A. Systematische Einordnung und Rechtfertigung der Grundsteuer
Rz. 1
Die Grundsteuer zählt zu den ältesten Formen der direkten Besteuerung. Ihre Ursprünge können bis in die Antike zurückverfolgt werden. Damals entstand der Grundgedanke, Abgaben an den Ertrag des Grund und Bodens zu knüpfen. Im Mittelalter gab es weitere Abgaben (Naturalien oder Geld), die allein an den Besitz von Grund und Boden anknüpften. Gemeint war in erster Linie land- und forstwirtschaftlich genutzter Grund und Boden, denn nur dieser brachte zunächst den zu besteuernden Ertrag. Erst mit der zunehmenden Verstädterung wurde aus der "Bodensteuer" auch eine "Gebäudesteuer". Zunächst konnten der Bodenwert und die Flächengröße nur grob anhand der Erträge geschätzt werden. Der Flächenbegriff "Morgen" ist ein Beispiel dafür, denn er stellt in seiner ursprünglichen Bedeutung eine Fläche dar, die mit einem Pferde- oder Ochsenpflug an einem Vormittag bearbeitet werden kann. Erst mit der Ausbildung des Katasterwesens ab dem 18. Jahrhundert wurden Flächen vermessen. Zur gleichen Zeit erfolgte eine Anknüpfung nach Kulturart und Bodenqualität. Daran knüpften die Grundsteuergesetze des 19. Jahrhunderts an.
Rz. 2
Die Grundsteuer ist eine Realsteuer (Objektsteuer). Dazu gehören nach der Legaldefinition in § 3 Abs. 2 AO nur die Gewerbesteuer und die Grundsteuer. Realsteuern sind Steuern, die auf einzelnen Gegenständen lasten und bei denjenigen erhoben werden, denen diese Gegenstände zuzurechnen sind, und zwar unabhängig von den persönlichen Verhältnisse des Steuerpflichtigen und seiner persönliche Leistungsfähigkeit. Das schließt jedoch nicht aus, dass der Gesetzgeber Grundsteuerbefreiungen an Eigenschaften des Eigentümers knüpft, die nicht Ausdruck der persönlichen Leistungsfähigkeit sind. Tatsächlich heben fast alle Grundsteuerbefreiungen – teilweise kombiniert mit sachlichen Kriterien – auf ein solches Merkmal des Grundstückseigentümers ab. Vgl. z.B. die Befreiung von Grundbesitz der "Religionsgesellschaften, die Körperschaften des öffentlichen Rechts sind", und der "jüdischen Kultusgemeinden" (§ 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 bis 6 und § 4 Nr. 1 GrStG), die Befreiung von Grundbesitz einer "juristischen Person des öffentlichen Rechts" (§ 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Nr. 3 GrStG), die Befreiung des "Bundeseisenbahnvermögen" (§ 3 Abs. 1 Nr. 2) oder die Befreiung von Grundbesitz eines "Krankenhauses" (§ 4 Nr. 6 GrStG).
Rz. 3
Als Realsteuer unterliegt die Grundsteuer der konkurrierenden Gesetzgebung (Art. 105 Abs. 2 Satz 1 GG; s. § 1 GrStG Rz. 2). Durch das Gesetz zur Änderung des Grundgesetzes (Art. 72, 105 und 125b) wurde die uneingeschränkte konkurrierende Gesetzgebungskompetenz des Bundes für die Grundsteuer ausdrücklich festgeschrieben. Allerdings haben die Länder nunmehr nach Art. 72 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 GG die Befugnis zur abweichenden Gesetzgebung über die Grundsteuer. Das Aufkommen aus der Grundsteuer steht jedoch allein den Gemeinden zu. Sie entscheiden, ob und wenn ja, in welcher Höhe, sie Grundsteuer erheben. Dieses sog. Heberecht der Gemeinden folgt aus Art. 106 Abs. 6 GG und wird durch § 1 GrStG konkretisiert. In der ursprünglichen Fassung des Grundgesetzes v. 23.5.1949 waren in Art. 106 GG keine originären Steuereinnahmen der Gemeinden vorgesehen. Die Gemeinden waren zunächst auf entsprechende Zuweisungen der Länder angewiesen. Dies wurde erst mit Gesetz vom 24.12.1956 geändert.
Rz. 4
Gerechtfertigt wird die Grundsteuer mit dem Äquivalenzprinzip. Sie soll einen Ausgleich für die kommunale Infrastruktur darstellen (s. § 1 GrStG Rz. 3). Dies rechtfertigt auch die Umlage der Grundsteuer auf die Mieter als Betriebskosten. Die Rechtfertigung mit dem Äquivalenzprinzip ist jedoch nicht unumstritten. Zu Recht wird darauf hingewiesen, dass die Grundsteuer gegen das Prinzip der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit verstößt, wenn sie einen Teil dessen besteuert, was als Existenzminimum steuerfrei gestellt werden müsste. Besonders auffällig ist dies in den Fällen, in denen der Staat einerseits Grundsteuer erhebt und andererseits staatliche Leistungen, z.B. Wohngeld, auszahlt. Auch wenn Steuerschuldner (Eigentümer) und Wohnrechtsempfänger (Mieter) auseinanderfallen, trägt aufgrund der Umlage der Grundsteuer auf den Mieter dieser wirtschaftlich die Grundsteuer.
Rz. 5– 9
Einstweilen frei.