. 129 Abs. 14 S. 1 LStR 1999; R 40b.1 Abs. 12 LStR 2008. Danach wurden Arbeitslohnrückzahlungen an den Arbeitgeber angenommen, soweit Gewinnanteile zugunsten des Arbeitgebers mit fälligen Beiträgen des Arbeitgebers verrechnet oder an den Arbeitgeber ausgezahlt werden. Der VI. Senat hatte schon in einem anderen Verfahren Bedenken gegen diese Praxis formuliert (BFH, Beschluss vom 26.07.2005, VI R 115/01, BFH/NV 2005, 1804). Zwei systematische Überlegungen waren entscheidend: (1.) Eine Lohnrückzahlung scheidet aus, weil die Ausschüttung an den Arbeitgeber den Arbeitnehmern nichts nimmt. (2.) Die Ausschüttung ist nicht "actus contrarius" zur Lohnzahlung; zwischen Ausschüttung und Lohnzahlung besteht kein Veranlassungszusammenhang.
1. Zuwendungen des Arbeitgebers an eine Pensionskasse sind Arbeitslohn (Zukunftssicherungsleistungen), weil sich der Vorgang darstellt, als ob der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer Mittel zur Verfügung stellt und der Arbeitnehmer sie zum Zweck der Zukunftssicherung verwendet (vgl. nur BFH, Urteile vom 11.12.2008, VI R 9/05, BFH/NV 2009, 474, BFH/PR 2009, 135; vom 07.05.2009, VI R 8/07, BFH/NV 2009, 1504; BFH/PR 2009, 369). Eine Rückzahlung von Arbeitslohn setzt voraus, dass entsprechende Güter in Geld oder Geldeswert beim steuerpflichtigen Arbeitnehmer abfließen (BFH, Urteil vom 07.05.2009, VI R 37/08, BFH/NV 2009, 1513, BFH/PR 2009, 372). Einen solchen Güterabfluss beim Arbeitnehmer vermisste hier der BFH. Die Arbeitnehmer haben durch die an ihre Arbeitgeberin (K) ausgezahlten Gewinnanteile nichts aufgegeben, verloren oder abgeführt, auf das sie je einen Anspruch gehabt hatten. Denn die Arbeitnehmer hatten zu keinem Zeitpunkt Ansprüche auf die ausgezahlten Gewinnanteile (Satzung der Versorgungskasse); und nichts erhalten zu haben, begründet weder Aufwand noch Güterabfluss noch negative Einnahmen. Und auch die Fiktion, dass bei Ausschüttungen die Gewinne an den Arbeitnehmer ausgeschüttet und von ihm an den Arbeitgeber weitergeleitet gelten, begründet weder Aufwand noch Güterabfluss beim Arbeitnehmer. Denn auch diese Fiktion setzt ja mit der Verpflichtung zur Weiterleitung der Ausschüttung an den Arbeitgeber gerade voraus, dass die Arbeitnehmer daran keine Rechte hatten.
2. Die Gewinnausschüttungen waren auch nicht "actus contrarius" zur Lohnzahlung. Wie schon in den Urteilen zu Beitragsleistungen an Zusatzversorgungskassen (BFH, Urteil vom 07.05.2009, VI R 37/08, BFH/NV 2009, 1513, BFH/PR 2009, 372) und Unfallversicherungen (BFH, Urteil vom 11.12.2008, VI R 9/05, BFH/NV 2009, 474, BFH/PR 2009, 135) war auch hier zu berücksichtigen: bei solchen Zukunftssicherungsleistungen, bei denen der Arbeitnehmer einen eigenen Rechtsanspruch gegen die Versorgungseinrichtung erlangt, wendet der Arbeitgeber mit den gegenwärtigen Beiträgen Lohn zu. Dieser Lohn ist von damit erworbenen Sachen und Rechten und daraus den Arbeitnehmern wiederum zufließenden Erträgen, Versicherungs- und Versorgungsleistungen zu unterscheiden. Sie gründen auf einer neuen, vom Arbeitsverhältnis unabhängi...