Leitsatz
Fallen die Kommanditisten einer KG, die an dieser Gesellschaft zugleich typisch still beteiligt sind oder dieser Gesellschaft Darlehen gewährt haben, mit ihren stillen Einlagen oder Darlehensforderungen im Rahmen der Aufgabe des Betriebs der Mitunternehmerschaft teilweise aus, gehört der hierdurch entstehende Verlust zu den Einkünften nach § 16 Abs. 3 EStG und ist mit dem nach § 5a Abs. 1 EStG ermittelten Gewinn abgegolten (§ 5a Abs. 5 Satz 1 EStG).
Normenkette
§ 5a Abs. 1, 4a und 5, § 16 Abs. 3 EStG
Sachverhalt
Die Kläger waren im Streitjahr 2012 als Kommanditisten an der GmbH & Co. KG (KG) beteiligt, deren Gegenstand der Erwerb und Betrieb von drei Schiffen war. Zugleich hatten sich die Kläger am Unternehmen der KG auch als "stille Gesellschafter" beteiligt; ihre "stillen Beteiligungen", die verzinst wurden, dienten dem Erwerb der Schiffe. Die KG ermittelte ihren Gewinn gemäß § 5a EStG nach der in ihrem Betrieb geführten Tonnage. Im Streitjahr 2012 veräußerte sie das letzte ihrer drei Schiffe und wurde liquidiert. Die Kläger fielen mit ihren "stillen Einlagen" bzw. Darlehensforderungen teilweise aus. Diesen Verlust machte die KG im Rahmen der Gewinnfeststellung für das Streitjahr als Sonderbetriebsausgaben der Kläger geltend. Dem folgte das FA weder im Gewinnfeststellungsbescheid noch in der Einspruchsentscheidung. Auch das FG wies die daraufhin erhobene Klage ab (Niedersächsisches FG, Urteil vom 9.7.2020, 1 K 10038/15, Haufe-Index 14320843). Zur Begründung führte es aus, der geltend gemachte Verlust sei als Teil des Aufgabegewinns bzw. -verlustes nach § 5a Abs. 5 Satz 1 EStG mit dem nach der Tonnage ermittelten Gewinn abgegolten.
Mit ihrer Revision machten die Kläger geltend, das FG habe nicht berücksichtigt, dass die Gewinnermittlung nach § 5a EStG mit § 5a Abs. 4a Satz 3 EStG eine eigene Regelung für hinzuzurechnende Vergütungen i.S.d. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 2 und Satz 2 EStG enthalte. Dementsprechend seien die Zinsen aus den "stillen Beteiligungen" nicht mit dem pauschal ermittelten Gewinn der KG nach § 5a Abs. 1 EStG abgegolten, sondern diesem Gewinn hinzugerechnet worden. Dann aber müssten auch die streitigen Verluste, da durch die Zinsen veranlasst, als Sonderbetriebsausgaben abgezogen werden.
Entscheidung
Der BFH wies die Revision der Kläger aus den in den Praxis-Hinweisen dargelegten Gründen zurück.
Hinweis
1. Soweit Darlehensforderungen des Gesellschafters gegenüber der Gesellschaft zum Sonderbetriebsvermögen (SBV) I gehören, kommt eine Wertberichtigung dieser Forderungen während des Bestehens der Gesellschaft regelmäßig nicht in Betracht. Vielmehr wird dieser Verlust im SBV grundsätzlich erst im Zeitpunkt der Beendigung der Mitunternehmerstellung realisiert, also beim Ausscheiden des Gesellschafters aus der Gesellschaft oder bei Beendigung der Gesellschaft.
2. Der Veräußerungs- oder Aufgabegewinn schließt grundsätzlich das Ergebnis der gewerblichen Betätigung des Gesellschafters ab. Deshalb sind bei der Ermittlung des Aufgabegewinns oder -verlustes sämtliche Aufwendungen des Gesellschafters gewinnmindernd zu berücksichtigen, die mit dem Aufgabevorgang verbunden sind.
3. Im Rahmen der Gewinnermittlung nach § 5a EStG sind bei Personengesellschaften nur der nach § 5a Abs. 1 EStG ermittelte Gewinn, die Hinzurechnung des Unterschiedsbetrags nach § 5a Abs. 4 Satz 3 EStG sowie die Vergütungen i.S.d. § 5a Abs. 4a Satz 3 EStG (und damit in einem Veranlassungszusammenhang stehende Sonderbetriebsausgaben) anzusetzen. Diese drei Komponenten sind abschließend.
4. Der Gewinn nach § 5a Abs. 1 EStG umfasst nach § 5a Abs. 5 Satz 1 EStGauch Einkünfte nach § 16 Abs. 3 EStG. Fallen die Kommanditisten einer KG, die an dieser Gesellschaft zugleich typisch still beteiligt sind oder dieser Gesellschaft Darlehen gewährt haben, mit ihren stillen Einlagen oder Darlehensforderungen im Rahmen der Aufgabe des Betriebs der Mitunternehmerschaft teilweise aus, ist der hierdurch entstehende Verlust, da er zu den Einkünften nach § 16 Abs. 3 EStG gehört, mit dem nach § 5a Abs. 1 EStG ermittelten Gewinn abgegolten.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 20.4.2023 – IV R 20/20