1 Geltungsbereich dieser Empfehlungen
Die vorliegenden Empfehlungen zur Umsetzung der Regelungen des § 33 Abs. 2 Satz 2 SGB V gelten bis durch eine Neufassung der HilfsM-RL des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) oder durch Gesetz etwas anders bestimmt wird.
2 Erweiterung des Anspruchs auf Sehhilfen im SGB V
[1] Mit dem Heil- und Hilfsmittelversorgungsgesetz (HHVG), das am 11.4.2017 in Kraft getreten ist, wird der § 33 Abs. 2 Satz 2 SGB V wie folgt gefasst:
"Für Versicherte, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, besteht der Anspruch auf Sehhilfen, wenn sie
- nach ICD 10-GM 2017 aufgrund ihrer Sehbeeinträchtigung oder Blindheit bei bestmöglicher Brillenkorrektur auf beiden Augen eine schwere Sehbeeinträchtigung mindestens der Stufe 1 oder
- einen verordneten Fern-Korrekturausgleich für einen Refraktionsfehler von mehr als 6 Dioptrien bei Myopie oder Hyperopie oder mehr als 4 Dioptrien bei Astigmatismus aufweisen;
Anspruch auf therapeutische Sehhilfen besteht, wenn diese der Behandlung von Augenverletzungen oder Augenerkrankungen dienen."
[2] Die bisherige Ausnahmeklausel, so die Begründung zur Gesetzesänderung, die ausschließlich auf die Sehbeeinträchtigung mit bestmöglicher Korrektur abstellt, hat den anspruchsberechtigten Personenkreis über das vom Gesetzgeber beabsichtigte Maß hinaus eingeschränkt. Darauf hat die aktuelle Rechtsprechung hingewiesen (vgl. BSG, Urteil vom 23.6.2016, B 3 KR 21/15 R). Deshalb wird unter Beibehaltung des grundsätzlichen Leistungsausschlusses bezüglich der Versorgung mit Sehhilfen für Versicherte, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, die Ausnahmeklausel erweitert.
[3] Die Nummer 1 des § 33 Abs. 2 Satz 2 SGB V beinhaltet den Anspruch auf Sehhilfen, wenn bei bestmöglicher Brillenkorrektur auf beiden Augen eine schwere Sehbeeinträchtigung der Stufe 1 (Visus ⊵ 0,3) nach ICD 10-GM 2017 gegeben ist und konkretisiert die bestehende Regelung dahingehend, dass nunmehr ausschließlich auf die bestmögliche Brillenkorrektur und nicht mehr auf eine mögliche Kontaktlinsenkorrektur abgestellt wird, da die Visusbestimmung mit Kontaktlinsen in manchen Fällen zu einer Ungleichbehandlung der Kontaktlinsenträger geführt hat.
[4] Die Nummer 2 [des § 33 Abs. 2 Satz 2 SGB V] erweitert den Anspruch auf Sehhilfen auch auf Versicherte, die schwere Sehbeeinträchtigungen aufweisen [Refraktionsfehler von mehr als 6 Dioptrien (⊵ 6,25 dpt) bei Myopie oder Hyperopie oder mehr als 4 Dioptrien (⊵ 4, 25 dpt) bei Astigmatismus], aber mit häufig kostenaufwändigen Brillengläsern oder Kontaktlinsen einen Visus von 0,3 oder höher erreichen und deshalb nach der alten Fassung des Gesetzes nicht anspruchsberechtigt gewesen sind.
[5] Der zweite Halbsatz des § 33 Abs. 2 Satzes 2 SGB V entspricht der bereits bestehenden gesetzlichen Regelung zum Anspruch auf therapeutische Sehhilfen, der unverändert bleibt.
3 Interimslösung zur Umsetzung der Neuregelungen
[1] Bezüglich der Umsetzung der Regelung unter § 33 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 SGB V lässt der Wortlaut des Gesetzentwurfes die Intention des Gesetzentwurfes nicht eindeutig erkennen; es bleibt offen, ob die Refraktionsfehler (mehr als 6 Dioptrien bei Myopie oder Hyperopie oder mehr als 4 Dioptrien bei Astigmatismus) auf beiden Augen vorliegen müssen, um eine Leistungspflicht der GKV zu begründen oder ob bereits bei Vorliegen eines entsprechenden monokularen Refraktionsfehlers eine Leistungspflicht bestehen kann.
[2] Da sich entgegen den Ausführungen unter § 33 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 SGB V ("auf beiden Augen") unter [Nummer] 2 kein Hinweis auf das Vorliegen von entsprechenden Refraktionsfehlern (mehr als 6 Dioptrien bei Myopie oder Hyperopie oder mehr als 4 Dioptrien bei Astigmatismus) auf beiden Augen findet, ist die Intention des Gesetzgebers dahingehend auszulegen, dass bereits dann ein Leistungsanspruch besteht, wenn nur bei einem Auge ein Refraktionsfehler, wie oben genannt, vorliegt.
[3] In derartigen Versorgungsfällen stellt sich darüber hinaus die Frage, ob zusätzlich zur Kostenübernahme für das unter die Regelungen von § 33 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 SGB V fallende Auge eine Kostenübernahme für das andere Auge in Betracht kommt. Vor dem Hintergrund vergleichbarer Regelungen in der HilfsM-RL und mit Blick auf eine sozialverträgliche Umsetzung der geplanten gesetzlichen Regelung sowie zum Zwecke einer bedarfsgerechten und gleichmäßigen Versorgung der Versicherten (vgl. § 70 SGB V) hat sich die Fachebene der Krankenkassenvertreter dafür ausgesprochen, in den Fällen, in denen nur auf einem Auge der Refraktionsfehler den Vorgaben von Nummer 2 entspricht, dennoch grundsätzlich eine Kostenübernahme für eine binokulare Sehhilfenversorgung zu gewähren. Der GKV-Spitzenverband wird diesen Vorschlag zur Konkretisierung der gesetzlichen Neuregelung in die Beratungen des G-BA zur Anpassung der HilfsM-RL einbringen.
[4] Bis zu einer Anpassung der HilfsM-RL durch den G-BA hat der Fachbeirat des GKV-Spitzenverbandes am 28.3.2017 dem folgenden Lösungsvorschlag zugestimmt und dem GKV-Spitzenverband empfohlen, seine Mitglieder entsprechend zu informieren:
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In den Fällen, in denen nur auf einem Auge der Refraktionsfehler den Vorgaben von § 33 Abs... |