An der X-GmbH mit einem Stammkapital von 25.000 EUR (Bargründung) sind A und B jeweils mit 50 % beteiligt. Die Satzung sieht keine Öffnungsklausel im Hinblick auf personengebundene Rücklagen vor.
A leistet im Jahr 2020 eine Einlage i.H.v. 100.000 EUR.
Im 2020 wird ein Gewinn i.H.v. 100.000 EUR generiert, im Jahr 2021 i.H.v. 0 EUR.
Im Jahr 2021 wird A auf Grundlage eines entsprechenden Beschlusses über eine Einlagenrückgewähr seine Einlage i.H.v. 100.000 EUR zurückgezahlt.
Im Jahr 2022 wird für das Geschäftsjahr 2021 eine Ausschüttung von je 50.000 EUR brutto beschlossen.
a) Einlagenrückgewähr an A
Inkongruente Gewinnausschüttung: Kommt es gesellschaftsrechtlich im Jahr 2020 zu einer Einlagenrückgewähr an A i.H.v. 100.000 EUR, gilt körperschaftsteuerlich – wegen der Verwendungsfiktion des § 27 Abs. 1 S. 3–5 KStG – zunächst der ausschüttungsfähige Gewinn als verwendet. Es handelt sich der Sache nach um eine inkongruente Gewinnausschüttung.
Einbehalt von KapESt und SolZ: Bei einer Rückzahlung der Einlage an A sind daher, obwohl es sich gesellschaftsrechtlich um eine bloße Einlagenrückgewähr handelt, Kapitalertragsteuer (KapESt) und Solidaritätszuschlag (SolZ) einzubehalten.
A erhält netto "nur" 75.000 EUR (Anm.: bei nachstehenden Berechnungen bleiben aus Vereinfachungsgründen der SolZ und etwaige Kirchensteuer außer Betracht).
Für A bleibt es bei seinen Anschaffungskosten (AK) i.H.v. 112.500 EUR (Einlage i.H.v. 100.000 EUR zzgl. hälftiges Stammkapital i.H.v. 12.500 EUR).
b) Gewinnausschüttung
Wird im Jahr 2021 gesellschaftsrechtlich die Ausschüttung beschlossen, gilt steuerlich nunmehr das steuerliche Einlagekonto i.H.v. 100.000 EUR als verwendet, da kein Gewinn, der vorrangig zu verwenden wäre, mehr vorhanden ist.
A und B erhalten daher steuerlich eine Einlagenrückgewähr ohne Kürzung um KapESt. Damit wird der Bruttobetrag von je 50.000 EUR an A und B ausgekehrt.
Für B dürfte dies zu dem erstaunlichen steuerlichen Ergebnis führen, dass
- er zwar keine Einlage geleistet hat,
- aber eine Gewinnausschüttung ohne Abzug von KapESt bezieht.
Bei A
- reduzieren sich die AK durch die Ausschüttung im Jahr 2021, die steuerlich als Einlagenrückgewähr behandelt wird, auf einen Betrag von 62.500 EUR.
- Eine weitere Besteuerung erfolgt für A nicht.
Bei B unterliegt die ertragsteuerliche Einlagenrückgewähr der Besteuerung nach § 17 Abs. 4 S. 1 EStG i.H.v. 37.500 EUR (Ausschüttung i.H.v. 50.000 EUR abzgl. des auf ihn entfallenden Stammkapitals 12.500 EUR) unter Anwendung des Teileinkünfteverfahrens.
Letztlich profitiert B damit von der Einlage des A mit einem Steuervorteil. Denn hätte es die Einlage und die Einlagenrückgewähr an A nicht gegeben, hätte die von ihm bezogene Ausschüttung normal der Abgeltungsteuer (25 %) unterlegen.