Rz. 10
Die Grundsteuergesetze des 19. Jahrhunderts knüpften die Besteuerung an unterschiedliche Sachverhalte. Auch noch vor dem Ersten Weltkrieg war die Grundsteuer landesgesetzlich unterschiedlich geregelt. Eine reichseinheitliche Regelung folgte erstmalig mit dem Landessteuergesetz v. 30.3.1920. Das Grundsteuergesetz 1936 und die dazu ergangenen Durchführungsverordnungen regelten die Erhebung der Grundsteuer im Wesentlichen nach den noch heute geltenden Grundsätzen. Voraussetzung für die Erhebung waren klare Regeln über die Bewertung der der Grundsteuer unterliegenden Einheiten. Diese wurden zuvor durch das Bewertungsgesetz 1934 (s. Einf. BewG Rz. 10 ff.) geschaffen. Bewertung und Grundsteuer gehörten schon damals eng zusammen. Nach § 21 Bewertungsgesetz 1934 sollten im Sechs-Jahres-Abstand Hauptfeststellungen für die Einheitswerte des Grundbesitzes vorgenommen werden. Tatsächlich blieben die Hauptfeststellung der Einheitswerte auf den 1.1.1935 und die Hauptveranlagung der Grundsteuermessbeträge auf den 1.1.1938 die einzigen ihrer Art, welche auf dem Bewertungsgesetz 1934 beruhten. Die zweite Bewertung auf den Stichtag 1.1.1941 wurde wegen der Kriegsereignisse nicht durchgeführt (s. Einf. BewG Rz. 13). Demgegenüber wurden Hauptfeststellungen der Einheitswerte für die gewerblichen Betriebe i.d.R. alle drei Jahre getroffen.
Rz. 11
Nach dem zweiten Weltkrieg gab es in einzelnen Ländern Vorschriften über die Erhebung der Grundsteuer. Ein bundeseinheitliches Gesetz wurde erst mit dem Grundsteuergesetz 1951 geschaffen. Es folgte dem Aufbau des Grundsteuergesetzes 1936 und erlaubte den Gemeinden, eine Grundsteuer als Gemeindesteuer von dem in ihrem Gebiet gelegenen Grundbesitz zu erheben. In den 1950er und 1960er Jahren erfuhr das Grundsteuergesetz 1951 zahlreiche Änderungen, die überwiegend auf Vorschriften zur Wohnungsbauförderung zurückzuführen waren.
Rz. 12
Die nächste Veränderung des Grundsteuerrechts ging mit der Reform des Bewertungsrechts einher. Der BFH hatte die Ermittlung des Gewinns aus Land- und Forstwirtschaft, die auf den Einheitswerten beruhte, ab dem Wirtschaftsjahr 1965/66 für ungültig erklärt, weil sie gegen Art. 3 Abs. 1 GG verstieß und mit § 29 EStG in der seinerzeitigen Fassung unvereinbar war. Wollte man die Gewinnermittlung weiterhin von den Einheitswerten abhängig machen, mussten neue Einheitswerte festgestellt werden. So erging zunächst das Gesetz zur Änderung des Bewertungsgesetzes und sodann die Neufassung des Bewertungsgesetzes 1965 (s. Einf. BewG Rz. 17). Die bis dahin in der Durchführungsverordnung zum Bewertungsgesetz geregelten Schätzungsmethoden wurden erstmalig gesetzlich geregelt (Einf. BewG Rz. 21). Das frühere Rohmietenverfahren, das viele Mängel und Ungleichheiten in sich barg, wurde durch ein auf den Reinertrag abgestelltes Ertragswertverfahren abgelöst. Das Sachwertverfahren, das bisher noch keinen Niederschlag im Bewertungsgesetz gefunden, sich aber in der Praxis bewährt hatte, wurde in seinen Grundzügen nunmehr im Bewertungsgesetz festgelegt (Einf. BewG Rz. 21).
Rz. 13
Die neuen Vorschriften zur Bewertung des Grundbesitzes waren erstmals bei der Hauptfeststellung der Einheitswerte auf den 1.1.1964 anzuwenden. Der gesamte Grundbesitz war auf diesen Stichtag nach seinem tatsächlichen Zustand und Wertverhältnissen neu zu bewerten. Der Zeitpunkt, von dem an die auf den 1.1.1964 festgestellten Einheitswerte des Grundbesitzes der Besteuerung zugrunde zu legen waren, sollte durch ein besonderes Gesetz gesondert bestimmt werde (Art. 3 Abs. 1 BewÄndG 1965). Damit waren die neuen Einheitswerte des Grundbesitzes nicht zuletzt wegen der dynamischen Entwicklung der Grundstückspreise Ende der 1960er Jahre bereits im Zeitpunkt ihrer erstmaligen steuerlichen Wirksamkeit überholt (Einf. BewG Rz. 31).
Rz. 14
Durch die Neubewertung des Grundbesitzes auf den 1.1.1964 sollte es nach der Vorstellung des Gesetzgebers nicht zu einer Erhöhung des Gesamtaufkommens der Grundsteuer kommen. Weil das Aufkommen der Grundsteuer als Gemeindesteuer bereits damals von den Hebesätzen der Gemeinden abhängig war und auch nach geltendem Recht nach wie vor ist, konnte der Bundesgesetzgeber dieses Ziel nur programmatisch in Art. 3 Abs. 2 BewÄndG 1965 festhalten. Danach sollten die neuen Steuermessbeträge für die Betriebe der Land- und Forstwirtschaft sowie die neuen Steuermessbeträge für die bebauten Grundstücke jeweils annähernd die gleichen bleiben. Das betraf zumindest die Grundsteuerbelastung des Grundbesitzes (Grundsteuer A und B); unbebaute Grundstücke (Grundsteuer C) waren von dem Bestandsschutz ausgenommen (Einf. BewG Rz. 36).
Rz. 15
Durch das Grundsteuergesetz 1974 wurde die Rechtsgrundlage dafür geschaffen, dass die Erhebung der Grundsteuer ab dem 1.1.1974 unter Zugrundelegung der nach den Wertverhältnissen zum 1.1.1964 festgestellten Einheitswerte erfolgen konnte. Nach d...