Dipl.-Finanzwirt Karl-Heinz Günther
Leitsatz
Bei der Tätigkeit eines Unternehmensberaters, der einen Katalogberuf im Sinne des § 18 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG ausübt und der in diesem Bereich bereits vor Aufnahme der selbstständigen Tätigkeit als Arbeitnehmer jahrelang tätig gewesen ist und verschiedene berufliche Qualifikationen gesammelt hat, und dessen Betriebskonzept belastbar und jedenfalls dem Grunde nach geeignet ist, zukünftig Gewinne zu erwirtschaften, kann eine fehlende Gewinnerzielungsabsicht während einer 5-jährigen Anlaufphase der Tätigkeit nicht angenommen werden.
Sachverhalt
Streitig war für die Veranlagungszeiträume 2014-2018 das Bestehen einer Gewinnerzielungsabsicht hinsichtlich einer 2014 aufgenommenen Tätigkeit des Steuerpflichtigen als selbstständiger Unternehmensberater. In diesen Jahren erzielte der Steuerpflichtige Verluste, denen das Finanzamt die steuerliche Anerkennung versagte. Nach erfolglosem Einspruchsverfahren hatte die eingelegte Klage Erfolg.
Entscheidung
Das FG entschied, dass bei neu gegründeten Betrieben, wie im Streitfall, der Beweis des ersten Anscheins grundsätzlich für eine Gewinnerzielungsabsicht spricht, es sei denn, die Art des Betriebes bzw. seine Bewirtschaftung sprechen von vornherein dagegen, weil das Unternehmen nach der Lebenserfahrung typischerweise dazu bestimmt und geeignet ist, persönlichen Neigungen der Steuerpflichtigen oder der Erlangung wirtschaftlicher Vorteile außerhalb der Einkommenssphäre zu dienen.
Verlusten der Anlaufzeit kann nur dann die steuerliche Anerkennung versagt werden, wenn aufgrund der bekannten Entwicklung des Betriebes eindeutig feststeht, dass der Betrieb, so wie ihn der Steuerpflichtige betrieben hat, von vornherein nicht in der Lage war, nachhaltige Gewinne zu erzielen und deshalb nach objektiver Beurteilung von Anfang an keine Einkunftsquelle im Sinne des Einkommensteuerrechts dargestellt hat. Dies hat das FG im Streitfall jedoch ausdrücklich verneint.
Der Steuerpflichtige hatte nämlich in den Streitjahren eine für das Berufsbild des Unternehmensberaters nicht untypisch "zusammengesetzte Tätigkeit" als Berater und Dozent ausgeübt. Zudem übte er einen Katalogberuf im Sinne des § 18 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG aus, in dem er bereits zuvor verschiedene berufliche Qualifikationen gesammelt hatte und jahrelang tätig gewesen war und mithin eine Expertise mitgebracht hatte. Sein Betriebskonzept beurteilte das FG als belastbar und jedenfalls dem Grunde nach geeignet, zukünftig Gewinne zu erwirtschaften.
Auch waren keine Anhaltspunkte ersichtlich, dass die Verluste aus persönlichen Beweggründe hingenommen worden waren; allein die Möglichkeit der Verrechnung mit anderen positiven Einkünften der Ehefrau lässt nicht den Schluss zu, dass eine Tätigkeit aufgrund persönlicher Neigungen oder Gründe ausgeübt wird.
Hinweis
Dauernde Verluste sind zwar ein Indiz gegen eine Einkunftserzielungsabsicht. Daraus eine steuerrechtlich unbeachtliche Liebhaberei zu schließen, ist aber nur gerechtfertigt, wenn aus weiteren Beweisanzeichen die Feststellung möglich ist, dass der Steuerpflichtige die verlustbringende Tätigkeit nur aus im Bereich seiner Lebensführung liegenden persönlichen Gründen oder Neigungen ausübt. Dies ist anzunehmen, wenn die verlustbringende Tätigkeit typischerweise dazu bestimmt und geeignet ist, der Befriedigung persönlicher Neigungen oder der Erlangung wirtschaftlicher Vorteile außerhalb der Einkunftssphäre zu dienen.
Bei den Katalogberufen des § 18 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG müssen allerdings zusätzliche Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die Verluste aus persönlichen Gründen oder Neigungen hingenommen werden; eine Vermutung für das Fehlen einer Gewinnerzielungsabsicht lässt sich jedenfalls nicht schon aus dem Umstand herleiten, dass eine solche Tätigkeit häufig aus Passion betrieben wird.
Link zur Entscheidung
FG Münster, Urteil v. 13.06.2023, 2 K 310/21 E