Leitsatz

Der Gesetzgeber ist von Verfassungs wegen nicht gehalten, das selbst genutzte Einfamilienhaus von der GrSt auszunehmen.

 

Normenkette

Art. 2 Abs. 1, Art. 14 Abs. 1, Art. 106 Abs. 6 GG, § 31 Abs. 1 und 2 BVerfGG, § 1, § 2 Nr. 2, §§ 13 ff. GrStG

 

Sachverhalt

Für das selbst genutzte Einfamilienhaus des Klägers liegt ein bestandskräftiger Grundsteuermessbetragsbescheid auf den 1.1.1988 vor. Unter Hinweis auf den BVerfG-Beschluss zur Vermögensteuer vom 22.6.1995, 2 BvL 37/91 (BVerfGE 93, 121) verlangte der Kläger im Jahr 1998, den Bescheid mit Wirkung ab 1.1.1998 aufzuheben, weil selbst genutzte Einfamilienhäuser gem. Art. 2 Abs. 1 und Art. 14 Abs. 1 GG von der GrSt auszunehmen seien. FA und FG lehnten dies ab.

 

Entscheidung

Auch der BFH folgte dem Kläger nicht. Die Ausführungen des BVerfG zur Vermögensteuer auf Gebrauchsvermögen können nicht auf die GrSt übertragen werden.

 

Hinweis

Der These, aus dem Beschluss des BVerfG zur Vermögensteuer vom 22.6.1995, 2 BvL 37/91 (BVerfGE 93, 121, BStBl II 1995, 655) sei abzuleiten, dass für selbst genutzte Einfamilienhäuser keine GrSt erhoben werden dürfe, hat bereits das BVerfG nichts abgewinnen können. Es hat eine auf diese These gestützte Verfassungsbeschwerde mit Beschluss vom 21.6.2006, 1 BvR 1644/05, nicht zur Entscheidung angenommen. Der Beschluss ist allerdings nicht begründet worden. Eine Begründung für die Verwerfung der These liefert nunmehr der BFH – naturgemäß aus seiner Sicht – nach.

Der BFH stellt zunächst fest, dass dem o.a. Beschluss des BVerfG vom 22.6.1995 keine Bindungswirkung für die GrSt nach § 31 Abs. 1 und 2 BVerfGG zukommt. Die Gesetzeskraft des Tenors betrifft lediglich die Vermögensteuer; die ihn tragenden Entscheidungsgründe sind nur insoweit bindend, als sie sich auf die Vermögensteuer beziehen.

Auch ungeachtet fehlender Bindung nach § 31 BVerfGG ist dem Beschluss bezüglich der GrSt auf selbst genutzte Einfamilienhäuser nichts für ein Freistellungsgebot von Verfassungs wegen zu entnehmen. Im Gegenteil bestätigt das BVerfG unter C. II. 1. b seines Beschlusses die GrSt ausdrücklich als Realsteuer und in ihrer historisch gewachsenen Bedeutung. Mit beidem wäre die Berücksichtigung der Selbstnutzung des Steuerobjekts nicht vereinbar und bedürfte als Ausnahmeregelung einer ausdrücklichen gesetzlichen Anordnung. Denn die Selbstnutzung des Steuerobjekts beschreibt eine persönliche Beziehung des Steuerpflichtigen zu seinem Steuerobjekt, deren Berücksichtigung der Realsteuercharakter der GrSt entgegensteht. Dieser wiederum ist ein Element der GrSt in ihrer historisch gewachsenen Bedeutung.

Daran änderte sich auch nichts, wenn die GrSt wie die Vermögensteuer eine Sollertragsteuer wäre, was der BFH offen lässt. Wäre sie eine Sollertragsteuer, könnten jedenfalls die Ausführungen des BVerfG zum Gebrauchsvermögen nicht von der einen Sollertragsteuer – nämlich der Vermögensteuer – auf die andere übertragen werden.

Eine einzelne Steuer wie die GrSt kann zwar unter verschiedenen Gesichtspunkten klassifiziert werden; dabei kann jedoch die eine Klassifizierung nicht dazu genutzt werden, von der anderen Klassifizierung als wesentlich erfasste Eigenschaften zu negieren. Dies gilt jedenfalls solange, wie die andere Klassifizierung – nämlich die als Realsteuer – nicht aufgegeben wird. Das BVerfG hat aber an ihr festgehalten.

Damit ergeben sich aus der Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1 GG lediglich die Belastungsgrenzen, die das BVerfG in seinem Beschluss vom 18.1.2006, 2 BvR 2194/99 (NJW 2006, 1191) unter Heranziehung der Grundsätze der Verhältnismäßigkeit allgemein neu bestimmt hat und die im Streitfall nicht tangiert waren.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 19.7.2006, II R 81/05

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