[1] Nach dem Wortlaut des § 188 Abs. 4 Satz 3 zweite Alternative SGB V schließt der nachgehende Leistungsanspruch nach § 19 Abs. 2 SGB V die Anschlussversicherung für Personen, deren Versicherungspflicht endet, aus. Dies gilt allerdings – nach dem Vorbild des § 5 Abs. 8a Satz 4 SGB V – nur, sofern im Anschluss daran eine anderweitige Absicherung im Krankheitsfall nachgewiesen werden kann.
[2] Demgegenüber spielt der Ausschlusstatbestand des § 188 Abs. 4 Satz 3 zweite Alternative SGB V bei Personen, deren Familienversicherung endet, im Regelfall keine Rolle. Einerseits scheitert die obligatorische Anschlussversicherung in den Fällen, in denen die Familienversicherung aufgrund der Beendigung der Mitgliedschaft des Stammversicherten endet, bereits an den Vorgaben des § 188 Abs. 4 Satz 1 SGB V; auf den Ausschlusstatbestand kommt dann nicht mehr an (vgl. Abschnitt 2.2). Andererseits verfügen die Angehörigen in den Sachverhalten, in denen die Beendigung der Familienversicherung auf den Wegfall der persönlichen Voraussetzungen des § 10 SGB V zurückzuführen ist, regelmäßig über keinen nachgehenden Leistungsanspruch. Insoweit kommt eine analoge Anwendung des § 188 Abs. 4 Satz 3 zweite Alternative SGB V für zuletzt Familienversicherte hauptsächlich dann zum Tragen, wenn es sich um die Leistungsansprüche nach § 19 Abs. 3 SGB V nach dem Tod des Stammversicherten handelt.
[3] Der nachgehende Leistungsanspruch erfüllt seine Funktion als Ausschlusstatbestand bereits in seiner potenziellen Ausprägung, d.h. unabhängig von der tatsächlichen Leistungsinanspruchnahme, und ungeachtet dessen, ob sich die anderweitige Absicherung im Krankheitsfall nahtlos an die vorherige Versicherungspflicht (oder ausnahmsweise Familienversicherung) anschließt oder innerhalb der Monatsfrist des § 19 Abs. 2 oder 3 SGB V begründet wird. Im Ergebnis kommt in diesen Sachverhaltskonstellationen die obligatorische Anschlussversicherung nicht zustande; einer Austrittserklärung bedarf es nicht. Wird dagegen der Zeitraum des nachgehenden Leistungsanspruchs von maximal einem Monat ausgeschöpft, ohne dass sich ein anderweitiger Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall anschließt, findet § 188 Abs. 4 Satz 1 SGB V Anwendung; im Ergebnis ist eine freiwillige Versicherung im direkten Anschluss an die zuvor bestehende Versicherungspflicht (oder ausnahmsweise Familienversicherung) durchzuführen.
[4] Über das Konkurrenzverhältnis zwischen der obligatorischen Anschlussversicherung und dem nachgehenden Leistungsanspruch ist nach der BSG-Rechtsprechung (vgl. BSG, Urteil vom 10.5.2012, B 1 KR 19/11 R, USK 2012-31, sowie Urteil vom 4.3.2014, B 1 KR 68/12 R, USK 2014-2, Urteile vom 29.6.2021, B 12 KR 33/19 R und B 12 KR 35/19 R, USK 2021-33, sowie Urteil vom 10.3.2022, B 1 KR 30/20 R, USK 2022-13) grundsätzlich im Wege einer vorausschauenden Betrachtungsweise am letzten Tag der bisherigen Mitgliedschaft zu entscheiden. In der weit überwiegenden Anzahl der Sachverhalte, bei denen über die Versicherungskonkurrenz zwischen dem § 19 Abs. 2 SGB V und der obligatorischen Anschlussversicherung dem Grunde nach zu entscheiden wäre, werden die Krankenkassen vor dem Hintergrund der den zur Meldung verpflichteten Stellen eingeräumten Abmeldefristen bei Ende eines Versicherungspflichttatbestandes mit dieser Fragestellung erst nachträglich konfrontiert. Zu diesem Zeitpunkt ist der Zeitraum des nachgehenden Leistungsanspruchs von einem Monat häufig verstrichen. Insofern scheitert eine generelle praktische Umsetzung der vom BSG verlangten prognostischen Entscheidung an den tatsächlichen Gegebenheiten.
[5] Erhält die Krankenkasse ausnahmsweise bereits vor dem Ablauf der Monatsfrist im Sinne des § 19 Abs. 2 Satz 1 SGB V Kenntnis über die mögliche Abgrenzung zwischen dem nachgehenden Leistungsanspruch und der obligatorischen Anschlussversicherung, ist danach zu unterscheiden, ob möglicherweise ein Krankengeldanspruch realisiert werden kann. Da die Sachleistungsansprüche unabhängig davon, welcher Versicherungsstatus letztendlich den Vorrang erhält, identisch sind und sich gegen dieselbe Krankenkasse richten, fehlt es aus Sicht des Betroffenen insoweit an einer Sicherungslücke. Vor diesem Hintergrund wird es für sachgerecht gehalten, wenn die Beurteilung über den Versicherungsstatus in den Fällen, in denen keine Leistungen oder alleine Sachleistungen in Anspruch genommen werden, erst nach Ablauf der Monatsfrist des § 19 Abs. 2 Satz 1 SGB V endgültig getroffen wird. Der vom BSG verlangten Prognoseentscheidung zu Beginn des Monats bedarf es in diesen Fällen nicht.
[6] Lediglich bei Geltendmachung eines Krankengeldanspruchs ist eine prognostische Beurteilung des Versicherungsstatus erforderlich, weil der Leistungsanspruch nach § 19 Abs. 2 Satz 1 SGB V im Gegensatz zum Leistungsanspruch aus der Mitgliedschaft nach § 188 Abs. 4 SGB V heraus auch einen Krankengeldanspruch beinhalten kann. In die Prognose sind regelmäßig sowohl die mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwartenden Versicherungstatbestände a...