a) OLG Brandenburg
Nach Auffassung des OLG Brandenburg habe der mit der Lohnbuchhaltung beauftragte Steuerberater eine umfängliche sozialversicherungsrechtliche Prüfung unter Einbeziehung der Fragen der Sozialversicherungspflicht eines GmbH-GF vorzunehmen.
Danach begehe der Steuerberater i.R.d. vereinbarten Lohnbuchhaltung eine Pflichtverletzung, wenn er eine Prüfung zur Beitragspflicht bei Sozialversicherungsträgern bezüglich der GF nicht vornehme. Der Steuerberater müsse die einschlägige Rechtsprechung des BSG kennen; dazu gehöre auch die Rechtsprechung des BSG zur Sozialversicherungspflicht von GF einer GmbH.
Sollte der Steuerberater sich außerstande sehen, eine entsprechende Prüfung vorzunehmen, habe er an einen Anwalt zu verweisen oder die Beitragspflicht bei dem Sozialversicherungsträger selbst prüfen lassen müssen.
b) OLG Schleswig
Rückgriff auf Rechtsprechung des OLG Brandenburg: Das OLG Schleswig greift die Rechtsprechung des OLG Brandenburg in einer jüngeren Entscheidung zur Steuerberaterhaftung auf. Danach habe der Steuerberater, der mit der Lohnbuchhaltung beauftragt ist und Sozialversicherungsbeiträge nicht abführt, zu prüfen, ob ein Fall der Befreiung von der Sozialversicherungspflicht vorliege.
Bestehen Zweifel, müsse er auf die Abführung der geschuldeten Beiträge hinwirken oder diesen auf die Erforderlichkeit der Hinzuziehung eines spezialisierten Beraters hinweisen.
Allgemein gültiger Leitsatz für die Steuerberaterhaftung? Die Ausführungen des OLG Schleswig suggerieren einen allgemein gültigen Leitsatz für die Steuerberaterhaftung:
"Was die Pflichtverletzung des Steuerberatungsvertrags betrifft, ist heute anerkannt, dass ein steuerlicher Berater, der im Auftrag des Arbeitgebers die Lohnabrechnung besorgt, grundsätzlich auch zu prüfen hat, ob für Arbeitnehmer eine Befreiung von der Versicherungspflicht in Betracht kommt, wenn Beiträge nicht abgeführt werden".
Ersatzfähiger Schaden seien der an den Rentenversicherer abzuführende Arbeitnehmeranteil zzgl. Säumniszuschläge.
c) OLG Köln
Eine grundsätzliche Pflicht, wonach ein mit der Erstellung der Lohnbuchhaltung beauftragter Steuerberater auch zur Prüfung sozialversicherungsrechtlicher Fragen verpflichtet ist, kann aber der obergerichtlichen Rechtsprechung nicht entnommen werden.
Ausdrücklich entgegen der Auffassung des OLG Brandenburg besteht z.B. nach Auffassung des OLG Köln für einen Steuerberater, der mit der Lohnbuchhaltung beauftragt ist, keine vertragliche Verpflichtung zur Prüfung sozialrechtlicher Sachverhalte.
Fallen dem Steuerberater solche Sachverhalte auf, die er nicht klären kann, komme – so das OLG Köln – eine Verpflichtung in Betracht, den Mandanten auf die Einholung anwaltlichen Rats hinzuweisen. Die sozialrechtliche Einordnung und Bewertung eines Beschäftigungsverhältnisses eines GmbH-GF als abhängige oder selbständige Erwerbstätigkeit unterliege nicht den Prüfungspflichten eines Steuerberaters; er sei nur verpflichtet, die einschlägige Rechtsprechung des BFH zu kennen, nicht aber die des BSG.
Beachten Sie: Nach Auffassung des OLG Köln bestand in dem zugrunde liegenden Fall nicht einmal ein Ausnahmefall des Bestehens einer Hinweispflicht auf Einholung anwaltlichen Rechtsrats.
d) OLG Koblenz
Auch nach Auffassung des OLG Koblenz schuldet der Steuerberater i.R.d. ihm erteilten Steuerberatungsmandats keine sozialversicherungsrechtliche Beratung:
"Weder der Steuerberatungsauftrag, noch die im Zusammenhang damit beauftragte Lohnbuchhaltung verpflichten den Steuerberater zur Beratung in sozialversicherungsrechtlichen Fragen".
e) LG Münster
Auch das LG Münster hat einen Beratungsfehler bei fehlender Beratung über die sozialversicherungsrechtliche Einordnung eines GmbH-Gesellschafters abgelehnt.
Zur Beratung in sozialversicherungsrechtlichen Fragen sei ein Steuerberater weder berechtigt noch verpflichtet. Soweit der Berater bei der Gründung einer GmbH im Hinblick auf die steuerrechtlichen Fragen gestaltend eingebunden war, habe ihm in diesem Zusammenhang nicht die Beantwortung der Frage der Einordnung des Minderheitsgesellschafter-GF in die Sozialversicherungspflicht oblegen, da es sich dabei nicht um eine dem Steuerrecht zuzuordnende Rechtsmaterie handele.