Leitsatz
1. Bringt ein Steuerpflichtiger sein land- und forstwirtschaftliches Einzelunternehmen in eine Personengesellschaft zu Buchwerten nach § 24 des Umwandlungssteuergesetzes ein, so ist der zeitliche Maßstab für die Beurteilung der Gewinnerzielungsabsicht des Einzelunternehmens der Zeitraum von der Gründung bis zu dessen Einbringung in die Personengesellschaft.
2. Stille Reserven durch nicht realisierte Wertsteigerungen, mit deren Realisierung im Falle einer Betriebsveräußerung zu rechnen ist oder die im Falle einer Betriebsaufgabe zu steuerbaren Einkünften führen, sind zur Ermittlung des Totalgewinns oder ‐verlusts bei der Prüfung der Gewinnerzielungsabsicht auch dann anzusetzen, wenn sie nicht in einem bei Betriebsbeginn vorliegenden Betriebskonzept berücksichtigt worden sind.
Normenkette
§ 165 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 2, § 171 Abs. 8 Satz 1, § 181 Abs. 1 Satz 1 AO, § 2 Abs. 1, § 13, § 15 Abs. 2 Satz 1, § 16 Abs. 1 bis 3 EStG, § 110 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 FGO, § 24 UmwStG
Sachverhalt
Der Kläger war von Beruf Kaufmann. Er erzielte neben den hier streitigen Einkünften aus LuF Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit und aus Kapitalvermögen. Im Jahr 2002 gründete er einen land- und forstwirtschaftlichen Betrieb.
Im Jahr 2015 errichtete der Kläger die X-GmbH & Co. KG (KG). Alleinige Komplementärin der KG war die Y-Verwaltungs-GmbH (Verwaltungs-GmbH), deren alleiniger Geschäftsführer der Kläger war. Alleiniger (vertretungsberechtigter) Kommanditist der KG war der Kläger. Mit Wirkung auf den 29.12.2015 brachte er sein land- und forstwirtschaftliches Einzelunternehmen in die KG ein und übertrug dieser den in den Jahren 2002 bis 2005 sowie 2014 und 2015 erworbenen Grundbesitz handelsrechtlich zu Verkehrswerten. Den übrigen, in den Jahren 2006 bis 2013 erworbenen, Grundbesitz verpachtete der Kläger (als Sonderbetriebsvermögen) an die KG. Steuerlich erfolgte die Einbringung des land- und forstwirtschaftlichen Betriebs in die KG zu Buchwerten gemäß § 24 UmwStG.
Mit Änderungsbescheiden vom 23.5.2016 hob das FA die gegenüber dem Kläger ergangenen (vorläufigen) Feststellungsbescheide für die Streitjahre (2002 bis 2012) auf. Die geltend gemachten Verluste (bis 2015 mehr als 3 Mio. EUR) aus LuF seien steuerlich mangels Gewinnerzielungsabsicht nicht zu berücksichtigen. Wegen der Möglichkeit der Verlustverrechnung mit anderen Einkünften handele es sich vorliegend um einen steuerlich unbeachtlichen Liebhabereibetrieb. Der Kläger war demgegenüber der Auffassung, dass eine Gewinnerzielungsabsicht vorläge, da die im umfangreichen Grundbesitz vorhandenen stillen Reserven die laufenden Verluste überschritten und er mit diesen Wertsteigerung von Anfang an "gerechnet" habe. Gleichwohl wies das FG die nach erfolglosem Vorverfahren erhobene Klage ab. Bei der Prüfung der Gewinnerzielungsabsicht/Totalgewinnprognose seien zwar auch die dem Betriebsvermögen innewohnenden stillen Reserven zu berücksichtigen. Allerdings müssten diese bei Betriebsbeginn, z.B. in einem Betriebskonzept, festgehalten worden sein. Hieran fehle es im Streitfall (FG Mecklenburg-Vorpommern, Gerichtsbescheid vom 22.12.2021, 3 K 412/17, Haufe-Index 15099583).
Entscheidung
Auf die Revision des Klägers hob der BFH die Vorentscheidung auf und verwies die Sache an die Vorinstanz zurück. Diese habe die Gewinnerzielungsabsicht des Klägers mit der gegebenen Begründung nicht verneinen dürfen. Um abschließend beurteilen zu können, ob der Kläger seine land- und forstwirtschaftliche Betätigung mit Gewinnerzielungsabsicht betrieben habe, bedürfe es noch weiterer Feststellungen. Diese habe das FG im zweiten Rechtsgang nachzuholen.
Hinweis
1. Das FA war verfahrensrechtlich zur Änderung der ursprünglichen Bescheide über die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für die Streitjahre befugt.
a) Denn diese waren hinsichtlich der Einkünfte aus LuF wegen der ungewissen Gewinnerzielungsabsicht gemäß § 165 Abs. 1 Satz 1 AO vorläufig.
b) Auch war im Zeitpunkt des Erlasses der angefochtenen Aufhebungsbescheide die Ungewissheit über die Gewinnerzielungsabsicht des Klägers beseitigt.
aa) Bei der Einbringung des Betriebs des Klägers in die KG gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten handelt es sich um ein Veräußerungsgeschäft, durch das das Einzelunternehmen des Klägers vollbeendet worden ist.
bb) Verkauft ein Unternehmer den Betrieb und hat das FA davon Kenntnis, ist die Ungewissheit über die Einkünfteerzielungsabsicht auch bei einem land- und forstwirtschaftlichen Betrieb beseitigt. Denn aus dem Verkauf folgt zwangsläufig, dass der Steuerpflichtige mit dem Betrieb in Zukunft keine Einkünfte mehr erzielen will. Die für die Beurteilung der Einkünfteerzielungsabsicht maßgeblichen Hilfstatsachen müssen deshalb bis dahin entstanden sein; weitere Hilfstatsachen entstehen danach nicht mehr. Hat das FA Kenntnis von dem Verkauf (hier der Einbringung) erlangt, ist es daher in der Regel nicht (mehr) gehindert, die Tatbestandsmerkmale für die Steuerfestsetzung oder die Feststellung der Besteueru...