Zusammenfassung
Die Umsatzsteuer auf Eingangsleistungen bzw. die Entlastung von dieser durch einen Vorsteuerabzug hat gerade in der Gründungsphase von Unternehmen, in der die Kapitaldecke vielfach nicht allzu hoch ist, einen entscheidenden Einfluss auf die wichtige Liquidität. Ist bei Bezug einer Leistung eine Verwendung für eine unternehmerische Tätigkeit beabsichtigt, kann die Umsatzsteuer, die auf diese Leistung entfällt, dem Grunde nach als Vorsteuer abgezogen werden, auch wenn noch keine Ausgangsumsätze erzielt werden. Der Vorsteuerabzug bleibt selbst bei einem Scheitern erhalten, wobei es in diesem Fall ggf. zur Wertabgabenbesteuerung kommt. Frühzeitig zu klären sind die Unternehmereigenschaft, möglicherweise ein Verzicht auf die Kleinunternehmerregelung, der Beginn der Tätigkeit, daraus folgend die Steuerbarkeit, mögliche Steuerfreiheit und der Vorsteuerabzug sowie ggf. eine Vorsteuerberichtigung. Daneben ergeben sich Folgefragen bei erfolgloser Gründung.
1 Problematik
Die Gründung eines Unternehmens ist nicht selten mit erheblichen Kosten verbunden, so werden vielfach bereits vor einem ersten Tätigwerden verschiedene Leistungen bezogen. Dies reicht je nach Geschäftsart von Wareneinkäufen über Geschäftsausstattung bis zu Dienstleistungen, wie insbesondere IT- oder Beratungsleistungen, die auch bei Unternehmen anfallen, die mit verhältnismäßig geringen Betriebsmitteln Dienstleistungen erbringen.
Unternehmer können grundsätzlich die geschuldete Umsatzsteuer für von ihnen bezogene Eingangsleistungen als Vorsteuer abziehen. Dies setzt jedoch voraus, dass die Leistungen für das Unternehmen bezogen wurden, nicht die Kleinunternehmerregelung Anwendung findet und die getätigten oder zumindest geplanten Umsätze einen Vorsteuerabzug zulassen, d. h. keine steuerfreien Ausschlussumsätze, wie etwa Grundstücksvermietungs-, Finanz- oder Versicherungsumsätze, vorliegen.
Als Eingangsleistungen kommen dabei grundsätzlich alle Leistungen in Betracht, auf die Umsatzsteuer anfällt, wobei zu beachten bleibt, dass nicht jede Zuwendung durch Gesellschafter steuerbar sein muss und beim Erwerb eines Unternehmens oder Unternehmensteils eine nicht steuerbare Geschäftsveräußerung im Ganzen vorliegen kann.
Die "Gründung" i. S. d. Umsatzsteuer kann unterschiedliche Gestalten annehmen. Zu unterscheiden ist dabei vor allem zwischen der Unternehmensgründung in Form eines Einzelunternehmens und der Unternehmensgründung durch Gründung einer Gesellschaft. Wobei bei der Gesellschaftsgründung verschiedene Gesellschaftstypen und verschiedene Gründungsphasen zu unterscheiden sind.
Das Einzelunternehmen entsteht i. S. d. Umsatzsteuerrechts bereits durch die Aufnahme der unternehmerischen Tätigkeit, also durch die ersten nach außen erkennbaren Handlungen, die auf eine unternehmerische Tätigkeit ausgerichtet sind und die mit der Absicht vorgenommen werden, entgeltliche Leistungen zu erbringen.
Gründung eines Einzelunternehmens
Student S verkauft gelegentlich gebrauchte Designerkleidung seiner privaten Garderobe über ein Internetportal. Zu diesem Zweck, aber auch für Urlaubsfotos, beschafft sich S im Jahr 2019 eine Kamera zum Preis von 1.000 EUR zzgl. 190 EUR USt.
Im Oktober 2021 entschließt sich S in Zukunft beruflich mit Kleidung zu handeln. S meldet im Januar 2022 ein Gewerbe an und steigert seine Verkäufe auch mit Waren, die er nicht privat genutzt hat, sondern bewusst zum Verkauf ankauft.
Ein Vorsteuerabzug für die Kamera ist nicht mehr möglich, da S diese nicht mit der Absicht erworben hatte, entgeltliche Leistungen zu erbringen. Diese Absicht hatte S erst ab Oktober 2021. Zusätzlich zu der Absicht muss diese auch nachweisbar sein. Die Gewerbeanmeldung ist keine Voraussetzung für eine unternehmerische Tätigkeit i. S. d. UStG, kann aber beim Nachweis der erforderlichen Absicht angeführt werden.
Das vorstehende Beispiel verdeutlicht, dass eine Unternehmensgründung nicht immer ein von Anfang an durchgeplanter Vorgang ist. Für die Umsatzsteuer bzw. den Vorsteuerabzug kommt es auf die nachweisbare Absicht an, steuerpflichtige Ausgangsumsätze zu erbringen. Bei der Gründung eines Einzelunternehmens kann die Gründung somit fließend stattfinden, wobei aber die Phase vor Aufnahme der unternehmerischen Tätigkeit und die Phase danach unterschieden werden können. Relevant ist dies auch für die Zuordnung und Abzugsfähigkeit von Wirtschaftsgütern. Dabei ist zu berücksichtigen, dass initial privat beschaffte Gegenstände, die nachher unternehmerisch genutzt werden, nicht mehr zum Vorsteuerabzug berechtigen. Darüber hinaus bleibt zu beachten, dass das Vorliegen der materiell-rechtlichen Voraussetzungen gegenüber dem Finanzamt nachgewiesen werden muss. Gerade dieser Nachweis kann bei einer ungeplanten Gründung Probleme bereiten.
Bei der Gesellschaftsgründung ist maßgeblich zwischen Personen- und Kapitalgesellschaften zu unterscheiden. Je nach Gesellschaftstyp läuft die Gründung in unterschiedlichen Phasen ab und es gelten einige Besonderheiten. Für beide Gesellschaftsarten gilt ...