Gleichlautende Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder v. 7.2.2000, 3 - S 4501/6, BStBl I 2000, 344

Anwendung des § 1 Abs. 2 a GrEStG in der Fassung der Bekanntmachung des Steuerentlastungsgesetzes 1999/2000/2002

 

1. Vorbemerkung

§ 1 Abs. 2 a GrEStG in der Fassung des Jahressteuergesetzes 1997 ist durch Artikel 15 des Steuerentlastungsgesetzes 1999/2000/2002 geändert worden. § 1 Abs. 2 a GrEStG in der Fassung des Jahressteuergesetzes 1997 unterwarf Gestaltungen der Besteuerung, bei denen innerhalb eines Zeitraums von fünf Jahren der Gesellschafterbestand einer Personengesellschaft derart ausgewechselt wird, dass bei wirtschaftlicher Betrachtung dieser Gesellschafterwechsel als ein auf die Übereignung eines inländischen Grundstücks gerichtetes Rechtsgeschäft anzusehen ist. Das war stets der Fall, wenn 95 % der Anteile am Gesellschaftsvermögen auf neue Gesellschafter übergehen (vgl. gleichlautende Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder vom 24.6.1998 (BStBl 1998 I S. 925)).

§ 1 Abs. 2 a GrEStG in der Fassung des Steuerentlastungsgesetzes 1999/2000/2002 stellt nicht mehr auf die wirtschaftliche Betrachtungsweise ab, sondern allein auf den Übergang von mindestens 95 % der Gesellschaftsanteile. Außerdem ist ausdrücklich geregelt, dass auch mittelbare Anteilsübertragungen Grunderwerbsteuer auslösen können. Die Neuregelung gilt für Erwerbsvorgänge, die nach dem 31.12.1999 verwirklicht werden.

 

2. Personengesellschaft

Personengesellschaften im Sinne des § 1 Abs. 2 a GrEStG sind insbesondere die Gesellschaft bürgerlichen Rechts, die offene Handelsgesellschaft und die Kommanditgesellschaft (einschließlich der GmbH & Co. KG). Dazu gehören auch Personengesellschaften, deren Zweck sich nicht im Halten und Verwalten von inländischen Grundstücken erschöpft.

 

3. Vermögen der Personengesellschaft

Die Regelung betrifft diejenigen Grundstücke, die während des Zeitraums, in dem sich der Gesellschafterbestand um mindestens 95 % der Anteile ändert, durchgängig zum Vermögen der Personengesellschaft gehören. Ein Grundstück gehört auch dann durchgängig zum Vermögen der Gesellschaft, wenn es im Zusammenhang mit einem vorgefassten Plan erst nach einem teilweise vollzogenen Gesellschafterwechsel erworben wurde. Zum Vermögen einer Personengesellschaft gehören nicht nur die Grundstücke, die sich bereits im Eigentum der Personengesellschaft befinden oder deren Erwerb nach § 1 Abs. 1 GrEStG steuerbar gewesen ist, sondern auch solche Grundstücke, über die die Personengesellschaft die Verwertungsmöglichkeit nach § 1 Abs. 2 GrEStG (z.B. durch ein unwiderrufliches Verkaufsangebot) erlangt hat. Grundstücke, die der Personengesellschaft nach § 1 Abs. 3 GrEStG zuzurechnen sind, gehören ebenfalls zum Vermögen der Personengesellschaft.

 

4. Änderung des Gesellschafterbestandes

Der Gesellschafterbestand kann sich durch Übergang von Anteilen an der Personengesellschaft auf neue Gesellschafter (derivativer Erwerb) oder durch Erwerb von zusätzlichen Gesellschaftsanteilen durch neue Gesellschafter (originärer Erwerb) ändern. Unter Anteil an der Personengesellschaft ist – wie bei §§ 5 und 6 GrEStG – der Anteil der einzelnen Gesellschafter am Gesellschaftsvermögen zu verstehen. Der Anteil am Gesellschaftsvermögen ist der den einzelnen Gesellschaftern zustehende Wertanteil am Reinvermögen (vgl. BFH-Urteil vom 3.3.1993, BFH/NV 1993 S. 494) als schuldrechtlicher, gesellschaftsvertraglicher Anspruch des einzelnen Gesellschafters gegen die Gesamthand. Die wertmäßige Beteiligung ergibt sich aus den gesellschaftsinternen Vereinbarungen, hilfsweise aus §§ 722, 734 BGB bzw. §§ 120 – 122 HGB. Für die Tatbestandsverwirklichung kommt es nicht auf den Zeitpunkt der Leistung der Einlagen an.

Änderungen der Beteiligung am Gesellschaftsvermögen der Altgesellschafter im Verhältnis zueinander sind nicht zu berücksichtigen. Altgesellschafter in diesem Sinne sind alle, die vor dem Beginn des Fünfjahreszeitraums des § 1 Abs. 2 a GrEStG unmittelbar oder mittelbar an der Gesellschaft beteiligt waren.

 

4.1 Derivativer Erwerb

Beim derivativen Erwerb liegen die Voraussetzungen des § 1 Abs. 2 a GrEStG vor, wenn mindestens 95 % der Anteile am Gesellschaftsvermögen unmittelbar oder mittelbar auf neue Gesellschafter übergehen. Ein Gesellschafterwechsel liegt auch dann vor, wenn sich dieser durch übertragende Umwandlung im Rahmen der Gesamtrechtsnachfolge auf einen anderen Rechtsträger vollzieht (vgl. BFH-Urteil vom 29.1.1997, II R 15/96, BStBl 1997 II S. 296). Bei der Ermittlung des Vomhundertsatzes sind insbesondere zu berücksichtigen:

  1. a) Veränderungen der Vermögensbeteiligungen durch bloße Kapitaländerungen (Beispiel 4.2.1),
  2. b) Begründung von Treuhandverhältnissen (Beispiel 4.2.2), Treuhänder- und Treugeberwechsel, nicht dagegen die Rückübertragung auf den Treugeber,
  3. c) mittelbare Veränderungen der Vermögensbeteiligungen (z.B. Änderungen der Beteiligungsverhältnisse bei einer Komplementär-GmbH); diese sind nur dann zu berücksichtigen, wenn sich die Beteiligungsverhältnisse der Gesell...

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