BMF, Schreiben v. 14.06.2024, IV B 5 - S 1308/22/10008 :004

Unter Bezugnahme auf das Ergebnis der Erörterung mit den obersten Finanzbehörden der Länder gilt für die Anwendung des Steueroasen-Abwehrgesetzes (StAbwG) Folgendes:

 

I. Umsetzung der Maßnahmen der Gruppe Verhaltenskodex (Unternehmensbesteuerung)

1

Mit dem StAbwG werden die in der Europäischen Union von der Gruppe Verhaltenskodex (Unternehmensbesteuerung) verhandelten und vom Rat gebilligten Verwaltungs- und Legislativmaßnahmen im Verhältnis zu solchen Steuerhoheitsgebieten angewendet, die auf der EU-Liste nicht kooperativer Länder und Gebiete für Steuerzwecke (EU-Liste) geführt werden.

 

II. Nicht kooperative Steuerhoheitsgebiete und Ansässigkeit

2

Ein Steuerhoheitsgebiet ist gemäß § 2 Absatz 1 StAbwG nicht kooperativ, wenn es eine der Voraussetzungen des § 4 Absatz 1, §5 Absatz 1 oder § 6 StAbwG erfüllt. Die für die Anwendung der §§7 bis 12 StAbwG als nicht kooperativ eingestuften Steuerhoheitsgebiete werden in derVerordnung zur Durchführung des § 3 des Steueroasen-Abwehrgesetzes (Steueroasen-Abwehrverordnung; StAbwV) veröffentlicht. Allein die in der StAbwV genannten Hoheitsgebiete sind für die Anwendung der Maßnahmen des StAbwG maßgebend. Eine gesonderte Prüfung der §§4 bis 6 StAbwG durch die örtlich zuständigen Finanzbehörden erfolgt nicht.

3

In § 2 StAbwV werden diejenigen Steuerhoheitsgebiete benannt, welche aufgrund der Vorgaben des § 2 Absatz 1 StAbwG nicht kooperativ sind und die gleichzeitig als solche in die Anlage I der Schlussfolgerungen des Rates zur überarbeiteten EU-Liste aufgenommen wurden. Bei Änderungen wird § 2 StAbwV regelmäßig zum Ende eines Kalenderjahres aktualisiert.

4

Für die Bestimmung der Ansässigkeit für Zwecke des StAbwG ist auf den Wohnsitz (§ 8 AO), gewöhnlichen Aufenthalt (§ 9 AO), Ort der Geschäftsleitung (§ 10 AO) oder den Sitz (§ 11 AO) abzustellen. Bei einer doppelten Ansässigkeit in zwei Steuerhoheitsgebieten ist das Tatbestandsmerkmal der Ansässigkeit i. S. d. StAbwG erfüllt, wenn eines der vorstehend genannten Merkmale im nicht kooperativen Steuerhoheitsgebiet erfüllt ist, vgl. § 2 Absatz 2 StAbwG.

 

III. Anwendungsbereich

 

1. Persönlicher Anwendungsbereich

5

Die Vorschriften des StAbwG sind auf natürliche Personen, Körperschaften, Personenvereinigungen (§ 14a Absatz 2 AO) und Vermögensmassen ungeachtet deren steuerlichen Ansässigkeit anzuwenden (§ 1 Absatz 1 StAbwG).

 

2. Sachlicher Anwendungsbereich

6

Das StAbwG ist auf Steuern einschließlich der Steuervergütungen anzuwenden, die durch Bundesrecht oder Recht der Europäischen Union geregelt sind und durch Bundesfinanzbehörden, Landesfinanzbehörden oder Gemeinden verwaltet werden, ausgenommen die Umsatzsteuer, einschließlich der Einfuhrumsatzsteuer, Einfuhr- und Ausfuhrabgaben und Verbrauchsteuern (§ 1 Absatz 2 StAbwG).

 

3. Zeitlicher Anwendungsbereich

 

a) Allgemeines

7

Wird nach § 3 Absatz 1 StAbwG ein Steuerhoheitsgebiet in der StAbwV als nicht kooperatives Steuerhoheitsgebiet genannt, finden die im Abschnitt 3 des StAbwG vorgesehenen Abwehrmaßnahmen und die gesteigerten Mitwirkungspflichten nach § 12 StAbwG in Bezug auf dieses Steuerhoheitsgebiet grundsätzlich ab dem Beginn des Folgejahres des Inkrafttretens der StAbwV, in der das betreffende Steuerhoheitsgebiet erstmals aufgenommen wurde, Anwendung (§ 3 Absatz 2 Satz 1 StAbwG).

8

Der Anwendungsbeginn der im Abschnitt 3 des StAbwG vorgesehenen Abwehrmaßnahmen erfolgt allerdings stufenweise. Die Abwehrmaßnahmen nach §§9 und 10 StAbwG finden ab dem Beginn des Folgejahres des Inkrafttretens derStAbwV Anwendung, die das betreffende nicht kooperative Steuerhoheitsgebiet erstmalig nennt (§ 3 Absatz 2 Satz 1 StAbwG). So ist beispielsweise die StAbwV vom 20. Dezember 2021 (BGBl 2021 I S. 5236) am 24. Dezember 2021 in Kraft getreten. Damit finden die Abwehrmaßnahmen der §§9 und 10 StAbwG erstmalig ab dem1. Januar 2022 Anwendung auf Steuerpflichtige, die Geschäftsbeziehungen oder Beteiligungsverhältnisse in oder mit Bezug zu den in dieser StAbwV genannten nicht kooperativen Steuerhoheitsgebieten unterhalten. Für die Maßnahmen der §§8 und 11 StAbwG gelten Ausnahmen, wodurch diese erst zu einem späteren Zeitpunkt Anwendung finden (§ 3 Absatz 2 Satz 2 StAbwG, vgl. Rn. 11 f.).

9

Weicht das Wirtschaftsjahr der Person, die Adressat der Abwehrmaßnahme ist, vom Kalenderjahr ab, ist insoweit grundsätzlich auf den Beginn des folgenden Wirtschaftsjahres abzustellen (siehe § 3 Absatz 2 Satz 3 und Absatz 3 Satz 2 StAbwG). Adressaten der §§8 bis 12 StAbwG sind grundsätzlich die im Inland unbeschränkt oder beschränkt steuerpflichtigen Personen. Für die erstmalige Anwendung der verschärften Hinzurechnungsbesteuerung nach§ 9 StAbwG ist im Hinblick auf die Grundsätze der §§ 7 ff. AStG auf das Wirtschaftsjahr der ausländischen Zwischengesellschaft abzustellen. In den Fällen des § 10 StAbwG ist die Quellensteuer aufgrund des regelmäßig kalenderjahrgleichen Gewinnermittlungszeitraums für beschränkt Steuerpflichtige bereits ab dem Beginn des Folgejah...

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